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Rinat Achmetow ist ukrainischer Oligarch und Industrieller.

© imago/photothek/Thomas Trutschel/photothek.net

Ukraine-Invasion Tag 691: Kiew schiebt der Macht der Oligarchen einen Riegel vor

Selenskyj in der Schweiz. Zwei russische Militärflugzeuge über dem Asowschen Meer abgeschossen. Der Nachrichtenüberblick am Abend.

Wie der russische Angriffskrieg die Rolle der Oligarchen in der Ukraine verändert hat, darüber hatte mein Kollege Frank Herold vor rund einem Jahr berichtet (hier können Sie den Text noch einmal nachlesen). Nun hat die „New York Times“ noch einmal geschaut, wie Kiew sich diese Entwicklung zunutze macht – und dabei auch Gefahren in dem von einer Kriegswirtschaft geprägten Land ausgemacht (Quelle hier).

Die Zeitung greift zunächst das Beispiel von Rinat Achmetow, dem reichsten Oligarchen der Ukraine, auf. Durch die Zerstörung von Avostal in Mariupol infolge der russischen Angriffe verlor der Mann, der Inhaber des Stahlwerks ist, ein Vermögen – ein schwerer Schlag für seine langjährige Kontrolle über die ukrainische Wirtschaft, konstatiert die „New York Times“. 

Mehr als neun Milliarden Dollar habe Achmetow aufgrund des Krieges verloren, insgesamt soll das Vermögen der 20 reichsten Ukrainer um 20 Milliarden Dollar gesunken sein. Vor dem Krieg, so heißt es in dem Bericht, habe es in der Ukraine zehn Milliardäre gegeben, heute seien es nur noch zwei.

Dass Kiew die aktuellen Ereignisse nutzen will, um die Macht der Oligarchen und der Korruption einen Riegel vorzuschieben, daran ließ der Justizminister des Landes keinen Zweifel. „Sie sind schwach, und es ist eine einmalige Gelegenheit, Gerechtigkeit in Bezug auf die Art und Weise, wie das Land geführt werden sollte, zu erreichen“, zitiert die „New York Times“ aus einem anderen Interview mit Denys Maliuska.

Es gab ein Oligarchengesetz, weshalb viele Superreiche ihre Medienbeteiligungen abgaben, es gab Verhaftungen – und es gab Verstaatlichungen. Letztere hatten die Behörden mit der Sicherung lebenswichtiger militärischer Güter begründet. Genau das führt aber zu einer Gefahr, konstatieren Experten in dem Bericht. 

Valeria Gontareva, die von 2014 bis 2017 die Zentralbank leitete, spricht von „Staatskapitalismus“, jetzt seien nicht mehr die alten Oligarchen die Bedrohung, sondern die neuen. Und Daria Kaleniuk, Geschäftsführerin des ukrainischen Aktionszentrums zur Korruptionsbekämpfung, sagt: „Im Kampf gegen die Drachen müssen wir aufpassen, dass wir nicht selbst zu Drachen werden.“

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • Mit dem chinesischen Ministerpräsidenten Li Qiang und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj hat die Schweizer Regierung am Montag gleich zwei hochrangige Besucher empfangen. Das verdankt sie dem Weltwirtschaftsforum (WEF), das am Montagabend in Davos mit seiner Jahrestagung beginnt. Die Schweiz war am Sonntag bereits mit der Ukraine zusammen Gastgeber einer Konferenz mit rund 80 Staaten. Selenskyj stellte einen Zehn-Punkte-Friedensplan vor, der den Abzug der russischen Truppen aus der Ukraine, die Beendigung der Feindseligkeiten sowie die Wiederherstellung der Staatsgrenzen der Ukraine zu Russland vorsieht.
  • Russland bezeichnet die Gespräche in Davos über die Vorschläge der Ukraine für einen Frieden als nutzlos. Sie würden zu nichts führen, da Russland an den Beratungen nicht teilnehme, sagt Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow. „Das ist schlicht Reden um des Redens willen.“ Dieser Prozess könne aus einem offensichtlichen Grund nicht zu konkreten Ergebnissen führen - Russland sei nicht dabei.
  • Russland hat nach eigenen Angaben mehr als 200 ukrainische Kriegsgefangene verurteilt, einige von ihnen zu lebenslangen Haftstrafen. „Mehr als 200 ukrainische Militärangehörige wurden wegen Mordes an Zivilisten und Misshandlung von Kriegsgefangenen zu langen Haftstrafen verurteilt“, sagte Alexander Bastrykin, Chef des russischen Ermittlungskomitees. Kiew und internationale Menschenrechtsorganisationen verurteilten die Verfahren als illegal.
  • Die Ukraine hat nach eigenen Angaben zwei russische Militärflugzeuge über dem Asowschen Meer abgeschossen. Dabei handelte es sich um ein Aufklärungsflugzeug vom Typ A-50 sowie eine Maschine, die auch als Kommandoposten dient, wie die ukrainische Luftwaffe in Onlinenetzwerken mitteilte. Über die Art des Abschusses machte sie keine Angaben. Der ukrainische Oberbefehlshaber Walery Saluschny gratulierte den Streitkräften zu der „perfekt geplanten Operation“.
  • Deutschland und andere europäische Staaten haben bereits mehr als 3000 Patienten aus ukrainischen Krankenhäusern aufgenommen, um das durch den Krieg stark geforderte Gesundheitssystem zu entlasten. Das im März 2022 gestartete medizinische Evakuierungsprogramm sei mittlerweile das größte in der Geschichte des europäischen Zentrums für die Koordination von Notfallmaßnahmen, teilte die EU-Kommission mit.
  • Russland strebt eine engere Zusammenarbeit mit Nordkorea und dem Iran an. Außenminister Sergej Lawrow empfing am Montag seine nordkoreanische Amtskollegin Choe Son Hui in Moskau. Zudem sprach Lawrow bei einer Telefonkonferenz mit dem iranischen Außenminister Hossein Amir-Abdollahian.
  • Seit Beginn des russischen Angriffskriegs hat Großbritannien nach eigenen Angaben bisher mehr als 60.000 ukrainische Soldaten ausgebildet. Diese Zahl nannte der britische Verteidigungsminister Grant Shapps in einer Rede in London. Shapps warnte, die internationale Gemeinschaft dürfe in ihrer Unterstützung für die Ukraine nicht nachlassen. Der russische Präsident Wladimir Putin sei der Ansicht, dem Westen mangele es an Durchhaltevermögen.
  • Die jüngsten schweren russischen Angriffe und der Wintereinbruch verschärfen das Elend von Millionen Ukrainern. 14,6 Millionen Menschen - 40 Prozent der Bevölkerung - benötigten humanitäre Hilfe, berichteten die Vereinten Nationen am Montag in Genf. Zudem seien 6,3 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer aus dem Land geflohen.
  • In Russland ist ein 20-jähriger Student wegen der mutmaßlichen Zusammenarbeit mit ukrainischen Geheimdiensten und der Planung von Sabotageakten auf Militärstützpunkte zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Ein Gericht in Kurgan habe den Studenten „der von den ukrainischen Geheimdiensten rekrutiert wurde, schuldig gesprochen“, für diese gearbeitet zu haben, hieß es in einer Erklärung des Inlandsgeheimdienstes FSB. Mehr zum Krieg in der Ukraine lesen Sie in unserem Blog.

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