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Ein Boot mit Migranten in einem Hafen auf den Kanarischen Inseln.

© AFP/stringer

Update

Härterer Umgang mit Menschen aus sicheren Staaten: EU verkündet Durchbruch in Verhandlungen zu Asylreform

Seit Jahren wird in Brüssel über die Begrenzung irregulärer Migration heftig gestritten. Nun gelingt ein Durchbruch. Er dürfte zahlreiche Verschärfungen der Regeln bringen.

| Update:

Das Asylsystem in der EU wird grundlegend reformiert. Nach jahrelangen Diskussionen verständigten sich Vertreter der EU-Staaten und des Europaparlaments final auf entsprechende Gesetzestexte, wie die spanische Ratspräsidentschaft und die EU-Kommission am Mittwochmorgen mitteilten.

Vorgesehen sind zahlreiche Verschärfungen der bisherigen Regeln. Ziel ist es, die irreguläre Migration einzudämmen. Die Einigung muss noch vom Plenum des Europaparlaments und den EU-Staaten bestätigt werden. Das ist normalerweise eine Formalität.

Haftähnliche Bedingungen für Menschen aus sicheren Herkunftsländern

Künftig soll es einheitliche Grenzverfahren an den EU-Außengrenzen geben. Geplant ist insbesondere ein deutlich härterer Umgang mit Menschen aus Ländern, die als relativ sicher gelten. Bis zur Entscheidung über den Asylantrag sollen die Menschen unter haftähnlichen Bedingungen in Auffanglagern untergebracht werden können.

Die Verteilung der Schutzsuchenden unter den EU-Staaten wird den Plänen zufolge mit einem „Solidaritätsmechanismus“ neu geregelt: Wenn die Länder keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, müssen sie Unterstützung leisten, etwa in Form von Geldzahlungen.

Die Ergebnisse enthalten an vielen Stellen schmerzhafte Punkte.

Omid Nouripour, Grünen-Vorsitzender

Bundeskanzler Olaf Scholz erwartet von der Reform der EU-Asylpolitik eine Erleichterung für Deutschland. „Damit begrenzen wir die irreguläre Migration und entlasten die Staaten, die besonders stark betroffen sind - auch Deutschland“, schrieb der SPD-Politiker am Mittwoch auf der Online-Plattform X. Die Einigung sei ein „ganz wichtiger Beschluss“.

Asylreform: Faeser will Verantwortung „auf mehr Schultern“ verteilen

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat die Einigung auf ein neues europäisches Asylsystem als „Schlüssel“ zur Steuerung der Migration bezeichnet. Sie teilte am Mittwoch in Berlin mit, die politische Einigung sei von „größter Bedeutung“. Faeser fügte mit Blick auf Menschen hinzu, die auf der Suche nach Schutz oder Arbeit nach Europa kommen, dass die Verantwortung „künftig auf mehr Schultern verteilt sein“ werde. 

Außenministerin Annalena Baerbock hat die Einigung als „dringend notwendig und längst überfällig“ bezeichnet. Angesichts der Freizügigkeit in Europa brauche es für alle verlässliche Regeln in diesem Bereich, teilte die Grünen-Politikerin am Mittwoch in Berlin mit.

Erstmals würden die EU-Staaten zur Solidarität verpflichtet, künftig solle es eine europäische Verteilung von Migranten geben, betonte Baerbock. „Denn die unmenschlichen Zustände an der EU-Außengrenze dürfen nicht das Gesicht bleiben, das Europa der Welt zeigt.“ 

Ihr Parteikollege und Grünen-Vorsitzender Omid Nouripour sieht die Einigung kritischer. „Die Ergebnisse enthalten an vielen Stellen schmerzhafte Punkte“ räumte er ein. „Beispielsweise die Verpflichtung der Außengrenzstaaten zu Verfahren an den Grenzen sehen wir weiterhin kritisch.“

Die Grünen hätten sich gewünscht, dass der Rat als Vertretung der EU-Staaten mehr auf die Position des Europaparlaments eingeht. Dies sei unter anderem durch die unterschiedlichen, größtenteils sehr restriktiven Positionen der anderen EU-Staaten erschwert worden.

Einigung bei EU-Asylreform nach jahrelangen Verhandlungen

Abgelehnte Asylbewerber sollen der Einigung zufolge künftig auch leichter in sichere Drittstaaten abgeschoben werden. An der Reform wird bereits seit der Flüchtlingskrise 2015/2016 intensiv gearbeitet. Damals waren Länder wie Griechenland mit der immensen Zahl an Menschen aus Ländern wie Syrien überfordert und Hunderttausende konnten unregistriert in andere EU-Staaten weiterziehen.

Dies hätte eigentlich nicht passieren dürfen, denn nach der sogenannten Dublin-Verordnung sollen Asylbewerber da registriert werden, wo sie die Europäische Union zuerst betreten haben. Daraufhin schlug die EU-Kommission erstmals bereits 2016 neue Regeln vor.

Die Verhandlungen gestalteten sich allerdings bis zuletzt als sehr zäh. Während Ländern wie Ungarn die Vorschläge nicht scharf genug waren, äußerten Hilfsorganisationen und Teile von Linken und Grünen Bedenken, dass die Menschenrechte bei den Asylverfahren nicht genügend geachtet würden. (dpa/epd)

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