zum Hauptinhalt
Leben und Sterben in Amsterdam. Arthur (Josef Hader) und Claire (Hannah Hoekstra).

© Universum

Sterbehilfe-Komödie „Arthur & Claire“: Am Lachen erstickt

Zwei Lebensmüde driften gemeinsam durch die Amsterdamer Nacht. Die Tragikomödie „Arthur & Claire“ über das brisante Thema Sterbehilfe.

Der ist gut. „Marschieren Sie immer in fremde Zimmer? Macht ihr Deutschen das immer noch so?“, blafft die Frau den Mann an, der ungebeten in ihr Hotelzimmer in Amsterdam stürmt und sie davon abhalten will, eine Überdosis Tabletten mit Alkohol runterzuspülen. „Keine Ahnung“, meint der, „ich bin Österreicher.“ Das beeindruckt sie nicht sonderlich. „Noch schlimmer“, entgegnet sie patzig.

Oder der hier. „Ich wollte auf keinen Fall in der Schweiz sterben“, erklärt er später der Frau den Umstand, warum er als Österreicher in den Niederlanden einen Sterbehilfe-Termin vereinbart hat – und nicht im dafür ebenfalls bekannten Nachbarland. „Dort merkt man ja gar nicht, dass man tot ist.“

Ein Letzter geht noch. „Richtige Männer lassen sich nicht umbringen“, provoziert sie den zur Einhaltung seines Sterbetermins im Krankenhaus wild entschlossenen Mann, „sie schießen sich selbst in den Kopf.“

Arthur ist ein typischer Hader-Charakter

Kein Zweifel, am schwarzen Humor der Tragikomödie „Arthur & Claire“ ist die Handschrift des Kabarettisten Josef Hader abzulesen. Er hat gemeinsam mit Regisseur Miguel Alexandre das Drehbuch nach dem gleichnamigen Theaterstück geschrieben und spielt auch die Hauptrolle. Sein Arthur ist ein typischer Hader-Charakter, wie er zuletzt in der nur halb geglückten Kinokomödie „Wilde Maus“ und im Fernsehfilm „Die Notlüge“. Ein misanthropischer, zum Zynismus neigender, im Kern aber gutherziger Grantler. Die wütende Claire spielt die Niederländerin Hannah Hoekstra, die im vergangenen Jahr auf der Berlinale zum European Shooting Star gekürt wurde und schon 2012 in Sasha Polaks „Hemel“ als hinreißend wilde Aufreißerin von sich reden machte.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Die Versuchsanordnung des lakonischen Kammerspiels ist schnell erzählt. Zwei Lebensmüde – er hat Angst vor dem Tod, sie hat Angst vor dem Leben – treffen sich zufällig, driften gemeinsam durch die Amsterdamer Nacht und offenbaren sich nach und nach ihre Tragödien. Seine sind der Krebs und die Einsamkeit, ihre wird nicht verraten. Sie landen in asiatischen Restaurants, Coffeeshops, Pianobars, essen, kiffen, tanzen, singen. Und als der Morgen graut, gilt für den Augenblick dann doch wieder die hoffnungsvoll-trotzige Losung der Bremer Stadtmusikanten: „Etwas Besseres als den Tod findest du überall.“ Die übliche Feel-Good-Komödien-Wendung also, die blöderweise von Beginn an zu erahnen ist.

Konfektion im Fernsehformat

Hader und Hoekstra als unmögliches Freundespaar, das ist eine gutes Gespann, dem schöne sarkastische wie warmherzige Momente gelingen. Und auch gegen eine Komödie über das heiße Eisen legaler Sterbehilfe ist prinzipiell nichts zu sagen. Nur dass der viel beschäftigte Fernsehregisseur Miguel Alexandre, dessen letzter Kinofilm, das Rollstuhlfahrer-Melodram „Gran Paradiso“, bereits 18 Jahre zurück- liegt, weder die Todessehnsucht noch die Lebensangst seiner Protagonisten nur annähernd angemessen auslotet.

Dabei ist Claire eine interessante Figur, auch wenn Arthur die meisten Pointen kriegt. Dass dem der Tod wortwörtlich an der Kehle sitzt, nimmt man dem verlässlich amüsant Hader spielenden Hader kein bisschen ab. Da nützt auch ein gelegentlicher Anfall von Atemnot nichts. Wenn er sich hektisch Notfallpillen einwirft, ist das bestenfalls Slapstick und schlimmstenfalls Kolportage. Letzteres gilt auch für die kitschige Szene in der Bar, in der Claire hinzutritt, als Arthur „Danny Boy“ auf dem Klavier klimpert und sie mit wundersamem Hall in der Stimme dazu singt. Schade um das zauberhafte Lied, dessen auf die Tränendrüsen drückenden Qualitäten im Kino seit Mark Hermans Tragikomödie „Brassed Off“ auf ewig unvergessen sind. „Arthur & Claire“ jedenfalls ist Konfektion im Fernsehformat, die sich irgendwann im Abendprogramm der ARD gut als „Unterhaltung mit Anspruch“ machen wird.

Im Cinemaxx Potsdamer Platz, Delphi Lux, Filmtheater am Friedrichshain, Hackesche Höfe, Kant, Kino in der Kulturbrauerei, Passage, Yorck

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false