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 Itamar Ben-Gvir (M), religiös-extremistischer Minister für Nationale Sicherheit von Israel, nimmt an der Flaggenparade anlässlich des Jerusalem-Tags teil, an dem israelische Nationalisten jedes Jahr die Eroberung Ost-Jerusalems nach dem Sechstagekrieg von 1967 feiern.

© dpa/Ilia Yefimovich

Sorge um Israels Jerusalem-Politik: USA warnen vor „Politisierung“ der heiligen Stätten

USA kritisieren Besuch des national-extremistischen Polizeiministers Ben Gvir als „Provokation. Auch christliche Kirchen klagen über Einschränkungen.

International herrscht Sorge über die Jerusalem-Politik der israelischen Regierung. Zuletzt zeigten sich die USA haben „besorgt“ über den „provokativen Besuch“ des rechtsextremen israelischen Sicherheitsministers Itamar Ben Gvir auf dem Tempelberg in Jerusalem.  „Dieser heilige Ort sollte nicht für politische Zwecke genutzt werden“, erklärte US-Außenamtssprecher Matthew Miller am Sonntag.

Bereits im April hatte der Sonderkoordinator der Vereinten Nationen für den Nahost-Friedensprozess, der Norweger Tor Wennesland, vor dem Sicherheitsrat die Einhaltung des Status Quo für die heiligen Stätten Jerusalems gefordert. Damit reagierte er damals auf das Eindringen israelischen Polizei auf den Tempelberg.

Der radikale Minister Ben Gvir hatte am Sonntag erneut das Hochplateau besucht, auf dem sich die Al Aqsa-Moschee und der Felsendom befinden. Dabei hatte er die Arbeit der israelischen Polizei gelobt, die zeige, „wer in Jerusalem der Hausherr ist“.

Symbolisch: Kabinettssitzung unterhalb der Klagemauer

Beobachter gehen davon aus, dass der Zeitpunkt in Zusammenhang mit dem umstrittenen Marsch von Ultranationalisten durch die Altstadt von Jerusalem am sogenannten Jerusalem-Tag am Donnerstag stand. Sie feiern damit die Einnahme Ost-Jerusalems durch die israelische Armee im Sechs-Tage-Krieg 1967.  

Später am Sonntag hielt zudem die israelische Regierung eine Kabinettssitzung in den unterirdischen Gängen unterhalb der Klagemauer ab. „Jerusalem ist unser, für immer vereint!“ schrieb Regierungschef Benjamin Netanjahu danach auf Facebook, wo er Fotos von der Kabinettssitzung veröffentlichte.

Zuvor hatten das jordanische Außenministerium und die Palästinenserbehörde den Besuch des rechtsextremen Ministers als gefährliche Provokation verurteilt. Kritik kam auch von Saudi-Arabien und Ägypten.

Israelische Polizei auf dem Hochplateau mit dem Felsendom im Hintergrund.

© REUTERS/SINAN ABU MAYZER

Der Tempelberg hat in dem komplexen Konflikt sowohl religiöse als nationale Bedeutung. Er ist für Muslime der drittheiligste Ort nach Mekka und Medina. Er gilt auch den Juden als heilig, weil hier einst zwei jüdische Tempel gestanden haben.

Regierung will fragilen Status Quo verändern

Der Modus Vivendi seit der israelischen Besatzung 1967 stellt den Tempelberg unter muslimische Verwaltung. Jordanien ist Hüter der heiligen Stätten des Islams in Jerusalem. Israel hat die Sicherheitskontrolle und kontrolliert alle Zugänge. Juden beten seither an der nahegelegenen Klagemauer.

Doch die religiös extremistischen Parteien in der Koalitionsregierung drängen darauf, den fragilen Status Quo umzustoßen und den Tempelberg mit den muslimischen Gebetsstäten stärker für jüdische Gläubige zu öffnen. Da die Al Aqsa-Moschee auch ein Symbol des palästinensischen Nationalismus ist, ist eine weitere Vereinnahmung durch Israel extrem heikel.

Ben Gvir hat klare Agenda

Zumal der radikale Siedler und wegen Rassismus verurteilte Ben Gvir eine klare Agenda hat und die gesamte besetzte Westbank annektieren will. Ost-Jerusalem hatte Israel bereits 1980 völkerrechtswidrig annektiert.

Die EU hatten kürzlich einen Empfang abgesagt, bei dem Ben Gvir die israelische Regierung vertreten sollte. Man wolle „niemandem eine Plattform bieten, dessen Ansichten den Werten widersprechen, für die die Europäische Union steht“, hieß es auf Twitter.

Grabeskirche in Jerusalem.

© dpa/Ilia Yefimovich

Doch nicht nur Palästinenser und Muslime sind alarmiert, auch die christlichen Kirchen klagen seit längerem über Gängeleien und Diskriminierung in Jerusalem. Zum zweiten Mal in Folge schränkte die Jerusalemer Polizei in diesem Jahr den Zugang zur Grabeskirche beim orthodoxen Osterfest stark ein.

Während in den Jahren zuvor zehntausende Christen zur Entzündung des heiligen Osterfeuers am sogenannten leeren Grab kamen, durften letztes und dieses Jahr nur etwa 1500 Gäste die Kirche betreten. Die israelischen Behörden beriefen sich auf den Brandschutz.   

Wir haben keinen direkten Kontakt mehr zu den oberen Stellen in der israelischen Verwaltung.

Pater Matheios, Protokollchef im griechisch-orthodoxen Patriarchat 

Das griechisch-orthodoxe Patriarchat kritisierte, die Religionsfreiheit tausender Christinnen und Christen würde auf diese Weise unangemessen eingeschränkt. Allerdings gebe es „keine direkten Kontakte mehr zu den oberen Stellen in der israelischen Verwaltung, über die wir früher solche Fragen einvernehmlich klären konnten“, sagt Pater Matheios, Protokollchef im griechisch-orthodoxen Patriarchat und zuständig für die Zusammenarbeit mit der Jerusalemer Stadtverwaltung. (mit AFP)

Die USA bezogen außerdem deutlich Position gegen die nachträgliche Genehmigung jüdischer Siedlungen im Westjordanland durch die israelische Regierung.

»Wir sind zutiefst beunruhigt über die Anordnung der israelischen Regierung, die es ihren Bürgern erlaubt, sich dauerhaft im Homesh-Außenposten im nördlichen Westjordanland niederzulassen«, teilte das US-Außenministerium am Sonntag.

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