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Ukraine, Cherson: Ein ukrainischer Soldat springt am Ufer des Dnipro-Flusses.

© dpa/Mstyslav Chernov

Ukraine-Invasion Tag 637: Chaos bei den russischen Einheiten am Dnepr

Wagenknecht ruft zu Friedensdemo in Berlin auf, 16 mutmaßliche Spione in Polen angeklagt, Russland mit Nachschubproblemen in Awdijiwka. Die Lage am Abend.

Der einzige Abschnitt der Front, an dem die Ukrainer in diesem Jahr noch Hoffnung auf einen Erfolg haben können, ist am linken Ufer des Dnepr im Süden des Landes. Seit Monaten kämpfen sich dort mehr und mehr ukrainische Truppen Meter um Meter vom Ufer ins Land.

Die Aufgabe ist gewaltig, gibt es doch in der Gegend keine funktionierenden Brücken mehr. Soldaten, Ausrüstung und Verpflegung muss per Schiff über den Fluss geschafft werden. Schweres Gerät kann praktisch gar nicht übersetzen, Artillerieunterstützung kommt von der rechten Seite des Ufers. Vor diesem Hintergrund ist es auch unwahrscheinlich, dass die Ukraine noch größere Operationen in der Gegend durchführen kann. Erstaunlich ist aber, dass die aktuellen Operationen überhaupt möglich sind und die Russen die Vorstöße nicht aufhalten können. 

Dessen ist sich offensichtlich auch das russische Verteidigungsministerium bewusst und erklärte zu Wochenanfang kurzerhand alle Operationen am Fluss für abgewehrt und gescheitert. Die Verluste der Ukraine seien „kolossal“, behauptete Verteidigungsminister Sergei Schoigu. Wie immer, wenn sich die russische Regierung so entschieden äußert, sind Zweifel angebracht. Und in der Tat kritisieren zum Beispiel russische Militärblogger seit Tagen den Zustand der russischen Truppen am Dnepr, wie der US-Think Tank „Institute for the Study of War“ berichtet (Quelle hier). Sogar Verwundete würden dort in den Kampf geschickt. 

Am Dienstag wurde zudem ein Brief eines russischen Soldaten öffentlich. Dort heißt es, dass es kaum Koordination zur Verteidigung zwischen den Einheiten gebe. Außerdem seien die Ukrainer bei der Zahl der Drohnen an diesem Abschnitt der Front überlegen. Die Unterstützung durch die Mörserguppen und Artillerie sei schlecht. Die Kommandeure würden zu spät über die Lage an der Front informiert und erteilten deshalb falsche Befehle, heißt es weiter.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass die Ukrainer immer mehr Boden gut machen. Ob die schlechte Verfassung der russischen Truppen in den nächsten Wochen für einen Durchbruch reicht, ist aber unklar.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages

  • 10.000 Menschen in Berlin erwartet - Sahra Wagenknecht ruft zu Friedensdemo auf. Vor fast zwei Jahren überfiel Russland die Ukraine. Linke Politiker und Prominente fordern weiterhin Verhandlungen statt Waffenlieferungen und planen abermals eine Großdemonstration. Mehr hier.
  • Russland schickt nach ukrainischen Angaben offenbar weniger Nachschub in die umkämpfte Stadt Awdijiwka. Es gebe weniger Boden- und Luftangriffe auf die Stadt, sagte der ukrainische Militärsprecher Oleksandr Stupun im Staatsfernsehen. „Die Angreifer lassen jedoch nicht von ihrem Plan ab, Awdijiwka einzukreisen. Acht Angriffe wurden heute zurückgeschlagen“. Mehr hier in unserem Newsblog.
  • Der ungarische Regierungschef Viktor Orban will über eine neue Vetodrohung eine Grundsatzdebatte über die Ukraine-Politik der Europäischen Union erzwingen. Solange man keinen Konsens über die zukünftige Strategie im Umgang mit dem von Russland angegriffenen Land gefunden habe, könne es auf Ebene der Staats- und Regierungschef keine Entscheidungen über zusätzliche finanzielle Unterstützung, Sicherheitsgarantien oder den EU-Erweiterungsprozess geben, schreibt Orban in einem Brief, der an EU-Ratspräsident Charles Michel ging und auch an die EU-Partnerländer in Brüssel verteilt wurde. 
  • Die Ukraine hat weitere 1,5 Milliarden Euro von der Europäischen Union erhalten. „Das hilft uns, die ökonomische Stabilität unter Kriegsbedingungen zu wahren“, schrieb Regierungschef Denys Schmyhal am Mittwoch bei Telegram. Insgesamt habe Kiew bereits über 16,5 Milliarden Euro in diesem Jahr von der EU erhalten. Zuvor hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf der Online-Plattform X (ehemals Twitter) über die Zahlung informiert. 
  • Die Schweizer Regierung hat grünes Licht für die Ausfuhr von 25 Leopard-2-Panzern nach Deutschland gegeben. Die Kampfpanzer sollen an den Hersteller Rheinmetall Landsysteme gehen, wie der Bundesrat am Mittwoch mitteilte. Deutschland habe zugesichert, dass die Panzer in Deutschland oder bei Nato- oder EU-Partnern verblieben, um eigene Lücken zu schließen. Mehrere europäische Länder hatten zuvor Panzer an die Ukraine geliefert und damit die eigenen Bestände ausgedünnt. 
  • Die ukrainische Luftabwehr hat nach Angaben des Militärs in der Nacht insgesamt 14 Drohnen der russischen Streitkräfte abgeschossen. Der Angriff habe zwischen 20.00 Uhr abends und 03.00 Uhr in der Nacht über dem Landeszentrum, im Südosten und im Westen stattgefunden. Zudem habe das russische Militär einen X-22-Marschflugkörper vom Südosten aus gestartet. Das Geschoss habe jedoch sein Ziel nicht erreicht, sondern sei auf einem Feld niedergegangen. Berichte über Opfer oder Schäden liegen nicht vor.

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