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Berliner Philharmoniker mit ihrem Chefdirigenten Kirill Petrenko sowie der Bratschisten Amihai Grosz beim Benefizkonzert „Gemeinsam für die Menschlichkeit“ am 20.12.2023.

© Stephan Rabold

Benefizkonzert der Berliner Philharmoniker: Vielstimmiges Gebet

„Gemeinsam für Menschlichkeit“: Berliner Philharmoniker und viele prominente Klassik-Stars gestalten in Berlin ein bewegendes Benefizkonzert für die Freilassung aller Geiseln aus Israel.

Es lässt sich nicht leicht darüber reden, was am 7. Oktober in Israel geschah und seither in Gaza geschieht. Viele Kulturinstitutionen in Deutschland sind darüber verstummt. Die Berliner Philharmoniker haben mit den Worten gerungen, die ihr Benefizkonzert „Gemeinsam für Menschlichkeit“ begleiten. Der Terror hat bis in ihre Reihen ausgestrahlt, der Neffe von Solo-Bratscher Amihai Grosz wurde von der Hamas entführt.

Er ist inzwischen frei, während mehr als hundert Menschen noch immer gefangen gehalten werden. Ihre sofortige Freilassung sowie den Schutz aller Zivilisten auf palästinensischer und israelischer Seite fordern alle, die am Mittwochnachmittag in der Philharmonie auftreten. Kurzfristig hat sich eine beeindruckende Schar von Künstlerinnen und Künstlern zusammengefunden, der Saal ist ausverkauft. 

Martha Argerich geht voran auf die Bühne, sie wird später ab 20 Uhr dann noch einmal mit Daniel Barenboim bei dem regulären Abkonzert der Philharmoniker auftreten. Doch zunächst entfacht sie Schumanns Poesie wie selbstverständlich im Klavierquintett op. 44, zusammen mit den All-Star-Streichern Guy Braunstein, Christian Tetzlaff, Gerard Caussé und Steven Isserlis. Ein kleines Wunder des einander Zuhörens und Nachsinnens.

Den Schmerz bewältigen

Und ein musikalischer Anker für die Rede von Efrat Machikawa, die für die Familien der aus Israel entführten Geiseln spricht. Sie betritt die Bühne mit einem Foto ihres verschleppten Onkels Gadi Moses und spricht davon, dass am 7. Oktober ihr Glauben an die Menschlichkeit angegriffen wurde. Wie sich Machikawa aus ihrem Schmerz herausarbeitet, hin zu einer Zukunft mit Hoffnung, ist bewegend.  

„There must be another way“, sangen Noa und Mira Awad 2009 zusammen beim Eurovision Song Contest, in der Philharmonie stimmen sie ihr Lied erneut an. „Die Alternative zum Frieden ist die Hölle“, sagt Noa. Dann singt das Duo Verse des palästinensischen Dichters Mahmoud Darwish und lädt das Publikum ein, auf Hebräisch, Arabisch und Englisch einzustimmen: Kerze sein in der Dunkelheit.

Zart und zerbrechlich

„Women Wage Peace“ und „Women of the Sun“ setzen sich in Palästina und Israel für eine Zukunft in Frieden, Gleichheit und Sicherheit ein. Bei ihrer Rede kann Meera Eilabouni mitteilen, dass die Organisationen gerade für den Friedensnobelpreis nominiert wurden. „Niemand kann eine Mutter aufhalten, die sich um die Zukunft ihrer Kinder sorgt.“ 

Musikalisch münden berührende zwei Stunden in ein vielstimmiges Gebet. Mit der ganzen Zartheit der menschlichen Stimme intoniert Steven Isserlis auf seinem Cello „Prayer“ von Ernest Bloch, in heiterer Zuversicht finden Martha Argerich und Iddo Bar-Shai in Bachs Sonatina „Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit“ zusammen. Schließlich strömt das ganze Orchester für Bruchs „Kol Nidrei“ auf die Bühne. Kirill Petrenko und Solist Amihai Grosz spielen das „Adagio nach hebräischen Motiven“ wie etwas Zerbrechliches, das es unbedingt zu schützen gilt. 

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