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Ein Wehrpflichtiger wird medizinisch untersucht.

© ITAR-TASS/IMAGO/Sergei Malgavko

Neue Mobilmachung für den Krieg?: Russen können jetzt leichter zum Militärdienst eingezogen werden

Wehrpflichtige in Russland werden künftig elektronisch erfasst. Dadurch können Männer vor einer Einberufung nicht mehr fliehen. So wie im September 2022 geschehen.

Nach Problemen bei der Teilmobilmachung für Russlands Krieg gegen die Ukraine können Männer in dem Riesenreich künftig deutlich leichter zum Militärdienst eingezogen werden als bisher. Die Einberufungsbescheide müssen nun nicht mehr persönlich überreicht werden, sondern können auf elektronischem Weg über das staatliche Serviceportal „Gosuslugi“ zugestellt werden, entschieden die Abgeordneten der Staatsduma am Dienstag.

Die Änderungen wurden in einer Blitzabstimmung verabschiedet, obwohl einige Abgeordnete beklagten, sie hätten keine Zeit gehabt, das Gesetz zu lesen.

Nachdem die zweite und dritte Lesung an einem Tag durchgezogen wurden, gilt die Unterschrift von Präsident Wladimir Putin als Formsache.

Durch die Änderungen ist ein Wehrpflichtiger elektronisch erfasst, und er kann bis zur Vorstellung bei der Einberufungsstelle etwa das Land nicht mehr verlassen. Im September waren bei der teils chaotisch organisierten Teilmobilmachung Hunderttausende Männer geflohen.

Das neue Digitalregister enthält die Passdaten, Steuernummer und Rentenversicherungsausweis, Angaben zum Führerschein, die Telefonnummer sowie Meldeanschrift und eventuelle Vorstrafen.

Es wird in Russland befürchtet, dass mit den Änderungen und deutlichen Verschärfungen eine neue Mobilmachung für den Krieg vorbereitet wird. Kremlsprecher Dmitri Peskow wies das zurück. Er begründete die Initiative mit einer allgemeinen Digitalisierung des Lebens.

Künftig gelte eine Vorladung zum Kreiswehrersatzamt als übermittelt, wenn sie online im staatlichen Serviceportal auf dem Benutzerkonto des Wehrpflichtigen eingehe, sagte der Chef des Verteidigungsausschusses, Andrej Kartapolow. Bislang musste die Vorladung persönlich überreicht und mit Unterschrift quittiert werden. Viele Russen konnten so der Einberufung entgehen, indem sie nicht an ihrer Meldeanschrift wohnten.

Wer sich nicht innerhalb von 20 Tagen nach der Vorladung beim Militärkommissariat meldet, muss mit drastischen Einschränkungen rechnen. So dürfen Wehrdienstverweigerer nicht mehr Auto fahren oder Immobilien kaufen. Auch die Registrierung als Selbstständiger ist nicht möglich. Sie sollen zudem keinen Kredit mehr erhalten.

Parlamentschef Wjatscheslaw Wolodin beschimpfte einen Abgeordneten der Kommunisten, der sich weigerte, das umstrittene neue Verfahren auf die Schnelle so durchzuziehen, als „Saboteur“. (dpa)

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