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Seit Wochen gehen die Franzosen gegen die Rentenreform auf die Straße.

© AFP/ALAIN JOCARD

Update

154 Beamte verletzt und 111 Festnahmen : Erneut Proteste gegen Rentenreform in Frankreich

In Paris, Lyon und Nantes kam es teils zu Ausschreitungen. Zuvor war ein Schlichtungsgespräch zwischen Regierung und Gewerkschaften gescheitert.

| Update:

Einen Tag nach dem erfolglosen Gespräch zwischen Frankreichs Regierung und den Gewerkschaften im Rentenstreit sind Hunderttausende Menschen zum Protest auf die Straße gegangen. Am Donnerstagnachmittag kam es in Paris, Lyon und Nantes zu einzelnen Ausschreitungen.

Nach Angaben der Behörden beteiligten sich 570.000 Menschen an Demonstrationszügen gegen die schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre. In der vergangenen Woche waren es nach Angaben des Innenministeriums 740.000. Die Gewerkschaften sprachen am Donnerstag von knapp zwei Millionen Teilnehmern.

Nach Angaben von Innenminister Gérald Darmanin wurden 154 Polizisten verletzt. Unter ihnen seien einige Schwerverletzte, teilte der Minister am Donnerstagabend mit. Außerdem habe es landesweit bislang 111 Festnahmen gegeben

Berichten zufolge versperrten Demonstrantinnen und Demonstranten den Zugang zu einem Teil des Pariser Flughafens Charles de Gaulle. Blockaden gab es auch an Straßen und verschiedenen Hochschulen im Land. In Lyon wurden Medienberichten zufolge Läden beschädigt. In Nantes habe die Polizei bei Zusammenstößen Tränengas eingesetzt. Auch in Rennes sei die Stimmung angespannt gewesen. In Paris drangen Demonstranten in eine Bankfiliale ein.

Noch bevor der Demonstrationszug in Paris losging, drangen Gegner der Rentenreform in ein Firmengebäude ein. Auf Videos war zu sehen, wie sie bengalische Feuer zündeten und Sprechchöre sangen. „Es braucht Geld, um unser Rentensystem zu finanzieren. Hier gibt es welches“, rief ein Sprecher der Eisenbahner-Gewerkschaft CGT Cheminots der Zeitung „Le Parisien“ zufolge ins Megafon. „Anstatt zwei Lebensjahre von den Arbeitnehmern zu nehmen, sollte Macron es hier suchen.“

In dem Gebäude sitzt auch der US-Vermögensverwalter Blackrock. In Macrons erster Amtszeit war Blackrock während der Streiks und Proteste gegen die damals geplante Rentenreform zu einer Art Feindbild geworden. Bei den aktuellen Protesten hat Blackrock bisher hingegen keine Rolle gespielt.

Gewerkschaften und große Teile der Opposition lehnen Rentenreform ab

Die umstrittene Rentenreform von Präsident Emmanuel Macron ist mittlerweile beschlossen. Er und die Mitte-Regierung wollen damit ein Loch in der Rentenkasse verhindern. Die Gewerkschaften und große Teile der Opposition lehnen die Reform als unfair ab.

Derzeit liegt das Renteneintrittsalter in Frankreich bei 62 Jahren. Tatsächlich beginnt der Ruhestand im Schnitt aber später: Wer für eine volle Rente nicht lange genug eingezahlt hat, arbeitet länger. Mit 67 gibt es dann unabhängig von der Einzahldauer Rente ohne Abschlag - dies will die Regierung beibehalten, auch wenn die Zahl der nötigen Einzahljahre für eine volle Rente schneller steigen soll. Die monatliche Mindestrente will sie auf etwa 1200 Euro hochsetzen.

Im Streit um die Reform hatte Frankreichs Regierungschefin Élisabeth Borne die Gewerkschaften am Mittwoch getroffen. Diese erklärten die Gespräche später für gescheitert. Ihrer Forderung, die Reform zurückzunehmen, kam Borne nicht nach. Vielmehr möchte die Regierung mit den Gewerkschaften andere Themen der Arbeitswelt bereden.

Noch ist die Rentenreform nicht in Kraft getreten. Macron will, dass dies bis zum Jahresende geschieht. Derzeit wird das Vorhaben vom Verfassungsrat geprüft. Abgeordnete, Senatoren und auch Borne hatten die Instanz angerufen, um den Text unter die Lupe zu nehmen und das Vorgehen der Regierung zu prüfen.

Teile der Opposition bemängelten, dass die Regierung die Reform in einem Haushaltstext verpackte und im beschleunigten Verfahren durchs Parlament schickte. Der Verfassungsrat kann die Reform in Teilen oder vollständig kippen oder für verfassungskonform erklären. Kommende Woche Freitag will er seine Entscheidung bekannt geben. Für den Donnerstag davor riefen die Gewerkschaften nun zu erneuten Protesten auf. (dpa)

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