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Gilad Erdan bei einem Pressegespräch nach der Debatte beim Weltsicherheitsrat.

© Getty Images via AFP/David Dee Delgado

Update

Nach kontroverser Aussage: Israel fordert Guterres’ Rücktritt – und will UN-Vertretern Visa verweigern

Der UN-Generalsekretär hatte im Weltsicherheitsrat über die „erdrückende Besatzung“ Palästinas durch Israel gesprochen. Aus Deutschland gibt es Unterstützung für Guterres.

| Update:

Israel ist nach eigenen Angaben fest entschlossen, Vertretern der Vereinten Nationen nach den umstrittenen Aussagen von UN-Generalsekretär António Guterres die Ausgabe von Visa zu verweigern. Das erklärte der israelische UN-Botschafter Gilad Erdan am Mittwoch im israelischen Armeeradio „Galei Zahal“.

„Wir haben bereits dem Untergeneralsekretär für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten, Martin Griffiths, ein Visum verweigert“, sagte Erdan. „Es ist an der Zeit, ihnen eine Lektion zu erteilen.“

Umstrittene Aussagen von Guterres

Hintergrund sind Aussagen von Guterres bei einer Sitzung des Weltsicherheitsrates am Dienstag. Dort verurteilte der UN-Generalsekretär die Angriffe von Terroristen im Auftrag der islamistischen Hamas auf Israel erneut, doch sagte mit Blick auf die 56 Jahre dauernde „erdrückende Besatzung“ durch Israel auch.

Der Groll des palästinensischen Volkes könne die entsetzlichen Angriffe der Hamas nicht rechtfertigen, sagte Guterres weiter. „Und diese schrecklichen Angriffe können die kollektive Bestrafung des palästinensischen Volkes nicht rechtfertigen. „Es ist wichtig zu erkennen, dass die Angriffe der Hamas nicht im luftleeren Raum stattfanden.

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Israels Außenminister Cohen kritisierte Guterres für dessen Äußerungen scharf. „Herr Generalsekretär, in welcher Welt leben Sie?“, fragte er. „Sagen Sie mir: Was ist Ihre verhältnismäßige Reaktion auf die Tötung von Babys, die Vergewaltigung und Verbrennung von Frauen und die Enthauptung eines Kindes?“, rief Cohen.

Auch den von Guterres geforderten Waffenstillstand lehnte Cohen vehement ab. „Wie kann man einem Waffenstillstand mit jemandem zustimmen, der geschworen hat, Sie zu töten und die eigene Existenz zu zerstören?“, so der Außenminister. Israel habe den Krieg nicht gewollt, werde ihn aber gewinnen.

António Guterres, Generalsekretär der Vereinten Nationen, spricht während einer Pressekonferenz im Hauptquartier der Vereinten Nationen über die Lage in Israel nach dem Angriff der Hamas.

© dpa/Craig Ruttle

Der UN-Chef habe eine „verzerrte und unmoralische Sicht“ des am 7. Oktober von Hamas-Terroristen in Israel verübten Massakers, schrieb der israelische UN-Botschafter Erdan in einem X-Post. Israel beklagte nach dem Angriff mehr als 1400 Tote. Die meisten davon waren Zivillisten, die teils auf grausamste Art massakriert wurden. Mit seinen Aussagen mache Guterres Israel alleine für alle Toten dieses Konflikts verantwortlich. Dies sei eine „reine Blutlüge“, so Erdan: „Ich denke, dass der Generalsekretär zurücktreten muss“.

Israelischer Außenminister sagt Treffen mit Guterres ab

Israels Außenminister Eli Cohen sagte angesichts der Äußerungen ein Treffen mit Guterres ab und schrieb auf X (früher Twitter): „Ich werde den UN-Generalsekretär nicht treffen. Nach dem 7. Oktober gibt es keinen Platz mehr für eine ausgewogene Position.“ Ein Sprecher des Außenministeriums in Jerusalem bestätigte die Absage.

Nach dem 7. Oktober gibt es keinen Platz mehr für eine ausgewogene Position.

Eli Cohen, israelischer Außenminister

Ein UN-Sprecher sagte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur, man könne die Absage des Treffens nicht bestätigen. Man habe lediglich die Nachricht Cohens auf der Plattform X gesehen. Weiter wollte der Sprecher die Situation nicht kommentieren.

Nach Angaben aus Diplomatenkreisen hatten einige arabische Delegationen bei der Rede Cohens den Raum verlassen, darunter jene aus Algerien und Libyen. Vertreter Jordaniens, Ägyptens, Saudi-Arabiens und der Vereinten Arabischen Emirate seien aber sitzen geblieben.

Man kann nicht einerseits sagen, der Terror sei durch nichts zu rechtfertigen und ihn dann andererseits doch indirekt entschuldigen.

Volker Beck, Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft

Die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) forderte die Bundesregierung auf, klar für Israel Stellung zu beziehen. Guterres habe faktisch „Israels Selbstverteidigungsrecht delegitimiert“ und das Vorgehen der radikalislamischen Hamas relativiert, erklärte DIG-Präsident Volker Beck am Mittwoch. „Da gilt es jetzt Flagge zu zeigen.“

DIG-Präsident Beck bezeichnete Guterres’ Rede als „inakzeptabel“. Er warf dem Generalsekretär eine „Relativierung der Verurteilung des Hamas-Terrors“ vor. „Man kann nicht einerseits sagen, der Terror sei durch nichts zu rechtfertigen und ihn dann andererseits doch indirekt entschuldigen“, erklärte er. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) müssten „Israel in der Auseinandersetzung mit UN-Generalsekretär António Guterres unterstützen“.

Das sagt die Bundesregierung

Die Bundesregierung reagierte am Mittwoch. „Der UN-Generalsekretär hat natürlich das Vertrauen der Bundesregierung“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Rücktrittsforderungen seien im Augenblick nicht angebracht.

Die Äußerungen eines Generalsekretärs der Vereinten Nation bewerte er dabei „grundsätzlich gar nicht“, sagte der Sprecher von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Er betonte zugleich die Solidarität der Bundesregierung mit Israel: „Wir stehen eng und unverbrüchlich an der Seite Israels.“ 

Auch der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, unterstützte Guterres. „Wenn er auf die (...) 56 Jahre Besatzung der Palästinenser-Gebiete hinweist, dann ist (das) genau das, was in geltendem Völkerrecht in Uno-Resolutionen genauso drinsteht“, sagte Heusgen am Dienstagabend im Heute-Journal. „Die letzte Resolution sagt, dass die Besatzung eine flagrante Verletzung des Völkerrechts ist.“

Die israelische Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem kritisierte Guterres. „Jene, die ,verstehen’ wollen, einen rechtfertigenden Kontext suchen, die Täter nicht kategorisch verurteilen und nicht zur bedingungslosen und sofortigen Freilassung der Geiseln aufrufen, haben den Test nicht bestanden“, sagte der Vorsitzende Dani Dajan. „UN-Generalsekretär António Guterres hat den Test nicht bestanden.“ (Tsp, AFP, dpa)

Disclaimer: In einer vorherigen Version des Textes waren Zitate von Guterres und Erdan versehentlich vermischt worden. Wir haben den Fehler korrigiert und bitten, dies zu entschuldigen.

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