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Lucky Luke: Der Wilde Westen, ein Kinderspiel

Flegeljahre in Nothing Gulch: Auch Lucky Luke war mal jung. Jetzt behandelt ein neues Album die Kindheit des Comic-Cowboys – und enttäuscht erzählerisch.

Die „Origin“, die Herkunftsgeschichte von Heldenfiguren, gehört in der Regel zum Interessantesten, was der Mainstream-Comic zu bieten hat. Eröffnet eine solche Erzählung doch die Möglichkeit, die meist recht originelle Entwicklungsgeschichte eines Charakters zu schildern, der in seiner ausgereiften, erwachsenen Form später dann nur noch wenige Veränderungsmöglichkeiten hat. Schließlich muss er er nach Abschluss seiner Reifung meist einem engen Verhaltensprofil folgen, wie es das Gesetz der Comicserie mit ihren endlosen Wiederholungen vorschreibt. Jetzt gibt es auch für den wohl populärsten Cowboy des Genres die passende Legende: Lucky-Luke-Nachlassverwalter Achdé erzählt in „Lucky Kid“, wie aus einem Findelkind der legendäre Westernheld wurde, der schneller zieht als sein Schatten. Das lässt auf frische Ideen für das Universum des inzwischen mehr als 60 Jahre alten Wildwest-Freigeists mit der markanten schwarzen Tolle hoffen – leider vergeblich.

Die Abenteuer des unternehmungslustigen Dreikäsehochs in der Kleinstadt Nothing Gulch sind souverän gezeichnet und auf den ersten Seiten noch originell erzählt. Im Laufe der mehr als 30 einseitigen Gag-Strips, in denen der kleine Luke über das Grundschulalter nicht hinauskommt, gehen Achdé jedoch schnell die Ideen aus. Der Humor ist schlicht und erschöpft sich mit wenigen Ausnahmen in infantilen Witzepisoden, die offensichtlich ausschließlich für eine Zielgruppe im Alter der Hauptfigur geschaffen wurden, ohne dabei den in früheren Erzählungen erreichten Grad an Vielschichtigkeit und Zugänglichkeit auch für ältere Leser anzustreben.

Ein weiteres Mal zeigt sich, dass ein großartiger Zeichner nicht immer ein guter Autor sein muss. In den vergangenen Jahren hat Achdé in der Zusammenarbeit mit anderen Szenaristen mehrfach bewiesen, dass er künstlerisch ein würdiger Verwalter des Lucky-Luke-Erbes ist – mehr dazu hier und hier. Aber ein origineller Erzähler ist er dadurch offensichtlich nicht geworden.

Eingeschworene Fans werden um diesen Band nicht herumkommen. Gelegenheitsleser sollten sich die ermüdende Lektüre sparen und lieber auf frühere Bände von Achdé und seinen Szenaristen zurückgreifen - oder am besten gleich auf die Klassiker von Lucky-Luke-Schöpfer Morris und seinem kongenialen Autorenpartner René Goscinny. 

Achdé: Lucky Luke Band 89 – Lucky Kid, Ehapa, 47 Seiten, Softcover 5,95 Euro. Weitere Tagesspiegel-Artikel über Lucky Luke gibt es hier.

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