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Fußballfilme: Abseits oder nicht abseits

Neben dem Spiel ist mitten im Spiel: Das 11-mm-Fußballfilmfestival findet zum achten Mal in Berlin statt. Besonders iranische Filme stehen dieses Jahr im Mittelpunkt.

Filme über Fußball gibt es, seit es Filme gibt. Große Regisseure haben sich – in weniger großen Werken – dem runden Leder gewidmet: So ist Jacques Tatis letztes Filmprojekt ein Dokumentarfilm über das Europapokalfinale 1978, und wenig später drehte John Huston „Victory“ mit Sylvester Stallone und Pelé. Seit knapp zehn Jahren aber, seit „Kick it Like Beckham“ und dem „Wunder von Bern“, gibt es konstant so viele Fußballfilme, dass sich ein ganzes Festival eigens auf sie konzentrieren kann. „11mm“ heißt es und wird dieses Jahr zum achten Mal in Berlin ausgetragen.

Natürlich laufen dort die aktuellen Filme zum Thema, etwa „Der ganz große Traum“ über den Fußball-Pionier Konrad Koch oder auch „Hoffenheim – Das Leben ist kein Heimspiel“, der den steilen Weg von der Regionalliga bis zur Herbstmeisterschaft dokumentiert. Auch Weltpremieren sind zu sehen, darunter „Gegengerade“, der unter St. Pauli-Fans am Tag des Aufstiegs ihres Clubs spielt, und die Langzeitdokumentation „Tom Meets Zizou“: Darin geht es um das – in der Bundesliga spektakulär gescheiterte – Supertalent Thomas Broich, das in Australien den Spaß am Spiel wiederentdeckt.

Die Festivalmacher fassen den Begriff Fußballfilm sehr weit, mit dem Sport oft nur als Aufhänger – und so finden sich viele Geschichten, die weit über das Spiel selbst hinausweisen. Jafar Panahis „Offside“, der wegen der politischen Verfolgung des Regisseurs in seiner Heimat Iran auf der jüngsten Berlinale erneut gezeigt wurde, handelt von der Leidenschaft weiblicher Fans des Männerfußballs und ihren hartnäckigen Bemühungen, ein entscheidendes Qualifikationsspiel im Stadion zu verfolgen. Obwohl nahezu der gesamte Film auf dem Gelände des Teheraner Azadi-Stadions spielt, ist vom eigentlichen Fußballspiel hier kaum etwas zu sehen, es steht gewissermaßen selbst im Abseits. Der Fokus ist auf die im Stadion marginalisierten Frauen gerichtet, und ihre Geschichte ist allemal so spannend wie irgendein Geschehen auf dem Rasen. Die Handlung des halbdokumentarisch gedrehten Spielfilms ist alltäglich und eine vielschichtige Parabel zugleich. „Offside“ läuft in einer Nebensektion des 11mm-Festivals, in der anlässlich der bevorstehenden Frauen-WM die laut Programmheft „besten Frauenfußballfilme aller Zeiten“ gezeigt werden.

Ein weiterer iranischer Film hat nur am Rande mit Fußball zu tun. „The Red Card“ dokumentiert den spektakulären Schauprozess gegen Shahla Jahed: Vor neun Jahren wurde sie angeklagt, die Frau ihres Geliebten, des ehemaligen Nationalstürmers Nasser Mohammadkhani, ermordet zu haben. Jahed widerruft ihr unter Druck gegebenes Geständnis und kämpft verzweifelt um gerechte Behandlung in einem männlich dominierten System, das sie mit ihrer ebenso emotionalen wie eloquenten Art immer wieder bloßlegt. Besonders ungewöhnlich ist dabei, dass der Film die weibliche Perspektive einhält und sich ganz auf die Angeklagte konzentriert. Regisseurin Mahnaz Afzali montiert Szenen aus dem Gerichtssaal mit Zeitungsschlagzeilen, Fernsehausschnitten und privaten Videos von Jahed aus der Zeit vor dem Prozess. Das Ergebnis ist kein nüchternes Protokoll, sondern ein erschütternder Einblick in die Abgründe der iranischen Gesellschaft und Rechtsordnung, ein faszinierendes Dokument, und wie viele andere Filme des Festivals durchaus nicht nur etwas für Fußballfans.

Babylon Mitte, 25. bis 30. März. „The Red Card" läuft am Montag, 19. 45 Uhr, „Offside“ am Dienstag um 17. 15 Uhr. Details unter www.11-mm.de. – Unser Mitarbeiter und Autor David Assmann, selbst Filmregisseur, präsentierte 2008 „Football Under Cover“ auf der Berlinale. Sein Film wird am Montag, 17. 15 Uhr, gezeigt.

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