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Postapokalyptische Welt: Eine Doppelseite aus „Cold - die Kreatur“.

© altraverse

Fantasy-Manga „Cold - die Kreatur“: Halb Mensch, halb Eismonster

Die Schweizer Mangazeichnerin Ban Zarbo erzählt in „Cold - die Kreatur“ eine temporeiche Abenteuergeschichte in einer eisigen postapokalyptischen Welt.

Dass lesenswerte Manga nicht ausschließlich aus Japan kommen, ist schon länger bekannt. Ein aktuelles Beispiel liefert die Schweizerisch-dominikanische Künstlerin Ban Zarbo mit ihrem neuen Werk „Cold - die Kreatur“ (altraverse, Band 1: 172 S. 10 €, Collectors Edition 25 €).

Darin lebt die Menschheit in einer postapokalyptischen Welt in kleinen, abgeschotteten Städten, die regelmäßig von Eismonstern angegriffen werden. Der zwölfjährige Sami träumt davon, als Teil der Stadtwache seine Mitbürger vor jenen unsympathischen Kreaturen zu beschützen. Doch bei einem weiteren Angriff auf die Stadt verwandelt sich Sami selbst in ein Mischwesen aus Mensch und Eiskreatur.

In dieser Gestalt allerdings scheint er die Gegner mühelos besiegen zu können. Mit zwei Mitgliedern der Stadtwache beschließt Sami daraufhin, die Welt außerhalb der Stadtmauern zu erkunden, um herauszufinden, woher die Eismonster überhaupt kommen.

Der Manga steigt wie schon das Vorgängerwerk „Kamo - Pakt mit der Geisterwelt“ mit viel Tempo in die Handlung ein. In Nullkommanichts muss die Leserin familiäre Konstellationen, soziale Konflikte und schwierige Kindheitserinnerungen erfassen, nur um in der nächsten actionreichen schon wieder Abschied von einem Teil der vermeintlichen Hauptpersonen zu nehmen.

Das wäre sicher auch mit etwas mehr erzählerischer Muße gegangen und hätte dadurch mehr emotionale Wirkung erzielt.

Dämonenflügel und funkelnde Glücksbringer

Andererseits scheint es Ban Zarbo gar nicht so sehr darum zu gehen, ihre Leser anzurühren als vielmehr, ein sympathisches Charakterensemble zu entwickeln, mit dem sie lachen und bei temporeichen Abenteuerreisen mitfiebern können.

Eiskaltes Händchen: Eine Szene aus „Cold - die Kreatur“.
Eiskaltes Händchen: Eine Szene aus „Cold - die Kreatur“.

© altraverse

Damit steht sie ganz in der Tradition der Shonen-Manga, also jenes Comic-Genres, das in Japan bevorzugt von Jungs und jungen Männern zwischen zehn und 18 Jahren gelesen wird. Berühmte Werke, die auch deutschen Manga-Lesern inzwischen wohlbekannt sein dürften, sind etwa „Dragon Ball“, „One Piece“, „Naruto“ oder „Attack on Titan“ – zu Letzterem weist „Cold - die Kreatur“ besonders starke inhaltliche Parallelen auf.

Zeichnerisch brilliert die Autorin vor allem mit detailreich entworfenen Stadtansichten und futuristischen Eispalästen.

[Zwei der erfolgreichen deutschsprachigen Manga-Zeichnerinnen sind Daniela Winkler und Christina Plaka. Hier gibt es ausführliche Tagesspiegel-Interviews mit den beiden: „Ich musste ein paar Dinge aufarbeiten“, „Ich bin Vollblutlehrerin“.]

Für ihr Charakterdesign greift Ban Zarbo hingegen eher auf bewährte Science-Fiction- und Fantasy-Elemente zurück: Hier machen ein paar Dämonenflügel den halbwüchsigen Gernegroß zum Helden, dort trägt ein kleiner Junge seit jeher einen funkelnden Glücksbringer von großen Bruder um den Hals. Letztendlich stören diese Klischees aber kaum, weil Zarbo sie mit so viel Leichtigkeit und Elan beim Erzählfluss wieder wettmacht.

Das Titelbild des besprochenen Bandes.
Das Titelbild des besprochenen Bandes.

© altraverse

Die 27-jährige Zeichnerin, die ihre Eigenkreationen schon als Jugendliche auf Manga-Messen an andere Fans verkaufte, landete 2017 mit „ Kamo“ ihren ersten Erfolg im Verlag Tokyopop. Altraverse hofft mit „Cold“ nun daran anzuknüpfen.

Hilfreich dürfte auf jeden Fall sein, dass Zarbo als junge Schweizerin so sympathisch und nahbar wirkt, wenn sie in Interviews erzählt, wie sie sich mit Zwillingsschwester Gin Zarbo nach wie vor ein Atelier im Keller des Elternhauses teilt.

Dort zeichnen beide am liebsten Geschichten über Geister und Zombies. Diesmal kommen die eben aus einer eisigen postapokalyptischen Welt. Die Jagd nach ihnen dürfte dem ersten Eindruck nach jedenfalls noch ziemlich unterhaltsam werden.

Julia Frese

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