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Grenze der Abstraktion. "12 Jahreszeiten" von Bernd Koberling.

© courtesy KEWENIG and the artist/Jörg von Bruchhausen

Berliner Künstler zum 80.: Bernd Koberling, Gründervater der Neuen Wilden

Natur in luziden Farben: Bernd Koberling prägte eine ganze Generation an Berliner Malerei. Nun wird er 80 Jahre alt. Zwei Galerien feiern sein Werk.

Der milde Wilde, das Etikett klebt an Bernd Koberling und seinem Werk. Wild funktioniert immer gut, weil es einen in Berlin unweigerlich mit dem elementaren Stil der Achtziger zusammenbringt. Und wirklich war Koberling, der am Sonntag seinen 80. Geburtstag feierte, Teil jener malerischen Bewegung, die ab 1964 mit der Gründung der Produzentengalerie Großgörschen 35 Berlin zur Metropole einer neuen, expressiven Figuration machten. Doch wenn man die Sujets des Künstlers mit denen von Karl Horst Hödicke oder späteren Neue-Wilde-Stars wie Rainer Fetting und Salomé vergleicht, wird ein Unterschied offenbar: Koberling zieht es in die Natur.

Zwar lebt der gebürtige Berliner wie alle um in herum in der Mauerstadt, führen ihn Stipendien und Dozenturen nach Rom, Hamburg und Düsseldorf, bevor er 1988 eine Professur an der hiesigen Hochschule für Bildende Künste annimmt. Doch schon die Bilder der sechziger Jahre zeigen Flussläufe und Landschaften. Später wählt Koberling als Fluchtpunkt das damals unberührte Island, wo er bis heute einen Teil des Jahres verbringt, um zu fischen und zu malen, was dort zu sehen ist: Blüten, Äste, Gräser, Wasser. Sein zarter, luzider Farbauftrag – Liquides auf weißem Grund mit hartem Aluminium als Basis – und eine Art der Darstellung, die ihre Motive bis an die Grenzen der Abstraktion changieren lässt, sind zu Koberlings Markenzeichen geworden.

Koberling und Berlin gehören zusammen

2006 wurde ihm in der Berlinischen Galerie der Fred-Thieler-Preis für Malerei verliehen. Und auch wenn sich zwischen Thielers informellem, ganz ungegenständlichen Gestus und Koberlings stets auf Konkretes rekurrierenden Schöpfungen ein Graben auftut, treffen die Kriterien für den Preis punktgenau. Er soll Künstler ehren, die unabhängig von allem Marktgeschehen den eigenen „Positionszeichen“ (Thieler) folgen. Bei Koberling ist das unbedingt der Fall, wenn er bis zu neun Meter lange Formate (unpraktisch) mit farbigen Strukturen (unspektakulär) füllt, die an monumentale Darstellungen von Nervenbahnen erinnern. Dass er dennoch ein auch kommerziell erfolgreicher Maler ist, liegt ausnahmslos an der Qualität seiner Arbeit.

Koberling, seit 2012 Mitglied der Akademie der Künste, war im vergangenen Jahr mit einer großen Soloschau zu Gast im Duisburger MKM Museum Küppersmühle für Moderne Kunst. Dort gab es das ganze Werk zu sehen – von frühen Bildern bis in die unmittelbare Gegenwart. Wer zum 80. Geburtstag. Ähnliches am lebenslangen Standort des Malers sucht, hat bei den Institutionen diesmal kein Glück. „Vitales Echo“ hieß die letzte Ausstellung im Bethanien vor zwei Jahren. Sie brachte Koberlings Bilder mit denen ehemaliger Studenten wie Peter Stauss, Stefan Hirsig oder dem 1982 geborenen Kanta Kimura zusammen, um den kreativen Einfluss seiner Malerei auf eine ganze Generation ebenfalls in Berlin lebender Künstler zu dokumentieren.

Die Ausstellung zum Jubiläum verteilt sich auf zwei renommierte Galerien. Bei Klaus Gerrit Friese (Meierottostr. 1, 10.11.–19.1.2019) sind mit knapp zwei Dutzend Papierarbeiten und acht „Überspannungen“ – Motiven aus Kunstharz auf zweifach gespanntem Nessel unter Glas – ausnahmslos frühe Arbeiten aus den Sechzigern zu sehen. Die Galerie Kewenig (Brüderstr. 10, bis 26.1.2019) widmet sich den Jahren ab 2003. So kommt Bernd Koberling schließlich doch in den Genuss einer Würdigung, die sich von selbst ergibt: Denn Koberling und Berlin, das sind zwei Schalen einer überaus beweglichen Waage.

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