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Versorgungsengpässe. Nachdem Schelling den Belletristik-Preis für „Schäfchen im Trockenen“ gewann, war ihr Roman kurzzeitig nicht lieferbar.

© Hendrik Schmidt/dpa

Anke Stelling und „Schäfchen im Trockenen“: Der Erfolg eines Romans ist für Verlage schwer kalkulierbar

Buchpreise können Romane in die Bestsellerliste katapultieren. Das stellt die meisten Verlage vor Herausforderungen.

Als Anke Stelling vor drei Wochen für „Schäfchen im Trockenen“ etwas überraschend den Belletristik-Preis der Leipziger Buchmesse verliehen bekam, entwickelte sich ihr Roman zu einem Bestseller, wie üblich bei einem Preis dieser Größenordnung. Stellings Prenzlauer-Berg-Sittenbild stieg die Woche nach der Leipziger Buchmesse auf Platz zwanzig der „Spiegel“-Bestsellerliste ein, wo man es dann auch in den kommenden Wochen in den oberen Rängen zu sehen erwartete. Nur eine Woche später aber war „Schäfchen im Trockenen wieder draußen, verschwunden irgendwo in den Niederungen, die nur Menschen mit einem „Buchreport“-Bezahl-Abo einsehen können. Das aber nicht, weil das Interesse der Leserinnen und Leser nachgelassen oder sich sowieso nur auf den Prenzlauer Berg konzentriert hatte, die Bestellungen des Buchhandels also rückläufig waren. Sondern weil der Verlag von Anke Stelling, der Berliner Verbrecher Verlag, Schwierigkeiten hatte, den Roman schnell nachdrucken und liefern zu lassen.

38.000 beträgt jetzt die Gesamtauflage von Anke Stellings Roman

Tatsächlich ist es heutzutage für die meisten Verlage, und nicht nur die kleineren, enorm schwer geworden, einigermaßen zielsicher eine Auflage zu kalkulieren. Zumal wenn ein Buch für einen Preis wie den der Buchmessen in Leipzig oder Frankfurt nominiert ist. Selbst Jaroslav Rudiš’ ebenfalls für den Leipziger Buchpreis nominierter Roman „Winterbergs letzte Reise“, so hörte man kurz nach der Messe, war ein, zwei Tage nicht in den Buchhandlungen zu bekommen. Auf gut Glück 20 000 Exemplare drucken zu lassen, kam für den Verbrecher Verlag nicht in Frage, das wäre auch bei Suhrkamp oder selbst Random House nicht so gewesen. So waren die vorsichtig nachgedruckten 3000 Exemplare in der Woche nach der Preisverleihung schnell vergriffen und der Roman tagelang im Handel nicht zu erhalten – mit der Folge, dass er wieder aus der Bestsellerliste herausfiel.

Erst am 1. April hatte man beim Verlag wieder 15 000 Exemplare auf Lager, die der Buchhandel komplett bestellt hat. Und so titelt nun das „Börsenblatt“: „Anke Stelling meldet sich zurück“, sie steigt diese Woche „neu“ auf Platz vier der „Spiegel/Buchreport“–Liste ein. Für den Verbrecher Verlag ist das ein Tag zum Liste-Ausschneiden-und -Einrahmen – er hat 10 000 weitere Exemplare drucken lassen, die Gesamtauflage des Titels liegt nun bei 38 000. Alle Schäfchen im Trockenen also? Natürlich nicht. Verkauft werden ja nie alle bestellten Bücher. Und was der Verlag mit den Remittenden macht, ist wieder eine ganz andere Geschichte.

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