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Kultur: Altes Eisen, neue Heimat

„Körnelia“: In der Galerie im Körnerpark entwerfen Künstlerinnen visionäre Lebensräume.

Ein eisernes Gesetz der Kunst besagt nicht nur, dass sie (nach Karl Valentin) viel Arbeit macht. Sondern auch, dass sie sich schlecht verkauft – wenn die Künstler jung sind und noch nicht das Renommee der ganz Großen haben. Diesem Dilemma widmet sich seit 1989 das Goldrausch-Programm, das sich auf Künstlerinnen spezialisiert hat und diese in einem jährlichen Workshop fit machen will für den Markt. Mit der Ausstellung „Körnelia“ war „Goldrausch“ dieses Jahr sogar temporärer Partner der Berlin Art Week. Jetzt sind die Arbeiten in der Galerie im Körnerpark zu sehen.

Die Spannbreite ist groß, was schon geografisch bedingt ist. Aus Japan, Großbritannien, Spanien oder der Türkei stammen die geförderten Frauen, auch zwei gebürtige Berlinerinnen haben es ins Programm geschafft. Gemeinsam ist ihnen eine fundierte Ausbildung im jeweiligen Fach. Alle 15 Künstlerinnen haben Fotografie, Bildhauerei, Design oder Theaterwissenschaften studiert. Ein Verdacht keimt auf: Wird hier ein elitärer Zirkel gefördert? Ist für Freigeister ohne akademische Kunstausbildung bei Goldrausch kein Platz?

Elitär – mag sein. Aber auch gut. Alle Ausgewählten sind grundsolide in ihrer Arbeit. „Körnelia“ schafft etwas, was nur wenigen Gruppenausstellungen gelingt: als Einheit zu funktionieren. Das symbolisiert schon der geschlossene Porträt- Kreis der Teilnehmerinnen, der den Besucher im Eingangsbereich empfängt. Auch danach wirkt alles wie aus einem Guss, obwohl kein Exponat dem anderen ähnelt. Einen gemeinsamen Fokus haben die meisten Werke dennoch: Heimat.

So zeigt die gebürtige Spanierin Cristina Moreno García ein anrührendes Filmporträt einer stillgelegten Eisenwarenmanufaktur in Saragossa, deren Geschichte sie sensibel mit ihren Kindheitserinnerungen verknüpft. Eva Kietzmann und Petra Kübert nähern sich dem Trend des schicken Berliner Wohnungsbaus. Was früher einmal Platz für neue Gestaltung bot, wird heute in einheitliche Townhouses der gehobenen Mittelschicht umfunktioniert – ein Trend, dem Kietzmann mit Installationen auf den Grund gegangen ist. Sie verwendete dafür Hängematten und Kinderschuhe die sie vor Ort fand, fühlte sich bei der Arbeit aber ständig beobachtet. Zu Recht: Der ein oder andere empörte Schrei „Stehen lassen“ bestätigte ihre Vermutung, dass dort nicht mehr die künstlerische Avantgarde wohnt, sondern die gutbürgerliche Upperclass ihr Eigentum bewacht. Festgehalten hat sie ihre Erlebnisse in Videos und einer Audiostrecke, in der sie mit Werbeslogans für exklusives Wohnen spielt.

Um neue Lebensräume geht es auch bei Christine Niehoff, die die Zukunft der Menschheit in Siedlungen auf Mars und Mond vermutet. Sie entwirft Modelle von futuristischen Einfamilienhäusern, die sie anschließend samt wohntechnischen Erläuterungen in karge Weltraumlandschaften integriert. Nicht umsonst wird Niehoff als Frau im Astronautenanzug porträtiert.

„Alles neu“ könnte das übergeordnete Motto von „Körnelia“ sein, was sich nicht nur im häufigen Einsatz von neuen Medien als Kunstform zeigt. Wenn aus dem „neu“ in Zukunft noch „renommiert“ wird, dürften die Künstlerinnen ihr Ziel erreicht haben. Tatjana Kerschbaumer

Galerie im Körnerpark, Schierker Straße 8, bis 10. November, Di bis So 10–20 Uhr

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