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Stulle (Frederick Lau, re.), Keko (Kida Khodr Ramadan, 2. v. re.) und Barro (Veysel Gelin, li.) nutzen die Geisel Vanessa (Ruby O. Fee) als Schutzschild.

© ARD Degeto/Marco Fischer

ARD-Serie „Testo“: Kida Ramadan und die Eier der Degeto

Kurze Folgen, kurze Zündschnuren: In sieben Episoden à 15 Minuten eskaliert ein Bankraub in Berlin. Zackig war auch die Genese der Serie.

„Die Degeto hat mehr Eier gerade als alle Streamer zusammen.“ Wie bitte? Für Kenner der öffentlich-rechtlichen Umtriebe im Bereich Fiction muss dieses Urteil von Kida Khodr Ramadan erstmal befremdlich klingen. Aber der Filmemacher hat Gründe für sein Lob. Der jüngste ist die wundersame Genese seiner neuen Serie „Testo“. Das Konzept zu der Bankraub-Erzählung schrieb Ramadan nach eigenen Aussagen innerhalb von sieben Tagen, zwei Tage später hatte er es verkauft, nach zehn Tagen war die Degeto an Bord und sechs Wochen später startete der Dreh. Nach 14 Tagen war das Ding im Kasten.

Natürlich hilft der Name Ramadan, wenn Dinge schnell gehen sollen. Bei Anruf des Publikumslieblings aus „4 Blocks“, kommen die Stars, das weiß man auch bei der ARD. Diesmal sind es unter anderem Katharina Thalbach, Ruby O. Fee, Nicolette Krebitz, Ronald Zehrfeld, Stipe Erceg und Frederick Lau.

Mal wieder das letzte große Ding

So zackig wie der Produktionsprozess ist dann auch das Ergebnis geraten. Die Handlung beginnt mit einer Blutspur durch den Flur einer Bankfiliale, dann springt sie sechs Stunden zurück, in die JVA Moabit, wo auch schon Ramadans Serie „Asbest“ spielte. In Splitscreens sind hier die letzten Vorbereitungen von vier Insassen auf den Freigang zu sehen. Zähne putzen und Blut spucken, Schädel rasieren, Kippe anzünden. Dann vereinen sich die Menschen und Bilder, auf der Soundebene wummert, trommelt und quietscht es. Unmissverständlich: Hier herrscht Druck.

Als die Gruppe auf dem Hof in einen Kleinwagen steigt, werden die Männer mit Schrifttafeln in ihre jeweilige Schublade von Verbrecher-Stereotypen eingeteilt: Frederik Lau ist Stulle, „bipolar & guter Gangster“, Stipe Ercegs Pepsi „glaubt an das Paradies“, Veysel Gelins Barro ist ein „unberrechenbarer Pitbull“ und der Fahrer Kongo „hat Angst vor dem Tod“. Angeführt werden sie von Kida Ramadan als Keko, dem die Filmemacher „Genie und Wahnsinn“ zuschreiben.

Nach fünf Minuten ist klar, dass dies ein Freigang ohne Ende werden soll. Ein letzter Bankraub, so verspricht es Keko, und dann nie wieder Knast. Doch der Plan, wie könnte es anders sein, geht schief und der geplante Hochgeschwindigkeitsraubzug artet zu einer stundenlangen Zitterpartie aus, mit Geiseln, die von Folge zu Folge weniger werden.  

Hier läufts nichts nach Plan. Zum Beispiel, dass der Bankräuber Stulle (Frederick Lau) versehntlich seine Tante (Kathrin Angerer) als Geisel nimmt.
Hier läufts nichts nach Plan. Zum Beispiel, dass der Bankräuber Stulle (Frederick Lau) versehntlich seine Tante (Kathrin Angerer) als Geisel nimmt.

© ARD Degeto/Armin Franzen

In sieben Episoden mit jeweils nur 15 Minuten erzählen Ramadan und seine Co-Regisseurin und -autorin Olivia Retzer, die bisher als Cutterin gearbeitet hat, ihr Gangster-Drama. Insgesamt also in Spielfilmlänge und so ganz erschließt sich nicht, wieso man in der Mediathek nach jeder Folge noch mal klicken soll – hintereinander weggucken will man sie sowieso. Die harten Brüche sind zwar unabdingbar für den Rhythmus – sechs Mal die Credits zu sehen, wirkt dem wiederum entgegen.

Man kann noch mehr kritisieren an „Testo“, eine gewisse Berechenbarkeit, fehlende Plausibilität und auch Dialoge, denen man die Improvisation mitunter zu deutlich anmerkt. Am Ende bleibt aber vor allem der Eindruck, dass man hier etwas erlebt hat.

Dass hier Künstler etwas gewagt haben, mit großer Hingabe und vor allem mit offenem Blick, für ein Werk, das keine KI so je kreieren könnte. So kann es weitergehen, liebe Degeto!

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