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Frei fluktuierende Formen: Eine Seite aus „Das Goldene Zeitalter“.

© Reprodukt

Fantasy-Comic „Das Goldene Zeitalter“: Friede den Farben! Krieg den Palästen!

Im Abschlussband von Cyril Pedrosas und Roxanne Moreils Historienepos „Das Goldene Zeitalter“ nimmt die Idee der Gleichheit dank strahlender Konturen Form an.

Vor zwei Jahren faszinierten der französisch-portugiesische Comicautor Cyril Pedrosa und die Kunsthistorikerin Roxanne Moreil mit dem ersten Teil ihrer Comicerzählung „Das Goldene Zeitalter“, einem farbenprächtigen Fantasyepos über die (Wieder-)Entdeckung der Gleichheit zwischen den Menschen.

Eine weitere Seite aus „Das Goldene Zeitalter“.
Eine weitere Seite aus „Das Goldene Zeitalter“.

© Reprodukt

Nun findet die kapriziöse Hommage an die Malerei des Mittelalters ihren Abschluss mit dem zweiten Band (Reprodukt, aus dem Französischen von Ulrich Pröfrock, Handlettering von Céline Merrien,192 S., 29 €)

Obgleich die Lage sich zugespitzt hat, wie die verhärmten Gesichter der Figuren verraten, verläuft der Übergang zwischen den Bänden fließend, wenn in seitenfüllenden Splash-Panels ein sturmschraffierter Ozean die verspielt-dynamischen Bildkompositionen, denen das Auge schon im ersten Band hinterhereilte, in düsterer Abschattung fortsetzt.

Doch dann werden aufsprühende Wellen und wirbelnder Schnee in ihrer Bewegung gehemmt, eine subtile Verschiebung des Zeichenstils. Der bleibt farbig geschwungenen Binnenkonturen treu, bändigt die frei fluktuierenden Formen jedoch mit geraden Linien von Festungswällen und Belagerungsmaschinerie. Wahnhafte Dickichte weichen einem offenen und dabei paradoxerweise beengenden Himmel, der sehnsüchtig hoffen lässt, dass die Farben ihr altes Spiel wiederaufnehmen.

Es sind aber nicht nur die Bilder, die hier stocken, auch das Herz der sanften Prinzessin Tilda, Heldin und Thronerbin von Aumale, hat sich verhärtet, während ihr Feldzug gegen ihren verräterischen Bruder die vom Schicksal gebeutelten Bauern auf beiden Seiten zu Verlierern macht.

Die Monarchie muss sterben

Dass sich derweil ein Aufstand des einfachen Volks ereignet, hält den Geschwisterkrieg nicht auf. Ein Bündnis mit den Rebellen kommt für Tilda, deren Jeanne-d’Arc- Visionen inzwischen quälenden Phantasmen gewichen sind, nicht in Frage.

Das Titelbild von „Das Goldene Zeitalter“.
Das Titelbild von „Das Goldene Zeitalter“.

© Reprodukt

Die Botschaft ist so einfach wie zeitlos: Macht korrumpiert, während der Gleichheitsgedanke in Form einer legendären Schrift die Herrschenden buchstäblich zersetzt.

So werfen am Ende nicht nur die Leibeigenen ihre Ketten ab, sondern auch die Farben, die dieses Märchen seinem wenig überraschenden, aber in bester Tragödienmanier unausweichlichen Ende zuführen – die Monarchie muss sterben, damit die Idee der Gleichheit zur Moderne heranwachsen kann.

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