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Peter P. Pachl, Intendant der Berliner Symphoniker.

© Tatyana Kronbichler

Berliner Symphoniker: Kleine Scherze in großer Besetzung

Zum Schmunzeln: Am 1. April lässt Peter P. Pachtl die Berliner Symphoniker komische Kompositionen von Ludwig Thuille und Peter Cornelius spielen.

Humor ist, wenn man’s trotzdem macht. Niemand hat auf die komischen Kompositionen von Ludwig Thuille und Peter Cornelius gewartet, die am Montag in der Philharmonie aufgeführt werden – weil sie niemand kennt. Bis auf Peter P. Pachl, den Musikwissenschaftler und Impresario mit ausgeprägter Vorliebe für die heitere Seite der Kunst im deutschen Kaiserreich. Seit vergangenem Herbst ist Pachl Intendant der Berliner Symphoniker, und er lässt darum die Chance nicht verstreichen, am 1. April in großer Besetzung ein paar kleine Scherze zu machen.

Kurz vor seinem verfrühten Tod 1907 vertonte der Münchner Akademieprofessor Ludwig Thuille das „Urschlamm- Idyll“ des Dichters Friedrich Theodor Vischer, das er unter dem Pseudonym Deutobold Symbolizetti Allegorowisch Mystifizinsky veröffentlicht hatte. Darin geht es um eine prähistorische Riesenechse, die beim Moorbad unerwartet ein Weibchen seiner Spezies erblickt. Von Amors Pfeil getroffen, wird da aus dem Ichthyosaurus sofort ein Ichthyosüß.

Mit allerhand Lautmalerei ist diese Persiflage auf Wagners Siegfried-Idyll ausgepinselt, der Bass-Solist kippt angesichts des Dino-Glücks kalauernd in die Kopfstimmen-Koloratur. Stefan Sevenich macht das mit dem Charme des Spielopern-Buffos alter Schule, so wie er zuvor auch schon in der Arie des Abul Hassan aus Peter Cornelius’ „Der Barbier von Bagdad“ den gedrechselten wilhelminischen Wortwitz professionell über die Rampe gebracht hat. Cornelius’ Bühnen- Friseur hat eine Ausdrucksweise, die so scharf geschliffen ist wie sein Rasiermesser, die Orchesterbegleitung tendiert dagegen eher ins Buttercremige, ebenso wie die Ouvertüre zur Oper instrumental überladen wirkt mit ihrem Gewirr aus Neben- und Mittelstimmen.

Von der Fuge in den Geschwindmarsch

Eingängiger klingt das Orchester in Thuilles parodistischem Mini-Oratorium „Fridolin oder der Gang zum Eisenhammer“ von 1893, das hier seine späte Uraufführung erlebt: Operettenklänge reiben sich mit spätromantischem Pathos, der Komponist macht sich über die endlosen Wiederholungen in den italienischen Akt-Finali lustig, und zum märchenhaften Ende geht eine Fuge nahtlos in einen Geschwindmarsch über.

Das birgt Schmunzel-Potenzial für Klassikkenner. Stefan Sevenich, die Herren vom Berliner Oratorien-Chor und vier junge UdK-Gesangsstudenten haben hörbar Spaß, und auch die Berliner Symphoniker folgen willig den gestischen Anweisungen des Dirigenten Thomas Hennig. Ästhetisch näher allerdings fühlt sich das Orchester den beiden Rossini-Ouvertüren zur „Seidenen Leiter“ und zum „Barbier von Sevilla“, die ganz zu Beginn des Abends erklungen sind: Da können die belcantistisch begabten Bläser glänzen, da entwickelt sich ganz natürlich eine elegante Quirligkeit.

Am 2. Juni feiern die Berliner Symphoniker in der Philharmonie den 150. Geburtstag des Komponistensohns Siegfried Wagner mit Raritäten aus dessen Œuvre.

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