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Der russische Präsident Wladimir Putin in einem Vorgängermodell seines gepanzerten Zuges im Jahr 2012.

© imago/ITAR-TASS/Uncredited

Russischer „Trainspotter“ auf der Flucht: Dieser Mann entdeckte Putins geheimen Zug – und lebt jetzt in Angst vor den Folgen

Seit seiner Kindheit fotografiert Mikhail Korotkov Züge. Zufällig stieß er auf die Geheimwaggons von Präsident Wladimir Putin – und geriet ins Blickfeld russischer Sicherheitsbehörden.

Von Leah Nowak

Es ist kein Geheimnis, dass Wladimir Putin in Sachen Sicherheit stets akribische Vorsicht walten lässt. Bei der Verbreitung von Informationen über seinen aktuellen Verbleib oder sein Privatleben überlässt der russische Präsident ungern etwas dem Zufall. So ist es nicht verwunderlich, dass Putin auch bei Reisen eher unbemerkt unterwegs sein will.

Im Fall von Putins Bahnreisen kam ihm der Hobbyfotograf und Eisenbahnenthusiast Mikhail Korotkov dazwischen. Über die besondere Obsession des 31-Jährigen „Trainspotters“ berichtet die „Washington Post“. Korotkov habe sich der Beobachtung eines ungewöhnlichen Zuges auf Russlands Schienen verschrieben, heißt es in dem Bericht. Gegenstand seiner Wissbegier war der gepanzerte Sonderzug des russischen Präsidenten.

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Vor einigen Wochen berichteten unterschiedliche Medien über den Präsidentenzug. Aufhänger war ein Artikel der oppositionellen, in London ansässigen russischen Nachrichtenseite „Dossier Center“, der beschrieb, wie der russische Präsident seit Beginn des Angriffskrieges vermehrt mit dem Zug reist. Wohl aus Sorge vor Anschlägen verzichte Putin bewusst auf Flugreisen, heißt es in dem Bericht. Aufnahmen von dem Zug gebe es kaum. Auch wenn die Existenz des Zuges kein Geheimnis sei, werde er vor der Öffentlichkeit möglichst verborgen.

Der russische Präsident Wladimir Putin bei einem Treffen zur Entwicklung des Schienenverkehrs in einem Zug auf dem Moskauer Kleinbahnring im Jahr 2012.

© imago stock&people

Während sich der Zug optisch kaum von den Zügen der russischen Eisenbahn unterscheide - graue Farbe mit einem roten Streifen an der Seite - biete das Gefährt zwei entscheidende Vorteile, schrieb das „Dossier Center“. Zum einen sei der Zug gepanzert. Zum anderen habe er immer Vorfahrt und sei mit Höchstgeschwindigkeit unterwegs gewesen. Diese Beobachtung teilte auch Koroktov 2021 auf seinem Blog mit. Auch er schreibt, dass die Nutzung des Zuges zu Beginn des Ukraine-Krieges zugenommen habe.

Korotkovs Liebe zu Zügen begann früh

Während die zunehmenden Fahrten den Zug auch in den Fokus russischer investigativer Medien rückten, liegt Korotkovs Wissbegier laut eigener Aussage kein politisches Interesse zugrunde.

Seine Leidenschaft für Züge und Lokomotiven habe bereits in Kindheitstagen begonnen. Wie er der „Post“ sagte, habe er in seinem zweiten Studienjahr mit seinem Trainspotting-Blog „On railways with love“ begonnen. Zu diesem Zeitpunkt habe er nicht mal einen Computer besessen. 2018 stellte Korotkow dann als erster ein Foto des geheimnisvollen Präsidentenzuges online.

Die Verfolgung des Sonderzugs mit seinem geheimen Fahrplan, stets abgedeckten Fenstern und nicht identifizierbaren Loknummern barg eine besondere Faszination für Korotkov. Für ihn sei der Zug wie eine „unheimliche Geisterbahn“, sagte der Zug-Enthusiast der „Post“. Über Jahre hinweg sei er sehr vertieft in sein Hobby gewesen und habe versucht „wirklich seltene Bilder zu bekommen“, erzählte Korotkov in einem Interview einmal. Zu keiner Zeit habe er an die Konsequenzen gedacht.

Um dennoch nicht zu viel Aufsehen zu erregen, habe er nur wenige Bilder online gestellt, berichtet Korotkov der „Post“. Trotzdem geriet er ins Blickfeld russischer Sicherheitsdienste. Im Mai 2021 tauchten auf der Youtube-Seite Korotkovs ungewöhnliche Kommentare auf - Wort-für-Wort Zitate privater Konversationen mit seinem Freund und Kollegen sowie Details weiterer Gespräche.

Er musste die Aufmerksamkeit des föderalen Sicherheitsdienstes auf sich gezogen haben, sagte er im Interview mit der „Post“. Er habe die Nachrichten als eindeutige Warnsignale verstanden, was ihn erstmals ernsthaft um seine Sicherheit bangen ließ.

Mit Ausbruch des Krieges wuchsen die Sorgen weiter. Während er sich zuvor mit Hingabe seinen Blogeinträgen gewidmet hatte, bereitete ihm die Angst um seine persönliche Sicherheit schlaflose Nächte. Laut dem Bericht setzten ihm die ständige Ungewissheit und Sorge, seine Trainspotting-Beiträge könnten ihn wegen Sabotage oder Terrorismus ins Gefängnis bringen so sehr zu, dass Korotkov seinen Blog im März einstellte.

Korotkov floh nach der russischen Mobilmachung im September 2022 nach Kasachstan. Sein Weg führte ihn dann weiter nach Indien, mittlerweile wohnt er der Nähe eines Strandes auf Sri Lanka. Heute beobachte er Flugzeuge, sagte Korotkov der „Post“.

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