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Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) beim 15. Petersberger Klimadialog im Auswärtigen Amt.

© imago/photothek/IMAGO/Thomas Koehler

Steuern für Superreiche gefordert: Baerbock ruft zu breiterer Allianz für Klimafinanzierung auf

Der 15. Petersburger Klimadialog in Berlin soll Schwung in die Klimadiplomatie und -finanzierung bringen. In den Fokus gerät dabei vor allem der private Sektor.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat auf dem Petersberger Klimadialog in Berlin zu einer breiten Allianz für Klimaschutz und Klimafinanzierung aufgerufen. „Wir brauchen alle Mann an Deck“, um die großen Herausforderungen zu bewältigen, sagte Baerbock in ihrer Rede am Donnerstag zum Auftakt der zweitägigen Beratungen. Dazu gehöre bei der Finanzierung auch eine stärkere Einbeziehung des privaten Sektors.

Der Klimadialog in Berlin soll Schwung in die internationale Klimadiplomatie bringen. Hochrangige Vertreterinnen und Vertreter aus etwa 40 Staaten wollen bei dem Treffen in Berlin die Weichenstellungen für die UN-Klimakonferenz (COP29) im November in Aserbaidschans Hauptstadt Baku vornehmen.

Baerbock verwies in ihrer Rede auf 2023 bei der UN-Klimakonferenz in Dubai erreichte Erfolge. Besonders erwähnte sie den Beschluss im vergangenen Jahr zur Abkehr von fossilen Energieträgern zur Verdreifachung des Ausbaus erneuerbarer Energieträger bis 2030 und zur Verdopplung der Fortschritte für mehr Energieeffizienz sowie die Errichtung eines internationalen Fonds für klimabedingte Schäden in Entwicklungsländern (Loss and Damage).

Jetzt gehe es darum, alle Beschlüsse in tatsächliches Handeln umzusetzen, betonte die Außenministerin. „Es war noch nie einfach“, rief sie dazu auf, Hindernisse zu überwinden. Notwendig sei ein breites Bündnis, um das Ziel noch zu erreichen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen.

Mit Blick auf die Klimafinanzierung bekräftigte Baerbock die deutsche Verpflichtung, sechs Milliarden Euro pro Jahr dafür aus staatlichen Mitteln beizusteuern. „Wir haben unsere Versprechen gehalten und wir werden sie weiterhin halten“, stellte sie ungeachtet knapper Haushaltsmittel klar. Die Ministerin äußerte die Erwartung, dass auch „andere Industriestaaten hier mitmachen“.

Allerdings würden insgesamt öffentliche Gelder nicht ausreichen, um weltweit hinreichend Mittel zusammenzubekommen, sagte Baerbock. Mitwirken müssten daher auch private Investoren und internationale Institutionen. Sie bezifferte den weltweiten Finanzbedarf auf fünf Billionen Dollar, davon zwei Billionen Dollar für Entwicklungsländer.

Baerbock verwies auf „verheerende Folgen“ der Erderwärmung wie Dürren, aber auch Starkregen in unterschiedlichen Regionen der Erde. Um damit umzugehen, seien weiterhin an erster Stelle die Industriestaaten gefordert, in zunehmendem Maße aber auch die Schwellenländer, deren Anteil an der Weltwirtschaft immer weiter zunehme.

Nach Baerbock sprach der aserbaidschanische Umweltminister und designierte COP-Präsident Muchtar Babajew. Am Freitag werden auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Aserbaidschans Präsident Ilham Alijew am Klimadialog teilnehmen. Weitere teilnehmende Staaten sind unter anderem die USA, China, Brasilien und die Vereinigten Arabischen Emirate, das Gastgeberland der UN-Klimakonferenz 2023.

Die deutsche Regierungsbeauftragte für internationale Klimapolitik, Jennifer Morgan, sagte vor dem Treffen, es gebe noch Chancen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. „Die gute Nachricht ist: Wir können es noch schaffen und haben auch alle notwendigen Mittel und Technologien dafür“, sagte sie der „Rheinischen Post“ und dem „General-Anzeiger“. Hier seien besonders die Staaten der Gruppe der G20 in der Pflicht, „die für über 80 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich sind“.

Und das gilt vor allem für Superreiche. Zur Bekämpfung von Armut und Klimawandel fordern Regierungsmitglieder aus mehreren Ländern deshalb eine globale Steuer auf Milliardenvermögen. Es sei an der Zeit, dass die internationale Gemeinschaft der hohen Ungleichheit den Kampf ansage, schreiben Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) und Politikerinnen und Politiker aus Spanien, Brasilien und Südafrika in einem Gastbeitrag für das Magazin „Der Spiegel“, der am Donnerstag veröffentlicht wurde. Denn die Kluft zwischen Arm und Reich erschwere die Lösung weltweiter Probleme und zersetze die Demokratie.

Dies zeigt sich Schulze zufolge auch bei der Klimakrise. „Milliardäre haben zwar den größten CO2-Fußabdruck, tragen aber noch viel zu wenig zur Lösung bei“, erklärte die Ministerin vor dem Auftakt des Petersberger Klimadialogs in Berlin. „Öffentliche Mittel allein werden niemals reichen, um den Bedarf an Klima-Investitionen zu decken.“ Sie unterstütze deshalb die Initiative der brasilianischen G20-Präsidentschaft für eine Superreichen-Steuer.

Die Steuerpolitik sei eines der wirkungsvollsten Instrumente gegen Ungleichheit, schreiben Schulze sowie die Finanzminister aus Brasilien und Südafrika, Fernando Haddad und Enoch Godongwana, die spanische Finanzministerin Maria Jesús Montero und ihr Kabinettskollege, Wirtschaftsminister Carlos Cuerpo. Sie könne sicherstellen, dass alle Menschen ihren finanziellen Möglichkeiten entsprechend zum Gemeinwahl beitragen.

Demnach gibt es derzeit weltweit etwa 3.000 Milliardäre. Denkbar sei eine Superreichen-Steuer als Mindestabgabe von zwei Prozent auf das Vermögen für Milliardäre, die Einkommenssteuern umgehen, schreiben die Autorinnen und Autoren. Denn bestehende Steuerprivilegien führten dazu, dass Superreiche ihre Einkommenssteuern minimieren könnten. „Globale Milliardäre zahlen umgerechnet nur bis zu 0,5 Prozent ihres Vermögens an privater Einkommensteuer.“ Eine globale Steuer für Milliardäre könnte Schätzungen zufolge zusätzliche 250 Milliarden US-Dollar jährlich generieren.

Um ein Ausweichen der Milliardäre auf Länder mit niedrigen Steuersätzen zu verhindern, brauche es für den Vorstoß eine internationale Zusammenarbeit, wie im Rahmen der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20), hieß es im Beitrag. Eine solche Zusammenarbeit sei bereits einmal mit der globalen Mindeststeuer für multinationale Unternehmen gelungen. (AFP, epd)

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