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Viktor Orban ist Ministerpräsident von Ungarn.

© dpa/Georg Hochmuth

Update

Summe niedriger als vorgeschlagen: EU-Staaten einigen sich auf das Einfrieren von Geldern für Ungarn

Reicht es oder reicht es nicht? Bis zuletzt war unklar, ob neben Deutschland noch genügend andere Länder für das Einfrieren von EU-Geldern für Ungarn stimmen. Jetzt gibt es Klarheit.

| Update:

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hat im Kampf gegen den Entzug von EU-Mitteln für sein Land eine große Niederlage erlitten. Wegen der Sorge, dass Gelder in Ungarn wegen unzureichender Korruptionsbekämpfung veruntreut werden, sollen nach einer Mehrheitsentscheidung im Kreis der anderen EU-Staaten bis auf Weiteres 6,3 Milliarden Euro blockiert werden.

Dies teilte die derzeitige tschechische EU-Ratspräsidentschaft in der Nacht zum Dienstag nach einer Sitzung der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten in Brüssel mit. Die nur noch formal zu beschließende Einigung hat historische Dimension, ein solches Vorgehen gegen einen EU-Staat gab es zuvor noch nie.

Die Summe von 6,3 Milliarden Euro liegt um rund 1,2 Milliarden Euro niedriger als von der EU-Kommission vorgeschlagen und von Ländern wie Deutschland gewünscht. Die Einigung gilt aber dennoch als großer Erfolg, da Ungarn nun unter Druck steht, weitere Reformen zur Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit umzusetzen.

Reduziert wurde die Summe, weil mehrere EU-Staaten anerkennen wollten, dass die rechtsnationale Regierung von Orban in den vergangenen Wochen bereits Anstrengungen in diese Richtung unternommen hat. Hintergrund des bislang beispiellosen Vorgehens gegen Ungarn ist die Sorge, dass EU-Gelder in dem Land wegen unzureichender Maßnahmen gegen Korruption nicht ordnungsgemäß verwendet werden.

Die EU-Kommission hatte kurz vor der Einigung eine Empfehlung erneuert, nach der für Ungarn vorgesehene Fördermittel in Höhe von rund 7,5 Milliarden Euro eingefroren werden sollten, bis die rechtsnationale Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban Versprechen zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit komplett umgesetzt hat. Nun sollen es nach einem Kompromiss etwa 6,3 Milliarden Euro werden, weil anerkannt werden soll, dass Ungarn bereits einige von dem Land geforderten Maßnahmen umgesetzt hat.

Notwendig zur endgültigen Annahme des Vorschlags ist eine qualifizierte Mehrheit - das heißt, mindestens 15 der 27 EU-Staaten müssen zustimmen und zusammen mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen. Diese Voraussetzung ist nach der Einigung im Ausschuss der ständigen Vertreter erreicht und soll nun in einem schriftlichen Verfahren bis zum EU-Gipfel am Donnerstag formalisiert werden.

„Hier geht es um unsere Werte, um unsere Rechtsstaatlichkeit als Europäische Union im Ganzen.“

Annalena Baerbock, Außenministerin

Die Bundesregierung hatte bereits in den letzten Tagen ihre Zustimmung zum harten Vorgehen gegen Ungarn signalisiert und sich für das Einfrieren von rund 7,5 Milliarden Euro ausgesprochen.

„Hier geht es um unsere Werte, um unsere Rechtsstaatlichkeit als Europäische Union im Ganzen“, sagte Außenministerin Annalena Baerbock am Rande eines Treffens mit Kolleginnen und Kollegen der anderen EU-Mitgliedstaaten in Brüssel. Als Bundesrepublik unterstütze man „die sehr guten Vorschläge der EU-Kommission“.

Zudem brachten andere EU-Staaten Ungarn am Montagabend dazu, den wochenlangen Widerstand gegen neue Ukraine-Hilfen und eine wichtige Richtlinie zur Umsetzung der internationalen Mindeststeuer für große Unternehmen aufzugeben.

Hintergrund war laut Diplomaten die Drohung von Ländern wie Deutschland, eine Genehmigung des ungarischen Plans zur Verwendung von EU-Corona-Hilfen zu blockieren. Dies hätte zur Folge gehabt, dass am Jahresende 70 Prozent der zur Verfügung stehenden EU-Mittel von 5,8 Milliarden Euro unwiderruflich verfallen.

Mit Spannung werden die weiteren Entwicklungen vor allem deswegen erwartet, weil Ungarn erhebliche Mittel in der Hand hält, um Druck auf die EU auszuüben. So könnte die Regierung in Budapest beispielsweise Entscheidungen blockieren, für die in der EU Einstimmigkeit erforderlich ist. Dagegen spricht, das Ungarn nach Angaben von Diplomaten am Montagabend sogar Zugeständnisse machte und seine Blockade gegen neue Ukraine-Hilfen sowie ein EU-Gesetz zur internationalen Mindeststeuer aufgab. (dpa)

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