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Christoph Müller mit einem Foto von sich als 32-Jähriger mit Ernst Bloch in Tübingen.

© Rolf Brockschmidt

Christoph Müller wird 80: Alte Meister und ewig junger Schwung

Von Tübingen nach Ost-Berlin: Der Sammler und Mäzen Christoph Müller wird 80. Ein Besuch in seiner Wohnung, wo die Dänen hängen.

Überall an den Wänden von Christoph Müllers Wohnung hängen Dänen des 19. Jahrhunderts, große, kleine, das größte Gemälde ist von Janus la Cour, „Monte Rosa“. Auf diese Neuerwerbung im prächtigen Goldrahmen ist er ganz stolz. Christoph Müller wurde als Mäzen bekannt, der erst eine Sammlung niederländischer Meister des 17. Jahrhunderts nach Schwerin verschenkte, dann 235 Zeichnungen und rund 130 Grafiken an das Kupferstichkabinett Berlin und schließlich 387 Dänen, die in der jetzt bis zum 4. November verlängerten Ausstellung „Die Dänen!“ im Pommerschen Landesmuseum in Greifswald zu sehen sind. Es scheint, als würde Müller Gemälde sammeln wie Kinder heute Panini-Bilder.

„Ich sammle, was mir gefällt“, sagt er und hält es mit dem großen Max J. Friedländer, der einmal gesagt hat: „Wenn einer Millionär ist, ist das Einzige, was er gut tut, Bilder ins Museum zu geben“ – und das macht Müller reichlich. Drei Viertel seines Vermögens, das er aus dem Verkauf des „Schwäbischen Tagblatts“ erzielt hat, hat er bisher in Kunst investiert.

Denn Müller ist nicht nur großer Sammler und Mäzen, sondern auch leidenschaftlicher Journalist und Verleger. Sein Vater Ernst verlegte das Schwäbische Tagblatt und wollte, dass sein Sohn, 1938 in Tübingen geboren, es einmal übernehmen solle. Doch dazu brauche er eine solide Ausbildung. Und den Junior zog es nach Berlin mit den Filmfestspielen, den Theatern und der Oper. Also begann er 1960 nach Vorsprache seines Vaters beim schwäbischen Tagesspiegel-Verleger Franz Karl Maier ein Volontariat beim Tagesspiegel und wurde bereits ein Jahr darauf Redakteur in der Berlin-Redaktion unter Günter Matthes.

Er war zuständig für die Bezirksverordnetenversammlungen von Tiergarten und Kreuzberg – was er sehr langweilig fand – und für Ost-Berlin, das er mit seinem bundesdeutschen Pass für lange Reportagen besuchen konnte. Sein Alfa Romeo war ab Grenzübergang Heinrich- Heine-Straße bald sehr bekannt, und die Grenzer wunderten sich, dass er relativ fair über Ost-Berlin berichtete. Einen besonderen Ausweis und eine privilegierte Behandlung lehnte er ab.

Ernst Bloch war größter Fan des Schwäbischen Tagblatts

Zehn Prozent seines Lebens hat Christoph Müller beim Tagesspiegel verbracht und vor genau fünfzig Jahren die Zeitung verlassen, um fortan das Schwäbische Tagblatt als Verleger und Chefredakteur 35 Jahre lang zu leiten. Doch fast hätte er sein Erbe nicht antreten können, denn Maier war dahintergekommen, dass Müller unter dem Pseudonym Christian Lemur für die Stuttgarter Zeitung das Feuilleton „Die Gammler“ geschrieben hatte, in dem er Zitate aus dem Tagesspiegel mit denen aus der Springerpresse verglichen hatte – mehr nicht. Vater Müller sagte ihm, bei drohender Entlassung wegen Vertragsverletzung könne er sein Erbe nicht antreten, und Müller war gar nicht so erpicht darauf, ins Schwabenland zurückzukehren.

Lieber blieb er mit seinem Partner, dem Bühnenbildner und Regisseur Axel Manthey, in Berlin. Aber Maier ließ Milde walten, Günter Matthes stand auch hinter ihm, und so konnte Müller 1969 sein Erbe antreten und das Schwäbische Tagblatt zur linksliberalen Regionalzeitung umbauen, deren größter Fan Ernst Bloch war. Täglich veröffentliche und redigierte Müller bis zu drei Leserbriefseiten „Echo des Bürgers“, auf denen sich vor allem Grüne wie Boris Palmer und Fritz Kuhn schon damals profilierten. Die 1969 eingeführte tägliche Kolumne „Übrigens …“ hatte ihr Vorbild in Matthes’ legendärem „Am Rande bemerkt“.

Nach dem Verkauf seiner Zeitung kehrte Müller 2004 nach Berlin zurück und begann, als Sammler Niederländer und Dänen im großen Stil zu kaufen und an Museen zu verschenken. „Die 150 Dänen, die jetzt hier hängen, bleiben hier bis zu meinem Tod“, sagt er. An diesem Donnerstag wird Christoph Müller 80 Jahre jung. Mögen seine Dänen noch lange in seiner Wohnung hängen bleiben. Möge er noch viele Theaterpremieren besuchen. Dem Theater gehört seine Liebe ebenso wie der Kunst; er hat auch als Theaterkritiker geglänzt.

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