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Olexander Kamyschin, noch als Chef der ukrainischen Eisenbahn (Archivfoto).

© picture alliance/dpa

Ukraine-Invasion Tag 530: Wie Olexandr Kamyschin die Munitionsproduktion der Ukraine ankurbelt

Ukrainischer Sicherheitsdienst will Anschlag auf Selenskyj verhindert haben, 22 ukrainische Soldaten seien aus der Gefangenschaft freigekommen. Der Überblick am Abend.

Eine Frage, die sich den Ukrainern seit Beginn des Krieges immer wieder stellt, ist die nach der Munition: Reicht sie für die kommenden Wochen und Monate für den Kampf gegen den russischen Angreifer? Das „Wall Street Journal“ hat nun mit dem Mann gesprochen, der dafür zuständig ist, die Produktion in der Ukraine anzukurbeln (Quelle hier) – denn das Land ist diesbezüglich derzeit stark auf das Ausland angewiesen.

Olexandr Kamyschin war bereits zu Beginn des Krieges vielen Menschen auch außerhalb der Ukraine ein Begriff, denn damals leitete er die ukrainische Bahn, die trotz Luftangriffen und maroder Infrastruktur den Betrieb am Laufen hielt. Seit März ist er in neuer Position als Minister für die Industrie tätig. Er steht in engem Austausch mit den Munitionsfabriken, wie er der Zeitung sagt. Sobald die Produktion zurückgehe, erkundige er sich direkt, was schiefgelaufen sei.

Im Juli, so sagt Kamyschin, habe die Ukraine mehr als doppelt so viele Mörser- und Artilleriemunition wie im gesamten Jahr 2022 produziert. Allerdings sei das eher ein Hinweis darauf, wie wenig das Land eigentlich bisher selbst produziert habe. „Ich besteige den Kilimandscharo“, beschreibt Kamyschin seinen Job. „Es ist wie das Ende des ersten Tages.“

Das Problem der Ukraine: Viele der Waffenfabriken, die das Land nach seiner Unabhängigkeit 1991 übernahm, verfielen in den kommenden Jahrzehnten. Laut Kamyschin wurde im Jahr vor dem Angriffskrieg überhaupt keine Munition im Land produziert. Und als er selbst den Job übernahm, sagt er dem „Wall Street Journal“, habe er sich gewundert, dass einige Fabriken nicht rund um die Uhr oder am Wochenende arbeiteten. „Im zweiten Jahr des Krieges sollten alle rund um die Uhr arbeiten“, sagt er.

Eine Hoffnung hat Kamyschin: dass sich weitere ausländische Waffenhersteller entschließen, Werke direkt in der Ukraine zu eröffnen. So hätten mehrere US-Hersteller ihr Interesse bekundet. Das könnte für die Ukraine auch ein wirtschaftlicher Motor nach dem Krieg sein, glaubt er.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • Moskau und Kiew haben von einem neuen ukrainischen Angriff auf zwei Brücken zur Krim berichtet. Laut einer Mitteilung des ukrainischen Militärs im Nachrichtendienst Telegram griffen die ukrainischen Streitkräfte am Sonntag die wichtigen Versorgungsrouten der russischen Besatzer an. Mehr dazu lesen Sie hier.
  • Das US-Institut für Kriegsstudien (ISW) geht davon aus, dass der russischen Armee viel Kampfkraft für Offensiven in Luhansk und Charkiw fehle – da die Truppen in Bachmut beschäftigt seien. Den ukrainischen Soldaten gelinge es weiterhin, russische Truppen in den Großraum zu ziehen und dort festzusetzen. Mehr hier.
  • Der ukrainische Sicherheitsdienst meldet, dass er eine russische Informantin festgenommen habe, die einen Anschlag auf Präsident Wolodymyr Selenskyj geplant haben soll. Darüber berichtet CNN. Die Frau sei nach Mykolajiw gereist, um Informationen zu sammeln, wo sich Selenskyj während seines Besuchs aufhalten würde. Mehr dazu in unserem Newsblog.
  • Über die Situation an der Front in Kupjansk äußern sich die Ukraine und Russland gegensätzlich: Russland behauptet, entlang der Front Geländegewinne verbuchen zu können. Die Ukraine teilt hingegen mit, dass die eigenen Streitkräfte den Vormarsch russischer Truppen etwa in Kupjansk verhindern konnten.
  • Die Putin-Partei „Einiges Russland“ plant die Abhaltung von „Wahlen“ in den besetzten Gebieten in der Ukraine und hat dort bereits Kandidatenlisten dafür aufgesetzt. Die Einwohner:innen der besetzten Gebiete sollen am 10. September zur Wahl auf „allen Ebenen“ aufgerufen werden, schreibt die Partei auf ihrer Website.
  • Der polnische Grenzschutz habe um die Entsendung weiterer Tausend Soldaten an die Grenze mit Belarus gebeten, teilt der stellvertretende Innenminister Maciej Wasik mit. Grund sei die wachsende Zahl an versuchten illegalen Grenzübertritten von Migranten.
  • Am Montag sind 22 ukrainische Soldaten aus russischer Kriegsgefangenschaft freigekommen. Das teilt der ukrainische Geheimdienst auf seinem offiziellen Telegram-Kanal mit. Dem Berater des ukrainischen Präsidenten, Andrij Jermak, zufolge handelt es sich bei den Soldaten um Mitglieder der Vereinigten Streitkräfte.
  • Dem ukrainischen Verteidigungsministerium zufolge haben die russischen Truppen ihr Feuer im Osten der Ukraine intensiviert. Sie versuchten im Gebiet Charkiw, die im vergangenen Herbst verlorenen Stellungen zurückzuerobern, sagte Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar.
  • Nach Angaben der ukrainischen Luftwaffe hat die Ukraine seit Beginn des Angriffskriegs mehr als 3500 Luftziele zerstört. Darunter seien 350 Flugzeuge und Hubschrauber gewesen, 1200 Marschflugkörper, mehr als 2000 Drohnen und 24 ballistische Raketen.
  • Der Europarat hat Russland zum Rückzug aus den georgischen Regionen Abchasien und Südossetien aufgefordert. Die russische Militärpräsenz in den abtrünnigen Kaukasusrepubliken stelle einen eklatanten Verstoß gegen grundlegende Prinzipien und Normen des Völkerrechts dar, erklärte Europarats-Generalsekretärin Marija Pejcinovic Buric.
  • Bei einem russischen Luftangriff auf Cherson in der Nacht wurde eine Frau getötet und mindestens zwölf Personen verletzt. Das teilte die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft auf Telegram mit. Von einer schweren Nacht für Cherson sprach der Militärgouverneur des Gebiets, Olexander Prokudin.
  • Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zeigt sich mit den Verteidigungssystemen Patriot aus den USA und Iris-T aus Deutschland zufrieden. Das seien leistungsstarke und hocheffektive Systeme, sagt Selenskyj in einer Videoansprache. „Sie haben bereits beachtliche Ergebnisse erzielt.“ 

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