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Der Berliner Multiinstrumentalist Chris Imler.

© Max Zerrahn

Chris Imler live in Berlin: Den Achtzigern geht's super

Hyperaktiv durch die Nacht: Chris Imler gibt ein wunderbares Tour-Abschlusskonzert im Berliner Urban Spree

Die Ohren klingeln! Aber sie klingeln gut, denn sie klingeln im Takt. Und kann es überhaupt einen besseren Grund für ein Ohrgeräusch geben, als ein Chris Imler-Konzert, so eins wie das am Freitagabend im Urban Spree, Abschiedsgig der „Maschinen und Tiere“-Tour des hyperaktiven Berliners? Nö.

Das Album, Imlers zweites Solowerk, ist schon ziemlich großartig. „Ich appelliere / an Maschinen und Tiere“ singt er da, dazu knallt und funkt und groovt es, Alan Vega und Yello und DAF und natürlich Daniel Millers „Warm Leatherette“ schauen kurz mal rein in den Sound, nur um beruhigt wieder abzuziehen: Ja, es gibt jemanden, der den rhythmischen, breakaffinen, harten, dennoch lebenslustigen 80er-Elektroklang nicht nur gerettet, sondern auch noch charmant weiterentwickelt, modernisiert und personalisiert hat. Und sein Name ist Chris Imler.

Schweiß, Rauch, Lautstärke

Live ist das jedoch alles noch viel besser. Denn Imler, wie gewohnt am Standschlagzeug, mit Gangster-Goldzahn und Menjou-Bärtchen (war es nicht James Brown, der sagte: Only sexy people can make sexy music?), ist natürlich unter Strom, vielleicht sollte man sagen auf Draht, oder auf Schnur: Er dreht eine chinesische Rasseltrommel, an deren Fellen Schlagkügelchen hängen, auf Japanisch heißt sie, und das passt irgendwie zu Imler, „Den Den Daiko“. Die kleine Den Den Daiko gibt teilweise den Takt vor am Freitag, ab und an holt Multiinstrumentalist Imler zudem eine Trompete hervor und quetscht ein paar Töne heraus (A-D-H-ES), und plötzlich fällt einem die schöne NDW-Punk-Bläser-Band Zatopek wieder ein, die Imler garantiert kennt.

Inzwischen ist er bei ein paar älteren Hits angekommen - sofern man das als Hits bezeichnen kann, denn Airplay bekommt Imlers eigenwilliger, musikalisch sperriger, textlich nicht radioaffiner Sound kaum. Er spielt „Schweinsoberleder“ vom ersten Soloalbum „Nervös“. Er hatte von diesem Debüt auch schon „Ausziehen“ gesungen, und ganz ehrlich – ob man die Texte nun versteht oder nicht, spielt keine Rolle, denn Imler kombiniert und verwendet Worte nonchalant als Teil der Musik, nicht wegen des Inhalts.

Am Freitag macht er jedenfalls weiter und weiter, die Bühne ist schon komplett zugenebelt, davor sieht und hört man vor Schweiß und Lautstärke nicht wirklich, was passiert – aber das macht nichts! Das Publikum, das die 80er live miterlebt hat, fühlt sich an diesem Abend wie einst im Mai, und feiert Imlers Energie. Es wird geraucht, denn Nikotin ist das Parfum der Nacht. Und wer sich am nächsten Tag über Ohrengeräusche und Rauchgeruch in den Klamotten beschweren will, der soll das bei seinen Enkeln tun.

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