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1953 brachte Werner Höfer (3.v.r.) den „Internationalen Frühschoppen“ ins westdeutsche Fernsehen.

© dpa/Franz-Peter Tschauner

ARD-Talkshows als Prüffall: Mit gutem Beispiel voran

Auch 70 Jahre nach der Gründung ist der „Internationale Frühschoppen“ und sein Nachfolger „Presseclub“ ein Unikat im deutschen Fernsehen. Was andere Polit-Talks davon lernen können.

Eine Kolumne von Kurt Sagatz

Die Kritik ist so alt wie berechtigt: Die ARD-Talkshows unterscheiden sich nur durch die Moderatoren und Moderatorinnen. Bei den Gästen herrscht ermüdende Eintönigkeit, auch wenn Karl Lauterbach von Norbert Röttgen als „Talkshowkönig“ abgelöst wurde. Und auch die Themenvielfalt – aktuell besonders der Krieg in der Ukraine – lässt zu wünschen übrig. Der Missstand beschäftigt inzwischen sogar eine zentrale Kontrolleinrichtung der ARD: die Gremienvorsitzendenkonferenz. Sie hat die Talks zum Prüffall erklärt. Das Ziel: deren Profile schärfen.

Dabei gibt es längst eine politische Gesprächssendung mit klarem Profil, großer thematischer Bandbreite und Gästen, die in dieser Zusammensetzung sonst nicht im Fernsehen zu sind: den „Internationalen Frühschoppen“. Erstmals wurde die von Werner Höfer ins Fernsehen gebrachte Sendung am 30. August 1953 ausgestrahlt. Unter dem ursprünglichen Namen und mit internationaler Journalistenbesetzung läuft sie nur noch ab und an bei Phoenix. Dort ist sie aber weiterhin die mit Abstand beliebteste Sendung. Und der „Presseclub“ als Nachfolger des „Frühschoppen“ gehört im Ersten nach wie vor zum festen Bestandteil des ARD-Programms.

Wein oder Wasser?

Geraucht wird nicht mehr, weder im „Frühschoppen“ noch im „Presseclub“. Dafür kann bei den Getränken weiterhin zwischen Mineralwasser und grünem Veltliner ausgewählt werden. Dass gerade diese Runden die älteste Polit-Talkshow im deutschen Fernsehen sind, hat den guten Grund, dass dieses Format ein echtes Unikat ist. In dem die unterschiedlichsten Themen in einer zumeist sachlich-unaufgeregten und fundierten Art diskutiert werden.

Es ist somit aller Anstrengungen Wert, bei den übrigen Polittalks nach solchen Unique Selling Points zu suchen. Die Voraussetzungen dafür waren selten besser als jetzt. Der Übergang von Anne Will zu Caren Miosga bietet die Chance für eine Neuausrichtung des Formats. „Hart aber fair“ unterschied sich bereits unter Frank Plasberg von den anderen ARD-Talks, nun wird die Sendung mit Louis Klamroth zu einer anderen Produktionsfirma wechseln. Auch das bietet Chancen. Man wird beim politischen Talkformat das Rad sicherlich nicht komplett neu erfinden können. Neue Ansätze wie beim SWR-Talk „Deutschland 3000 – die Woche mit Eva Schulz“ sind gleichwohl machbar.

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