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Regierungsgreise: Brasiliens Präsident Lula, Ghanas Staatschef Akufo-Addo und Wajed, Premierministerin von Bangladesh.

© Montage: Tagesspiegel | AFP, imago(2)

Die Regierungsgreise: Joe Biden ist mit seinen 80 Jahren in guter Gesellschaft

Mit der erneuten Kandidatur von Joe Biden ist eine Diskussion um das Alter von Regierungschefs entbrannt. Dabei ist er nicht der einzige, der in seinem Alter noch regiert.

Mit 80 zu alt für die Macht? Nachdem US-Präsident Joe Biden in dieser Woche seine erneute Kandidatur für das Amt verkündet hat, wird diese Frage in den USA, aber auch in Europa groß diskutiert. In anderen Teilen der Welt spielt sie deutlich weniger eine Rolle.

Alte Menschen an der Staats- oder Regierungsspitze sind dabei keineswegs das Vorrecht absolutistischer Erbmonarchien – die saudischen Könige der letzten Jahrzehnte waren bei ihrer Thronbesteigung ausnahmslos um die 80 – oder Pseudodemokratien wie Kamerun, wo Paul Biya (90) seit 40 Jahren herrscht. Drei Beispiele.


Akufo-Addo (79) in Ghana

Mit einem Alter von 79 Jahren ist Ghanas Regierungschef Nana Akufo-Addo (Jg. 1944) nur zwei Jahre jünger als US-Präsident Biden. Er ist seit den Wahlen 2017 im Amt; zuvor war er Außen- und Justizminister und als Attorney General oberster Rechtsberater der Regierung.

Ghanas Präsident Nana Akufo-Addo mit der amerikanischen Vize-Präsidentin Kamala Harris.
Ghanas Präsident Nana Akufo-Addo mit der amerikanischen Vize-Präsidentin Kamala Harris.

© AFP/Nipah Dennis

Mit Anfang 30 führte der Jurist die „Volksbewegung für Freiheit und Gerechtigkeit“ an, die mithilfe eines Referendums letztlich den Sturz der Militärregierung Acheampong 1978 auslöste. Als Regimekritiker musste er danach kurzzeitig ins Exil nach Europa gehen, kehrte aber später als Politiker zurück.

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© Rita Boettcher

Akufo-Addo kommt aus einer einflussreichen Familie: Sein Vater war Oberster Richter und ebenfalls Präsident. Seine Mutter war die Tochter von König Ofori Atta I. von Akyem Abuakwa. Ihr Bruder und somit der Onkel des Präsidenten, William Ofori-Atta, kämpfte für die Unabhängig des Landes und wurde später Außenminister.


Lula (77) in Brasilien

Auch Luiz Inácio Lula da Silva (Jg. 1945) gehört zu den Betagteren der weltweiten Regierungschefs.

Lula, wie der 77-Jährige meistens nur kurz genannt wird, regierte Brasilien schon von 2003 bis 2011, wurde vergangenes Jahr wiedergewählt und am 1. Januar 2023 vereidigt. Im Wahlkampf setzte er sich gegen den rechtsextremen Kandidaten und damals amtierenden Präsidenten Jair Bolsonaro durch.

Brasiliens Präsident Lula da Silva zu Besuch in Peking bei seinem chinesischen Amtskollegen Xi Jinping.
Brasiliens Präsident Lula da Silva zu Besuch in Peking bei seinem chinesischen Amtskollegen Xi Jinping.

© Reuters/Brazil Presidency/Ricardo Stuckert

Lula will – nach Jahren der Isolation unter seinem Vorgänger – sein Land international wieder bedeutsam machen, innerhalb der aufstrebenden Brics-Staaten positionieren. Er erhofft sich, eine starke Rolle neben China einnehmen zu können. Er setzt sich auch für den Schutz des Regenwaldes ein, der unter Bolsonaro verstärkt abgeholzt worden war.

Im März musste Lula eine Reise nach China verschieben, weil er an einer Lungenentzündung erkrankt war. Er holte diese aber nur knapp zwei Wochen später nach.


Hasina Wajed (76) in Bangladesch

Sheikh Hasina Wajed (Jg 1947), mit inzwischen 76 Jahren noch Premierministerin, wurde praktisch in die Politik hineingeboren. Ihr Vater Sheikh Mujibur Rahman war die zentrale Figur der Staatsgründung. Bangladesch entstand 1971 durch die Abspaltung von Pakistan.

In ihrer vierten Amtszeit: Sheikh Hasina Wajed, Premierministerin von Bangladesch.
In ihrer vierten Amtszeit: Sheikh Hasina Wajed, Premierministerin von Bangladesch.

© AFP/Kimimasa Mayama

1975 wurden ihr Vater, damals Präsident des jungen Staates, ihre Mutter und drei Brüder von putschenden Militärs ermordet. Sie selbst, die zum Zeitpunkt der Taten in Deutschland war, rückte an die Spitze der Partei ihres Vaters.

Ihren eigenen politischen Weg begann Hasina als engagierte Anwältin von Bürgerrechten und Demokratie.

Nach der Rückkehr aus sechs Jahren Exil 1981 prangerte sie die Gewaltherrschaft der Militärs an; sie hatte wesentlichen Anteil daran, dass 1990 der letzte der uniformierten Diktatoren gehen musste.

Dass verschiedene Demokratie-Indizes ihr Land heute nur noch als eingeschränkt demokratisch einstufen, hat ebenfalls mit Hasina zu tun, die 2018 ihre vierte Amtszeit antrat.

Unter Hasina wurden Oppositionelle verfolgt und getötet und die Medienfreiheit beschränkt. 2017 nahm Bangladesch, lange eines der ärmsten Länder der Welt, aber auch 700.000 muslimische Rohingya auf, die dem Genozid im benachbarten Myanmar entkommen konnten.

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