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In ihr spiegelt sich die Geschichte der ganzen Stadt: die gläserne Akademienfassade

© imago/Rolf Kremming/IMAGO/rolf kremming

Akademie der Künste am Pariser Platz: Ein Haus erzählt Geschichte

Eine neue Installation im Liebermann-Saal rauscht durch die Geschichte des Hauses von der Kaiserzeit bis in die Gegenwart.

Man sieht es dem Saal nicht mehr an, dass hier einst die Avantgarde Berlins ein- und ausging. Dass man hier über Kunst parlierte und stritt. Recht nüchtern wirkt der nach dem Maler Max Liebermann benannte Saal im Gebäude der Akademie der Künste am Pariser Platz – auch wenn die alten Säulen und Bögen im Mauerwerk noch sichtbar sind.

Normalerweise wird der Saal nah am Eingangsbereich für Ausstellungen genutzt. Aber wenn nichts läuft, wie zurzeit, ist ab jetzt eine Multimediapräsentation zu sehen, die die Geschichte des Hauses erzählt. Die vielfachen Nutzungen, Umbauten, Zerstörung, Wiederaufbauten, die diesen Ort seit dem Kaiserreich, über Weimarer Republik, Nationalsozialismus, Sozialismus und DDR-Zeit bis zum wiedervereinigten Berlin geprägt haben.

„Im Brennpunkt deutscher Geschichte“ nennt sich die einige Minuten dauernde Multimediapräsentation, die historische Fotos, Filmaufnahmen und Archivmaterial mit kurzen Textpassagen kombiniert. Es gibt nicht viele Gebäude in Berlin, anhand derer die jüngere deutsche Geschichte so eindrücklich zu erzählen wäre, wie mit diesem 2005 wiedereröffneten Akademiegebäude.

Erst Adelspalais, dann Kunst

Auf dem Grundstück am Pariser Platz ließ einst der Graf von Arnim-Boitzenburg ein Palais erbauen. Wilhelm II. kaufte ihm das Gebäude Anfang des 20. Jahrhunderts für die „Königliche Akademie der Künste“ ab. Zur Einweihung 1907 war der Kaiser persönlich anwesend, es wurde eigens ein Thron mit Baldachin für ihn aufgestellt. Der Ehrensitz, der damals für einen einzigen Tag konzipiert und gebaut worden ist, muss ungefähr dort gestanden haben, wo jetzt der Film an die Wand gebeamt wird.

So erzählt es Werner Heegewaldt, Direktor des Akademie-Archivs, der die neue Präsentation anlässlich des 325. Jubiläums der Akademie der Künste 2021 in Auftrag gegeben. Das Akademiegebäude sei eines der wenigen am Pariser Platz, die öffentlich zugänglich seien, anders als die dort ansässigen Banken und Botschaften, sagt er. Er sehe es als Aufgabe des Hauses, Besucher:innen die Geschichte näherzubringen.

Büro für Albert Speer

War die Akademie der Künste anfangs noch sehr auf den Geschmack des Kaisers fixiert, öffnete sie sich um 1920 für die Moderne, Max Liebermann wurde Präsident, man nahm sogar Frauen auf. Die Künstlerin Käthe Kollwitz und die Dichterin Ricarda Huch waren die ersten, die die „Männerbastion“ entern durften. Das zeigt der Film mit eindrücklichen Bildern. Auf einem sieht man wie Käthe Kollwitz einer Gruppe Anzugtragender Herren ihre Zeichnungen präsentiert.

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1937 musste die Akademie ihren Sitz auf Anordnung Hitlers räumen. In den Räumen sollte Albert Speer den Umbau Berlins zur nationalsozialistischen Welthauptstadt „Germania“ organisieren. Auch dass die Akademie der Künste eine der ersten Institutionen war, die unter Hitler gleichgeschaltet wurde, zeigt der Film. Die Namen der Mitglieder, die ausgeschlossen wurden, werden als Einträge in den Original-Mitgliedsregistern eingeblendet. Sie sind auch in der Glashaut des 2005 von Günter Behnisch entworfenen heutigen Gebäudes integriert.

Fritz Cremer im Atelier

Im Krieg brannte das Gebäude fast völlig aus, nach 1950 nutzte die Ost-Akademie die Reste als Ateliers für Künstler. Man sieht Fritz Cremer, wie er in einem der Arbeitsräume die Figuren für das Denkmal in Buchenwald entwirft. Nach dem Bau der Mauer 1961 war das Gebäude nicht mehr zugänglich, die Grenztruppen der DDR zogen ein. Im jetzigen Max-Liebermann-Saal befand sich die sogenannte „Grenzverletzerzelle“ mit absurdem orangerotem Tapetendekor.

Man würde das tollen historischen Fotos gerne länger betrachten, aber die einzelnen Szenen rauschen ziemlich schnell durch. Muss man sich den nur einige Minuten langen Film eben nochmal ansehen.

Ab 1990 wurde das Gebäude dann bereits wieder für Ausstellungen genutzt. 2005 wurden Reste der alten Bausubstanz in einen Neubau integriert, die Akademie der Künste kehrte an ihren historischen Ort zurück. Dort endet der Film.

Die Baugeschichte allerdings ging weiter. Im neuen Behnisch-Gebäude klappte zunächst wenig. Zwar fand die transparente, mit gläserner Fassade versehene Architektur viel Anerkennung. Aber die Technik versagte gleich zu Beginn.

Drei Monate nach der Eröffnung des Hauses mussten alle Ausstellungen abgesagt werden, das Archiv der Akademie konnte nicht wie geplant einziehen, weil die Klimatisierung nicht stimmte. Die Temperaturschwankungen waren zu stark, um sensible Kunstwerke in den Sälen zu zeigen, geschweige denn historische Dokumente im Keller zu lagern. Es folgte eine Geschichte voller Streits und Skandale, Gerichtsverfahren, Umplanungen, Kostensteigerungen.

Heute sind das Baukunstarchiv, die Bibliothek mit 600.000 Medien sowie Teile der Kunstsammlung der Akademie der Künste im Untergeschoss des Hauses untergebracht. Und der Lesesaal in der ersten Etage bietet einen so herrlichen Blick auf den Pariser Platz und das Brandenburger Tor, dass er so manchen Gast vom Studium der Bücher ablenkt.

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