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Bataillonskommandeur Artjom Shoga und Präsident Wladimir Putin im Kreml.

© REUTERS/Sputnik

Wahlkampfstart in Russland: Putin tritt an – und Nawalny ist verschwunden

Der Präsident gibt seine Kandidatur offiziell bekannt. Die Opposition startet ihre Kampagne „Russland ohne Putin“

An Zufall mag man nicht recht glauben. Im Moskauer Kreml gibt Wladimir Putin am Freitag bekannt, er werde bei der nächsten Präsidentenwahl antreten. Am selben Tag schlägt die russische Opposition Alarm. Ihre Führungsfigur, der in einem Straflager in der Region Wladimir einsitzende Alexej Nawalny, sei schon den dritten Tag auch für seine Anwälte nicht zu erreichen.

Zu einem Prozess, der gerade wieder gegen ihn läuft, wird Nawalny nicht wie üblich zugeschaltet. Eine „Havarie“ heißt es. Aber wahrscheinlicher scheint, dass Alexej Nawalnys Kontakte zur Außenwelt abgeschnitten wurden, damit seine bekannt bissigen Kommentare aus dem Lager nicht die Wahl-Inszenierungen des Kremls stören.

Dorthin hatte Putin am Freitag rund 200 Feldkommandeure aus dem Krieg gegen die Ukraine eingeladen, um ihnen die Sterne eines „Helden Russlands“ und weitere hohe Orden anzuheften. Das russische Oberhaus, der Föderationsrat, hatte am Vortag den Termin der Abstimmung auf den 17. März 2024 festgelegt.

Ankündigung vor Offizieren

Putins Erklärung war erwartet worden. Mit einer Verfassungsänderung hatte der heute 71-Jährige 2020 schließlich den Weg frei machen lassen, um zu seiner fünften Amtszeit antreten zu können. Der Kreis, den er jetzt für seine Ankündigung im Georgssaal des Kreml wählte, ist eine politische Botschaft: Im Mittelpunkt seiner nächsten Amtszeit wird der Krieg gegen die Ukraine stehen. Dafür versichert er sich der Loyalität seiner Offiziere, dafür fordert er die Gefolgschaft der Bevölkerung ein. Daran ließ er in seiner kurzen Ansprache keinen Zweifel.

Zur Inszenierung gehört dabei, dass ein gewisser Artjom Shoga, Oberstleutnant der Kampftruppen im Donbass, Putin quasi darum bittet, weiter Präsident zu bleiben – und sich danach freudig überrascht zeigt, dass dieser zustimmt.

Die russische Opposition bekommt unterdessen zu spüren, was „Wahlkampf“ auf Russisch heißt. Mit einer Liste hatte sie in Moskau und St. Petersburg Werbeflächen gebucht. Die Aufschrift war nicht auf den ersten Blick als Wahlplakat zu erkennen, die Banner enthielten jedoch einen QR-Code mit dem Link zur Webseite „Russland ohne Putin“. Die Sicherheitsorgane entfernten die Banner rasch.

Die Repressionen sind das eine Problem für die Opposition, das andere ist ihre Uneinigkeit. Einige ihrer Vertreter rufen dazu auf, die Wahl im kommenden Jahr zu boykottieren, weil das Ergebnis ohnehin fest stehe. Man habe es mit der „Parodie auf einen Wahlprozess“ zu tun.

Der Kontakt zu Alexej Nawalny ist seit drei Tagen abgerissen.

© dpa/Alexander Zemlianichenko

Nawalnys Mannschaft fordert dagegen wie schon bei vorherigen Kampagnen zu einer regen Beteiligung auf. Dafür will sie mit Flugblättern und Straßenaktionen werben. Appelle zu einem geschlossenen Auftreten und der Bildung einer gemeinsamen Plattform der Anti-Putin-Kräfte verhallten bislang wirkungslos.

Auf dem Nawalny-Blog wird die Strategie seiner Mannschaft erläutert. Die Losung lautet: Wählt, wen ihr wollt, nur nicht Putin. „Jede Wahl, selbst eine gefälschte – das ist eine Zeit des Zweifels. Die Leute denken darüber nach, wer ist da an der Macht und warum ist er da?“ Die Opposition müsse eine Antwort auf die Frage geben, warum Wladimir Putin nicht noch weitere sechs Jahre an der Macht bleiben dürfe.

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