zum Hauptinhalt
Französische und Bundesregierung wollen neue Wege einschlagen und sich besser vertragen.

© dpa/Michael Kappeler

Paris und Berlin planen Teambuilding: Therapeutisches Wandern statt Kommuniqués

Eine Kabinetts-Klausur im neuen Format soll die kriselnden deutsch-französischen Beziehungen beleben: Informell, mit mehr Freizeitaktivitäten. Im Gleichschritt, marsch?

Eine Glosse von Andrea Nüsse

Irgendwie läuft es nicht zwischen Deutschland und Frankreich. Ob es an den so unterschiedlichen Persönlichkeiten des französischen Präsidenten und des deutschen Bundeskanzlers liegt? Am mangelnden deutschen Interesse an dem manchmal eigenwilligen Nachbarn?  

Offenkundig war der desolate Zustand der politischen Beziehungen mit der Absage des gemeinsamen Ministerrates im Herbst 2022 geworden: Zu viel offener Dissens.

Und dann hatten auch noch vier deutsche Minister keine Zeit für den Trip nach Fontainebleau. Immerhin: Der 60. Jahrestag des Élysée-Vertrages im Januar wurde gesichtswahrend über die Bühne gebracht.  

Über Steine statt Politik stolpern

Aber nun ein Neustart, im neuen Format: Eine gemeinsame Klausur der Minister und Ministerinnen, über mehr als einen Tag – informell soll es zugehen, ohne Kommuniqués, dafür gemeinsames Wandern. So berichtet die „Süddeutsche Zeitung“ unter Berufung auf Regierungskreise.  

Schon sieht man die Minister schnaufend im Gelände, eher über einen Stein stolpernd als über die unterschiedlichen Haltungen zum Umgang mit China. Vielleicht kann der überraschende Blick auf ein Reh oder einen Reiher hier Wunder bewirken?

Und wie erst ein orientierungsloses Verlaufen die Gruppe zusammenfinden lässt! Aber halt, so weit wird es vermutlich nicht kommen. Sicherheitsleute im Unterholz werden den Trupp geräuschlos absichern, oder? 

Im Herbst soll es losgehen, gute Jahreszeit… Schloss Meseberg bietet sich an – Wald und Wasser vorhanden – wenn auch eher Kiefern auf Sandboden als der auch in Frankreich legendäre deutsche Wald. Aber zwanglos näherkommen kann man sich beim Laufen um den Huwenowsee sicher wunderbar.   

Feminismus zwischen Playboy-Cover und Außenpolitik

Und für Themen abseits der Weltpolitik haben französische Minister ja zuletzt steile Vorlagen geliefert: Annalena Baerbock und die französische Staatsministerin für Staatsbürgerschaft, Marlène Schiappa , können sich über ihren Feminismusbegriff austauschen: Die Deutsche will feministische Außenpolitik machen, die Französin hat ihren kürzlichen Auftritt auf dem Cover des „Playboy“ als feministischen Akt deklariert.  

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Und auch die beiden Wirtschaftsminister sind schon gesetzt als Wanderpaar – denn sie können sich als Schriftsteller aus dem Stehgreif über Literatur austauschen.

Der Wirtschaftsminister Bruno Le Maire vor dem Messestand des renommierten Galliard-Verlags, der seine Romane publiziert (Archivbild).
Der Wirtschaftsminister Bruno Le Maire vor dem Messestand des renommierten Galliard-Verlags, der seine Romane publiziert (Archivbild).

© imago stock&people

Bruno Le Maire hat gerade seinen zweiten Roman veröffentlicht, „Fugue américaine“ („Amerikanische Fuge“ oder „Amerikanische Flucht“), in dem ein Brüderpaar auf den Spuren des Pianisten Wladimir Horowitz wandelt. Habeck und seine Frau Andrea Paluch haben Kinder- und Jugendbücher geschrieben, Habeck auch englische Lyrik übersetzt. 

Nun haben bei Le Maires Roman vor allem die erotischen Szenen viel Wirbel ausgelöst – da weiß der Jugendbuchautor Habeck vielleicht keinen Rat.

Robert Habeck bei der Vorstellung seines Buch „Unter dem Gully liegt das Meer“ im Jahr 2007.
Robert Habeck bei der Vorstellung seines Buch „Unter dem Gully liegt das Meer“ im Jahr 2007.

© dpa/Horst Pfeiffer

Sollte es hier nicht funken, dann spätestens beim Dichter Paul Celan, dessen Gedichte und Werke Habeck zu den für ihn wichtigsten Literaturwerken zählt – und dessen Wahlheimat Frankreich war.  

Mit Rudern kann Scholz nicht punkten

Schwieriger wird es bei Bundeskanzler Scholz, er gibt auf seiner SPD-Webseite vor allem sportliche Interessen an – Wandern und Rudern. Damit kann er bei Premierministerin Elisabeth Borne wohl eher weniger punkten.

Aber sie muss beim Teambuilding halt mitmachen. Zur Vorbereitung könnte Scholz ja ein Werk ihres Lieblingsschriftstellers lesen: des Journalisten und Autors Sorj Chalandon, von dem zwei Werke bei dtv erschienen sind.  

Ein Selbstläufer ist die geplante Wanderung des deutsch-französischen politischen Spitzenpersonals nicht. Aber die bisher freudlosen, blutarmen Beziehungen beleben wird sie sicher.     

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false