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Tschechiens Präsident Petr Pavel und seine Frau Eva Pavlova am ehemaligen Mauerstreifen in Berlin.

© picture alliance/dpa/CTK/Vit Simanek

Tschechiens Präsident warnt vor zu geringer Ukrainehilfe: Kiew bekommt „keine zweite Chance“

Die Rückeroberungen 2023 sind entscheidend für einen Friedensschluss, sagt Petr Pavel beim Antrittsbesuch in Berlin

Das Kriegsgeschehen im laufenden Jahr ist entscheidend für die Chancen auf Frieden in der Ukraine, mahnt Tschechiens neuer Präsident Petr Pavel. „Wenn die Ukraine die von Russland besetzten Gebiete nicht 2023 zurückerobert, bekommt sie vielleicht keine zweite Chance“, sagte der Ex-General bei einem Vortrag für die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) am Dienstag in Berlin. Davor machte er seinen Antrittsbesuch bei Bundespräsident Frank Walter Steinmeier, danach den bei Kanzler Olaf Scholz.

2024 stehen in den USA und anderen westlichen Demokratien Wahlen an. Sie würden sich dann der Innenpolitik zuwenden, erläuterte Pavel. So gesehen „ist die Zeit auf Russlands Seite“.

Umso wichtiger sei es, dass die Ukraine rasch genug militärische Hilfe bekomme: Panzer, schwere Waffen und Raketen mit größerer Reichweite als bisher. „Am meisten fehlt ausreichend Munition“, meinte Pavel.

Am meisten fehlt ausreichend Munition

Kampfjets seien nicht so dringend. Pavel wurde im Jahr des Mauerbaus 1961 geboren und leitete von 2015 bis 2018 den Militärausschuss der Nato.

Tschechiens Präsident forderte Europa auf, seine militärischen Fähigkeiten zu steigern. „Die Produktionskapazitäten für Waffen und Munition sind nicht nachhaltig. Wir sind kaum in der Lage, auch nur eine Brigade rasch von Frankreich ins Baltikum zu verlegen. Es fehlt an Straßen, Schienen, Brücken.“ Der Ruf nach Autonomie von den USA „ist sinnlos, wenn uns die Mittel fehlen.“

Fehler des Westens hätten Russland zum Angriff auf die Ukraine ermuntert, analysierte Pavel. 2008 hätten manche Staaten erst die Erwartung geweckt, dass Georgien und die Ukraine eine Nato-Perspektive erhalten. Doch beim Gipfel sprach sich die Allianz dagegen aus. Nach der Annexion der Krim 2014 habe es keine spürbaren Sanktionen gegeben.

Bei den Vorstellungen von der Zukunft Europas stehe in der Mitte zwischen Morawiecki und Scholz.

Petr Pavel, Tschechiens Präsident.

„Das hat Russland dazu ermuntert, diese Länder als seine Einflusssphäre zu betrachten“, sagte Pavel. „Auf Moskaus Liste stehen weitere Staaten: Moldawien, Georgien, eventuell die Baltischen Staaten.“

Und was ist sein Rezept, wie die EU handlungsfähiger werden kann: durch mehr Integration und qualifizierte Mehrheitsentscheidungen, wie es Kanzler Scholz in seiner Europarede in Prag im August 2022 vorschlug. Oder als Union souveräner Staaten, die Entscheidungskompetenzen von Brüssel zurückerhalten und ein Vetorecht gegen gemeinsame Beschlüsse haben, wie es Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki in seiner Europarede in Heidelberg am Montag skizzierte?

Seine Europavorstellungen seien „in der Mitte zwischen Morawiecki und Scholz“, antwortete Pavel. „Wir brauchen mehr Integration in manchen Feldern. Aber nicht zu viel Druck. Das führt nur zu Gegenwehr. Wir müssen einen Konkurrenzkampf um die Richtung vermeiden. Der schwächt uns. Mehr Flexibilität ist der bessere Weg.“

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