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Eigenwillig: Eine Szene aus „Die Bestie“.

© Carlsen

Die besten Comics der Saison: Das Marsupilami schwingt sich auf Platz 1

30 deutschsprachige Kritikerinnen und Kritiker haben wieder die besten Comics des Quartals gewählt. Der Siegertitel ist ein modernisierter Klassiker.

Wohl kaum eine Comic-Figur dürfte derart mit dem Adjektiv „süß“ in Verbindung gebracht worden sein wie das Marsupilami. 1952 von André Franquin in „Spirou und Fantasio“ eingeführt, sollte das palumbianische Fabeltier schnell ein Eigenleben entwickeln. Dabei wurden die Inhalte immer stärker auf eine sehr junge Zielgruppe zugeschnitten. Das betraf die eigenen Alben und erst recht die Zeichentrickserie von Disney.

[Hier gibt es die Top-10-Listen der vorigen Quartale: Ritt an die Spitze, Auf der Suche nach der großen Liebe im Weltall. ]

Doch beim jüngsten „Marsupilami“- Band, der soeben von 30 deutschsprachigen Kritikerinnen und Kritikern zum besten Comic des Quartals gewählt wurde, ist das völlig anders. Das macht schon die Ausstattung klar, denn der eher hochpreisige Band erscheint in einem ungewöhnlichen, beinahe quadratischen Format als Hardcover. Der Umfang von 156 Seiten macht ihn – den Fortsetzungs-Charakter der Geschichte einmal außen vor gelassen – zu einer Art Graphic Novel.

Und dann dieser Titel: „Die Bestie“! Ein Buchtitel, der durch das Werk des belgischen Teams Zidrou (Szenario) und Frank Pé (Zeichnungen) durchaus gerechtfertigt wird, wird das Marsupilami hier doch in einer Wildheit gezeigt, wie sie so bei ihm noch nie zu sehen war.

Die Geschichte beginnt damit, dass das gerade aus seiner Heimat verschleppte Tier auf einem heruntergekommenen Frachter zu sehen ist, dem ein Zwangsstopp auf hoher See den Rest gegeben hat – und leider auch seiner tierischen Fracht. Mehr tot als lebendig kann das Marsupilami in Antwerpen belgischen Boden erreichen.

Das Land und seine Bewohner sind noch schwer vom gerade überstandenen Zweiten Weltkrieg gezeichnet. Das gilt ganz besonders für den kleinen François, der aus der Liaison seiner Mutter mit einem deutschen Besatzungssoldaten hervorgegangen ist. Und genau dieser Junge trifft auf das Marsupilami und nimmt sich seiner an.

Wie sich hier zwei Außenseiter zusammentun, hat etwas Anrührendes und durchstößt zumindest kurzzeitig die bleierne Schwermut, die auf der Story wie auch dem grandiosen Artwork beinahe die ganze Zeit lastet. Die besondere Atmosphäre dieser Erzählung übt eine Sogwirkung auf den Leser aus.

Die weiteren Favoriten

Die weiteren Top-Titel der Kritikerjury: Shigeru Mizukis Manga-Klassiker „Kitaro“, die autobiografisch inspirierte Familiengeschichte „Anna“ von Mia Oberländer, Ralf Königs Lucky-Luke- Hommage „Zarter Schmelz“, die historische Graphic Novel „Rückkehr nach Eden“ von Paco Roca, Umi Sakurais Manga-Drama „A Man and his Cat“, das Sekundärwerk „Will Eisner – Graphic Novel Godfather“ von Alexander Braun, die neue Krimiserie „Karmela Krimm“ des Teams Trondheim/Biancarelli, Anke Feuchtenbergers Bilderzählung „Der Spalt“ sowie Guy Delisles Beobachtungen seiner „Lehrjahre“.

Martin Jurgeit

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