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2017 zeigte die Nationalgalerie Prag, deren Direktor jetzt gehen musste, eine Ausstellung mit Werken von Ai Weiwei, darunter einem 70 Meter langen schwarzes Schlauchboot mit überlebensgroßen Flüchtlingsfiguren.

© Roman Vondrous/CTK/dpa

Bedrohte Kunstfreiheit in Tschechien: Tschechischer Kulturminister setzt zwei prominente Museumschef ab

Politische motivierte Personalwechsel sind nicht neu in der zunehmend drangsalierten Kulturszene Osteuropas. Jetzt müssen in Tschechien zwei namhafte Museumschefs gehen.

Zwei der prominentesten Museumsdirektoren Tschechiens sind am Donnerstag überraschend von Kulturminister Antonin Stanek abgesetzt worden. Der Direktor der Nationalgalerie Prag, Jiri Fajt, und der Leiter des Museums der Kunst in Olmütz (tschechisch Olomouc), Michal Soukup, hätten sein Vertrauen verloren, erklärte der Minister gegenüber der Nachrichtenagentur CTK. Finanzkontrollen in beiden Häusern hätten Zweifel an der Fähigkeit der beiden Direktoren hervorgerufen, die Nationalgalerie und das Museum wirtschaftlich zu leiten.

Gegen den auch international anerkannten Fajt habe er außerdem eine Strafanzeige erstattet, teilte der Minister mit. Dabei gehe es um Fehler bei Honorar- und Mietverträgen. Fajt werde zunächst durch einen Krisenmanager ersetzt, der die Finanzsituation der Nationalgalerie in Ordnung bringen solle.

Fajt selbst sowie von der CTK angesprochene Kunstexperten und Oppositionspolitiker kritisierten die Entscheidung des Kulturministers noch am selben Abend als politisch motiviert. Der Hintergrund: der offenbar zunehmende Einfluss des populistischen, als intellektuellenfeindlich und russland-nah geltenden Staatspräsidenten Miloš Zeman. Als Jiri Fajt sein Amt an der Nationalgalerie vor fünf Jahren antrat, forderte Zeman den damaligen christdemokratischen Kulturminister Daniel Herman auf, Fajt nicht in sein Amt einzuführen. Dies berichtete Herman jetzt in Radio Prag.

Es wäre nicht erstaunlich, wenn der Staatspräsident hinter der Abberufung stehen würde, erklärte Herman. Auch andere Politiker vermuten, dass der jetzige Kulturminister Staněk sich mit den Abberufungen um die Gunst des Präsidenten bemühe.

Museumsdirektoren aus aller Welt protestierten gegen Fajts Absetzung

Milos Zeman verweigert Fajt bis heute die formelle Verleihung seines rechtlich korrekt erworbenen Professorentitels. Die Prager Karlsuniversität hat deshalb gegen den Präsidenten geklagt. Mit Soukup wiederum habe Kulturminister Stanek selbst in der Vergangenheit einen politischen Streit gehabt, heißt es im Bericht der tschechischen Nachrichtenagentur. Gegen Fajts plötzliche Absetzung protestierten sogleich auch namhafte Museumsdirektoren aus aller Welt in einer Petition an Regierungschef Andrej Babis.

Muss seinen Posten als Direktor der Prager Nationalgalerie räumen: Jiri Fajt.
Muss seinen Posten als Direktor der Prager Nationalgalerie räumen: Jiri Fajt.

© Katerina Sulova/CTK/dpa

Der Fall erinnert an ähnliche Absetzungen in Polen und Ungarn. In Danzig war der als nicht patriotisch genug geltende Direktor des Museums des Zweiten Weltkriegs abgelöst worden, in Berlin die Leiterin des Polnischen Kulturinstituts. I n Ungarn musste zuletzt der Direktor des Budapester Literaturmuseums, des Petöfi-Museums, gehen. Der Vorwurf finanzieller Unstimmigkeiten erinnert zudem an die Anklage gegen den russischen Regisseur Kirill Serebrennikow in Moskau, dem die Veruntreuung staatlicher Subventionen vorgeworfen wird und der deshalb bis Anfang April in Hausarrest sah. Der Prozess, der im Juni fortgesetzt wird, wird von Beobachtern ebenfalls als politisch motiviert angesehen. dpa/Tsp

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