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Verwundbar und verschmitzt. Brent Faiyaz, 22, aus Los Angeles.

©  Mark P/Promo

Brent Faiyaz in der Kantine im Berghain: Sanfte Tour

Er trägt sein Herz auf der Zunge und besitzt den honigsüßen Schmelz in der Stimme: Hip-Hop-Ausnahmetalent Brent Faiyaz gibt in der Berghain Kantine ein intimes Berlin-Debüt.

Von Andreas Busche

„Männer können seine Gefühle nicht zeigen.“ Der zwanzig Jahre alte Albumtitel der nordischen Klamauk-Rapper Fischmob ist leider auch 2018 traurige Realität. Zwar hat Goldkehlchen Drake mit seinem Befindlichkeits-R’n’B die harten Testosteronjungs der nuller Jahre von der Chartsspitze verdrängt; dafür dominiert heute eine junge Trap-Generation mit komatösem Hustensaft-Rap den US-Hip-Hop. Wo bleibt eigentlich das neue Album von Frank Ocean, wenn man ihn braucht?

Der 22-jährige Christopher Brent Wood aus L.A. ist momentan der beste Beweis dafür, dass Hip-Hop nicht zwangsläufig in weichgespülte Pop-Gefilde driften muss, wenn es mal gefühlig wird. Auch Wood, der als Brent Faiyaz Ende vergangenen Jahres sein viel gelobtes Debüt „Sonder Son“ veröffentlichte, besitzt einen honigsüßen Schmelz in der Stimme, der ihn in eine Ahnenreihe mit Soul-Größen wie Bill Withers, Curtis Mayfield und Aaron Neville stellt. Aber sein Gesang komme definitiv mehr vom Hip-Hop, erzählte er kürzlich dem „Billboard“-Magazin. Das Branchenblatt hat Brent Faiyaz inzwischen auch auf dem Schirm, weil der Song „Crew“, auf dem er neben seinem Kumpel Goldlink und Shy Glizzy zu hören ist, in den USA Platin abräumte.

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Die intime Berghain Kantine ist der perfekte Rahmen für das Berlin-Debüt von Brent Faiyaz, der am Sonntag von einem kompakten Funk-Trio begleitet wird, auf das auch ein Säulenheiliger wie D’Angelo stolz wäre. Faiyaz ist für sein Alter bereits erstaunlich selbstbewusst, er weiß um seine Wirkung, insbesondere auf das weibliche Publikum. In Berlin wird er – den Wogen der Euphorie nach zu urteilen – jedenfalls sehnsüchtig erwartet. Er badet in der Zuneigung seiner Fans, und das Publikum lässt sich von seiner geschmeidig-buttrigen Stimme um den Finger wickeln.

Auf der Bühne erinnert Faiyaz an die Conscious-Rapper der Neunziger, seine warmen, pappigen Boom-Bap-Beats sind eine Liebeserklärung an das goldene Zeitalter des Hip-Hop. Und er trägt sein Herz auf der Zunge. „Sonder Son“, das er fast komplett durchspielt, ähnelt einem Bewusstseinsstrom, autobiografische Geschichten ohne Straßenromantik und Alltagsbeobachtungen fließen ineinander. Er lässt sich vom psychedelischen Groove seiner Musiker treiben, die auch den elektrifizierten Punch beherrschen: Prince gehört offenbar zu den Idolen des Gitarristen. Gestenreich, als wolle er die Fans umarmen, erzählt Faiyaz von seiner Kindheit, den Träumen eines Jugendlichen – und seinen Frauen. Jedoch nie protzig, eher verwundbar, verschmitzt.

Auf der Brust hat er – gut lesbar, als er sein Shirt ablegt – einen Satz des Künstlers Keith Haring tätowiert: „Kunst ist keine Propaganda. Sie soll die Seele befreien, die Fantasie beflügeln.“ Ganz schön reif für einen 22-Jährigen. Brent Faiyaz ist nicht nur musikalisch eine Ausnahmeerscheinung.

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