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Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin

© AFP/Uncredited

Update

„Wo, verdammte Scheiße, ist die Munition?“: Prigoschin macht russische Führung für zehntausende tote und verletzte Soldaten verantwortlich

DerWagner-Chef droht mit einem Rückzug aus Bachmut und gibt dem russischen Verteidigungsministerium die Schuld. In einem Video wettert er gegen Minister Schoigu und Oberbefehlshaber Gerassimow.

| Update:

Der Chef der russischen Söldner-Gruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, hat einen Rückzug seiner Truppen aus der seit Monaten umkämpften Stadt Bachmut im Osten der Ukraine angedroht.

Grund sei ein Mangel an Munition, an dem das Verteidigungsministerium in Moskau schuld sei, teilte Prigoschin am Freitag mit. Seine Söldner-Truppe bereite sich deswegen darauf vor, sich am 10. Mai in Nachschublager zurückzuziehen und ihre Stellungen an die russische Armee zu übergeben.

Seit Monate schwelender Konflikt zwischen Prigoschin und Schoigu

Mit seinen Worten verschärfte Prigoschin den seit Monaten schwelenden Konflikt mit Verteidigungsminister Sergej Schoigu und der Militärführung erneut. Prigoschin wetterte nun mit schweren Beleidigungen gegen die Militärführung in Moskau.

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Ein am Freitag veröffentlichtes Video zeigt den 61-Jährigen vor zahlreichen aufgereihten Leichen in der Dunkelheit auf einer Wiese. „Das sind Wagner-Kämpfer, die heute getötet wurden. Das Blut ist noch frisch“, sagt der sichtlich aufgebrachte Prigoschin dazu.

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Dann richtet er sich direkt an Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu und an Generalstabschef Waleri Gerassimow – und schreit in die Kamera: „Schoigu, Gerassimow, wo, verdammte Scheiße, ist die Munition?

Anschließend schimpft er weiter: „Ihr Biester, ihr sitzt in teuren Clubs, eure Kinder haben Spaß am Leben und nehmen Youtube-Clips auf.“ Hätte seine Truppe ausreichend Munition, wären die Todeszahlen fünfmal niedriger, behauptete er.

In einem anderen, knapp fünf Minuten langen Video hatte Prigoschin zuvor eine Rede gehalten, in der er den angedrohten Abzug aus Bachmut ausführlich begründet und die Wichtigkeit von Wagner für den Krieg in der Ukraine heraushebt. Sein Ziel sei eigentlich gewesen, zum Feiertag des 9. Mai, an dem Russland den Sieg über Nazi-Deutschland feiert, Bachmut vollständig zu erobern, erklärt er. Das sei nun aber nicht mehr möglich. Gleichsam wolle er bis zu diesem Tag mit dem Abzug warten, um der russischen Armee die Schande an einem Feiertag zu ersparen.

Das mit Video mit englischen Untertiteln sehen Sie hier:

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Prigoschin machte die Armeeführung seines Landes für „zehntausende“ getötete oder verletzte russische Kämpfer in der Ukraine verantwortlich. An diesen Verlusten seien jene schuld, „die uns keine Munition geben“, und dies seien Verteidigungsminister Sergej Schoigu und Generalstabschef Waleri Gerassimow, sagte Prigoschin „Für die Zehntausenden, die getötet und verletzt wurden, werden sie vor deren Müttern und Kindern die Verantwortung übernehmen müssen, dafür werde ich sorgen“, sagte der Chef der Söldnergruppe. 

Schoigu hat nach den schweren Vorwürfen Prigoschins einem Medienbericht zufolge Truppen aus Russlands südlichem Militärbezirk einen Besuch abgestattet. Er habe dabei auch die Ausrüstung inspiziert, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Tass. Laut der Agentur RIA wies Schoigu einen seiner Vize-Minister an, die Versorgung der Soldaten mit allen notwendigen Waffen sicherzustellen. 

Ukraine sieht keinen Truppen-Abzug

Das ukrainische Militär hat jedoch trotz der Ankündigung von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin zunächst keine Anzeichen für einen baldigen Abzug der russischen Söldner aus Bachmut festgestellt.

„Diese Erklärungen wurden vor dem Hintergrund gemacht, dass er ein weiteres Versprechen, Bachmut bis zum 9. Mai zu erobern, nicht erfüllen kann“, sagte ein Vertreter der Militäraufklärung, Andrij Tschernjak, am Freitag der Nachrichtenagentur RBK-Ukrajina.

Prigoschin versuche damit nur, die Verantwortung auf andere abzuschieben. Das ukrainische Militär sieht bei den Russen auch - anders als von Prigoschin dargestellt - keinen Munitionsmangel. „Allein heute wurde in Bachmut und Umgebung 520 Mal aus Artillerie unterschiedlichen Typs geschossen“, erklärte Armeesprecher Serhij Tscherewatyj. Der eigentliche Hintergrund der Erklärungen Prigoschins seien die hohen Verluste der Söldnertruppen von 100 und mehr Toten pro Tag. 

Wie der Munitionsmangel die Wagner-Strategie gefährdet

In der Tat sind Prigoschins Kämpfer von der Artillerieunterstützung abhängig, um vorzurücken. Ein Munitionsmangel hier führt zum Kollaps der Wagner-Strategie:

  • Die gängige Praxis bei Vorstößen von Wagner ist es, dass eine Gruppe Soldaten in Richtung der ukrainischen Stellungen geschickt wird.
  • Die Ukrainer schießen dann auf die anrückenden Soldaten und verraten so ihre genaue Position. Die russische Artillerie nimmt die ukrainische Stellung dann unter Feuer, während eine zweite Gruppe Wagner-Kämpfer – die erste ist meist erschossen worden – versucht, die ukrainische Stellung zu stürmen.
  • Meistens sind mehrere solcher Anläufe nötig, um eine Stellung zu erobern. Fehlt jedoch die Artillerie, laufen die Wagner-Soldaten immerzu in ukrainischen Kugelhagel und sterben. 

Im seit mehr als 14 Monaten andauernden russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine kämpfen Prigoschins Söldner, die für brutales Vorgehen berüchtigt sind, derzeit vor allem um die Stadt Bachmut. Vor dem Hintergrund der äußerst verlustreichen Gefechte treten dabei immer häufiger Machtkämpfe zwischen dem Wagner-Chef und Russlands regulärer Armee zutage.

Mehrfach schon kritisierte Prigoschin, dass seine Männer nicht ausreichend versorgt würden. Zwischenzeitlich drohte er deshalb sogar damit, sie aus Bachmut abzuziehen. Am Donnerstag berichteten nationalistische russische Militärblogger zudem, der kürzlich als Vize-Verteidigungsminister entlassene Michail Misinzew sei zum stellvertretenden Kommandeur der Wagner-Truppe ernannt worden. Offiziell bestätigt wurde das aber bislang nicht. (Tsp, Reuters, dpa)

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