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Ottomar Borwitzky, Daniel Barenboim und die Berliner Philharmoniker.

© Reinhard Friedrich

Cellist Ottomar Borwitzky wird 90: Ein Künstlerleben mit Karajan

37 Jahre war Ottomar Borwitzky Solo-Cellist der Berliner Philharmoniker. Parallel machte er als Solist Karriere. Jetzt feiert er seinen 90. Geburtstag.

Es passierte Ende der 1960er Jahre, die Berliner Philharmoniker waren immer noch ganz verliebt in ihren von Hans Scharoun erdachten Saal, als sie bei der ersten Probe feststellten: Die Akustik war weg! „Es klang wie in einem mit Filz ausgeschlagenen Nachttopf“, erinnert sich Ottomar Borwitzky.

Allgemeines Entsetzen, doch dann fand der Solo-Cellist die Ursache, als ihm auffiel, wie schlecht er auf dem Bühnenboden mit dem Stachel seines Instruments Halt fand. „Sämtliche Holzflächen waren lackiert worden! Mit dieser Versiegelung konnten sie natürlich nicht mehr frei schwingen.“ Kaum war die Schutzschicht abgetragen, kehrte die unverwechselbare Akustik wieder.

Als er mit nur 25 Jahren in den Kreis der Philharmoniker aufgenommen wird, hat Borwitzky bereits eine beachtliche Karriere hinter sich. Das erste Instrument bekommt der Fünfjährige zu Weihnachten geschenkt. Er zeigt so viel Talent, dass er mit zwölf auf Tournee geschickt wird: zur Truppenbetreuung nach Tschechien, als Solist eines Kammerorchesters.

Mit 17 Jahren hat er seine erste Anstellung

Die Schule bricht er vor dem Abitur ab, weil er einen Vertrag als Solo-Cellist beim Hamburger Rundfunkorchester in der Tasche hat. Er wechselt ans Opernhaus nach Hannover und schließlich nach Berlin. „Das Datum meines Dienstantritts war der 1. Januar 1956, der Tag, an dem Herbert von Karajan seinen Vertrag auf Lebenszeit erhielt.“

37 Jahre bleibt Borwitzky den Philharmonikern treu. Karajan schätzt seinen Cellisten so sehr, dass er ihm großzügig freigibt, wenn sich dessen Gastauftritte mit seinen Berliner Verpflichtungen überschneiden. Und so führt der Hamburger zwei Künstlerleben parallel, hat 35 Cellokonzerte im Repertoire und bildet gleichzeitig eine Konstante im Berliner Musikleben. Er gehört zur Gründergeneration der „12 Cellisten“ und engagiert sich ab 1979 in der Orchesterakademie.

Böhm, Barbirolli, Clytens, Mitropoulos, das sind legendäre Namen, derer sich Ottomar Borwitzky im Gespräch gerne erinnert. An Karajan bewundert er besonders die Fähigkeit zum gemeinsamen Atmen: „Man fühlte sich vom ihm getragen.“ Das Doppel-Konzert von Brahms hat er 82 Mal aufgeführt, am liebsten mit seinem philharmonischen Freund Thomas Brandis.

Er hat mit allen großen Dirigenten musiziert

Zu einem anderen seiner Glanzstücke wird Richard Strauss’ „Don Quixote“, in der Tondichtung übernimmt er dann auch im April 1993 bei seinem Abschiedskonzert noch einmal den Part des idealistischen Ritters. Denn übergibt er den Staffelstab an Ludwig Quandt, ihm verkauft er auch sein Cello.

Gerne wäre Ottomar Borwitzky als Pensionist zurück nach Hamburg gezogen. Doch seine Ehefrau plädierte für eine brandenburgische Idylle am See, wo sie ihre Kindertage verbrachte. Dort, südöstlich der Hauptstadt, lebt der Cellist auch an seinem 90. Geburtstag noch sehr gerne – und lauscht dem Plätschern des Wassers statt den Schallwellen der Berliner Philharmoniker.

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