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Ein Elefant für den Papst: Eine Szene aus „Hanno“.

© Jaja

Comic „Hanno“: Ein Dickhäuter sucht das Glück

Hanna Gressnich hat für ihren Comic „Hanno“ eine historisch belegte Geschichte verarbeitet. Doch die Zeichnerin bleibt hinter den eigenen Stärken zurück.

Ob Hanna Gressnich sich mit der Auswahl des Stoffes für ihr neustes Büchlein einen Gefallen getan hat, das kann zumindest infrage gestellt werden. „Hanno“ erzählt die Geschichte eines indischen Elefanten, der im 16. Jahrhundert von König Emanuel I. von Portugal als Geschenk für Papst Leo X. auserkoren wurde.

Nach einem strapaziösen Transport nach Rom, verbrachte er dort zwei mitunter qualvolle Jahre, wurde zur Schau gestellt und gemästet. Schließlich starb er an einer schlimmen Verstopfung, die falsch behandelt wurde.

„Was ist Glück?“

In lockeren Bleistiftzeichnungen präsentiert der Comic diese Eckpunkte von Hannos Geschichte. Hinzu kommt eine Art Rahmen, der die historisch belegte Geschichte umschließt. Auf jeweils einer Doppelseite wird die existentielle Frage „Was ist Glück?“ gestellt – die Antwort fällt allerdings zu Beginn und Ende des Comics deutlich anders aus.

Während zu Beginn noch abgewogen wird, ob man Schönheit unmittelbar erleben muss, um glücklich zu sein, oder ob das Wissen um ihre Existenz in der Welt ausreicht, wird am Schluss des Comics die Frage aufgeworfen, ob nicht auch das Ende von etwas Glück bedeuten kann. Damit wird auf Hannos Tod angespielt, der für das Tier sicher auch eine Erlösung bedeutete.

Ele-dings. Eine Doppelseite aus „Hanno“.

© Jaja

Dieser Rahmen ist die einzige Sequenz, in der der Leser das Gefühl hat, hier würde, wie im Verlagstext zum Buch angekündigt, aus der Sicht des Elefanten erzählt. Die eigentliche Erzählung von Hannos Leidensweg blickt eher von außen und mit einigem Abstand auf das herab, was mit dem Elefanten passiert.

Vor allem aufgrund seiner mangelnden Größe wirkt der Protagonist dabei eher wie ein Spielzeugelefant, was allerdings den wenig artgerechten Umgang mit dem Tier und das Leid, was ihm dadurch angetan wurde, sehr gut wiederspiegelt.

Spiel mit Andeutungen

Bereits vor einem Jahr veröffentlichte Hanna Gressnich eine 16-seitige Version der Geschichte in der Anthologie „Paradies“, die im Umfeld der Hochschule für bildende Künste Saar erschien und mit dem Max-und-Moritz-Preis als beste studentische Publikation 2018 ausgezeichnet wurde. Für die Veröffentlichung im Jaja Verlag hat die Zeichnerin ihren Comic auf knapp 40 Seiten ausgeweitet.

Vergleicht man die beiden Versionen, fällt vor allem das veränderte Layout auf. Während die Kurzgeschichte ursprünglich im Hochformat publiziert wurde, kommt „Hanno“ in der Buchversion quadratisch daher. Das hat zur Folge, dass Sequenzen, die zuvor auf eine Seite passten, sich nun auf einer Doppelseite entfalten können.

Es gibt eine größere Varianz der Panelgrößen und manchen Motiven wird so mehr Raum gegeben. Teilweise ist die Streckung von 16 auf mehr als doppelt so viele Seiten aber auch weniger gelungen. Zusätzliche Panels innerhalb einer Sequenz wirken überflüssig, weil der Bildinhalt redundant ist.

Das Titelbild des besprochenen Bandes.

© Jaja

Gerade das Spiel mit bloßen Andeutungen ist es, das Gressnich völlig zurecht einen Platz auf der Liste der besten Comics 2018 einbrachte. In „Brautkleid ungetragen“ gelingt es ihr, das Zerfallen eines Charakters mit visuellen Mitteln vor Augen zu führen und so auch das emotionale Zerfallen der Figur sichtbar zu machen.

In ihrer neusten Publikation gelingt dies leider nur ansatzweise, immer dann nämlich, wenn sie so nah an ihren Protagonisten heranzoomt, dass wir nur ein Auge oder das Maul des Elefanten sehen. In diesen Detailansichten blitzt Hannos Leiden unter der wenig artgerechten „Fürsorge“ des Papstes auf.

Dennoch bleibt am Ende der Eindruck, dass Gressnich hier hinter ihrem Können zurückbleibt.

Hanna Gressnich: Hanno, Jaja-Verlag, 40 Seiten, 10 Euro

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