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Daisy Haggard und Martin Freeman sind die geplagten Eltern in "Breeders".

© FX/Sky

Comedyserie "Breeders" auf "Sky": Eltern sein dagegen schwer

In seiner heiterbösen Sky-Serie „Breeders“ erklärt „Hobbit“-Star Martin Freeman das Kinderkriegen zum Erzfeind persönlicher Entfaltung. Der traut sich was...  

„Tu das nicht, Buddy“, sagt Paul zu sich selbst. „Wenn du rumbrüllst, dann hasst du dich selber“, sagt er auch. „Red‘ mit ihnen. Mach’s besser. Sei besser.“

Paul will besser sein als all die anderen Eltern, die Erziehung mit autoritärem Gehabe verwechseln und Autorität mit Druck. Voller guter Absichten im Kopf macht er es – nein, natürlich nicht besser: „Verdammte Scheiße“, brüllt der Vater seine tobenden Kinder an, „wie oft hab‘ ich euch schon gesagt, leise zu sein“.

Soviel zum Thema Vorsätze.

Um die geht es eigentlich ständig im Sky-Zehnteiler „Breeders“, dessen Titel von Zuchttier über Züchter bis zum Spott für heterosexuelle Spießer wenig Gutes bedeutet. Obwohl ihnen Luke und Ava das Leben nicht nur nachts zur Hölle machen, nehmen sich Paul und Ally tagein tagaus vor, ihre Kids mit Fingerspitzengefühl zu erziehen. Aber dank der frühkindlichen Einschlafprobleme liegen die Nerven blank. Ein Teufelskreis. Wenngleich ein lustiger.

Schließlich strahlt „Hobbit“-Star Martin Freeman als Paul jene Form trotziger Entgeisterung aus, mit der er nicht nur bereits seinen Hobbit Bilbo garnierte, sondern auch Dr. Watson an der Seite von Benedict „Sherlock“ Cumberbatch.

Martin Freemann hat sich von seinen eigenen Familienerfahrungen inspirieren lassen

Und dann erzählt der Showrunner, den der britische Schauspieler gemeinsam mit den „Veep“-Machern Chris Addison und Simon Blackwell entwickelt hat, auch noch aus dem Nähkästchen der eigenen Familie. Schenkt man dem Chaos der 25-Minuten-Folgen auch nur ein wenig Glauben, muss sein Nachwuchs ihm ähnlich den Schlaf geraubt haben. Im Reihenhause Worsley wird das Erlebte dann vergnüglich-böse überdreht.

Wie der reizbare Paul bereits die Säuglinge mit Schimpftiraden zur Ruhe mahnt, wie die coolere Ally (Daisy Haggard) im Halbschlaf „Die kleine Raupe Nimmersatt“ rezitiert oder wie das gestresste Paar seinen Frust bei der Erinnerung an bessere, kinderlose Zeiten in Alkohol (Paul), Betriebsamkeit (Ally) oder Sarkasmus (beide) ertränkt: Im Kern schimmert aus jeder Episode der wahrhaftige Wahnsinn der Realität hervor, jene so albernen wie dramatischen Brüche zwischen Traum und Wirklichkeit individueller Lebensplanung,  

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Wenn Paul und Ally in Folge 2 die Karrierechancen ihrer Vor- und Grundschulkinder planen, geht es ums Thema Bildung. Wenn deren Großeltern in Folge 3 Probleme bereiten, steht die Gesundheit auf der Agenda. Wenn Fotoalben und Kontoauszüge gewälzt werden, sind in Folge vier die Erinnerungen dran, das liebe Geld und postnatale Depressionen. Und immer spiegelt sich im Mikrokosmos Familie der Makrokosmos Gesellschaft mit ihrem Zwang zu Coolness und Perfektion.

So lässt sich die Serie auch als Gegenstück zu den Feel-Good-Movies der Neunzigerjahre betrachten, als in Film und Fernsehen weniger als drei Kinder fast schon als Blasphemie galten, deren zwölf dagegen schon mal als Gottesgeschenk wie noch in der Hollywoodkomödie „Im Dutzend billiger“ 2003.

Mittlerweile darf das Familienleben auch in Hollywood zerrüttet sein, am Zauber von Zeugungsprozess und Geburt hält jedoch selbst die misanthropische Gegenwart fest.

Den Abgründen der Familienplanung kommt "Breeders" gefährlich nahe

In „Breeders“ verödet sogar der Sex zur Pflicht: Selten mangelte es einer Familienserie mehr an Romantik. Wenn Schwiegereltern Drachen sind und Hochzeiten Lustkiller, reproduziert sie zwar ein paar komödienkonservative Klischees.

Dennoch geht die Comedyserie angenehm angepisst mit dem Glück früherer Tage um und kommt den Abgründen der Familienplanung näher als alle Fortsetzungen von „Ich heirate eine Familie“. Den Schattenseiten des Kinderkriegens in Zeiten von Überbevölkerung, Klimawandel und regretting parenthood ein heiter-satirisches TV-Format zu widmen, ist jedenfalls keine schlechte Idee.
Sky Atlantic, Doppelfolgen immer dienstags, 20.15 Uhr

Jan Freitag

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