zum Hauptinhalt

© InFamily Foods

Lebensmittel aus dem Bioreaktor: „In zehn Jahren kaufen wir kultiviertes Fleisch im Supermarkt“

In den USA wurde jetzt erstmals Laborfleisch für den Verkauf freigegeben. Ein deutsch-kanadisches Unternehmen will die Produktion in großem Umfang ermöglichen.

| Update:

In den USA haben die für Lebensmittelsicherheit zuständigen Behörden am Mittwoch erstmals Genehmigungen für den Verkauf von aus Zellkulturen gezüchtetem Laborfleisch erteilt. Es soll Tiere und das Klima schützen. Doch manche Menschen haben Sorge, dass Fleisch aus dem Bioreaktor ungesund sein könnte. Zudem gibt es bislang noch keine etablierte Massenproduktion von kultiviertem Fleisch.

Das Unternehmen The Cultivated B, das zum deutschen Lebensmittelkonzern InFamily Foods gehört, will das ändern. Es hat in Kanada in der Nähe von Toronto eine Produktionsstätte errichtet, in der in Kürze die ersten Bioreaktoren ausgeliefert werden sollen, mit denen eine industrielle Massenproduktion von kultiviertem Fleisch möglich ist.

Im Interview erklären die Geschäftsführer von InFamily Foods, Wolfgang Kühnl, und The Cultivated B, Dr. Hamid Noori, was sie vorhaben und wann die ersten Schnitzel aus dem Bioreaktor in den Supermarktregalen liegen dürften.

Haben Sie schon einmal kultiviertes Fleisch aus Ihren eigenen Reaktoren gegessen – und wie schmeckt es?
Hamid Noori: Nein, das haben wir noch nicht probiert.

Hamid Noori ist Geschäftsführer von The Cultivated B, einem Tochterunternehmen des nordrhein-westfälischen Wurst- und Veggie-Herstellers InFamily Foods.

© InFamily Foods

Sind Sie nicht neugierig, wie das schmeckt?
Hamid Noori: Wir sind ja keine Firma zur Herstellung von kultiviertem Fleisch. Sondern wir sind ein Technologie-Unternehmen, das die Bioreaktoren dafür herstellt. Unser Ziel ist in erster Linie, dass die Technologien sicher und optimiert sind. Es gibt eine Reihe von Firmen, die darauf spezialisiert sind, wie das Endprodukt schmeckt und welche Eigenschaften es hat. Wir untersuchen es natürlich aus wissenschaftlicher und technologischer Sicht. Aber es gibt in der Europäischen Union Richtlinien, die einem nicht erlauben, bei uns eine Verkostung durchzuführen. Und wir halten uns natürlich an die legalen Gegebenheiten und untersuchen die Komponenten nur aus physikalisch-chemischer Sicht. Neugierig bin ich schon, keine Frage. Aber solange die Gesetze so sind, wie sie sind, muss ich mich gedulden.

Ihr deutsch-kanadisches Unternehmen The Cultivated B will in den kommenden Wochen erstmals eigene Bioreaktoren für kultiviertes Fleisch auf den Markt bringen. Wie funktioniert, vereinfacht gesagt, die Herstellung von kultiviertem Fleisch in Bioreaktoren?
Hamid Noori: Bioreaktoren sind technische Geräte, die die Natur nachahmen. Wenn Sie zum Beispiel an den menschlichen Körper und das Wachstum von Muskeln denken, dann haben Sie da unter anderem Blutgefäße, die den Zellen und den Muskeln die notwendigen Nährstoffe liefern. Wenn man Zellen außerhalb eines Körpers hat, brauchen sie die gleichen Nährstoffe, Sauerstoff und so weiter. Dafür braucht man eine sehr kontrollierte Umgebung, um sicherzustellen, dass alle Zellen die gleichen Nährstoffe und Sauerstoff bekommen. Das ist im Endeffekt die Logik eines Bioreaktors.

Entwickelt wurde die Technologie für die Bioreaktoren von The Cultivated B in Deutschland, hergestellt werden sie in Kanada.

© InFamily Foods

Wie muss man sich das in Ihrem Fall ganz praktisch vorstellen?
Hamid Noori: Wir liefern die integrierten Lösungen von A bis Z mit allem, was eine Firma benötigt, die kultiviertes Fleisch herstellen will. Wir haben die Zelllinien, wir haben Zellkulturmedien, die eine kostengünstige Produktion ermöglichen, und wir haben die Reaktoren und die damit einhergehenden Prozesse. Ein typischer Ablauf ist: Man startet mit einer geeigneten Zellkultur, zum Beispiel mit einer Rinder-, Schweine-, Schaf- oder Geflügelzellkultur. Die bringt man in einen Reaktor, der mit einem Zellkulturmedium aus Wasser, Zucker, Aminosäuren, Elektrolyten und Proteinen befüllt ist. Dann fangen die Zellen an, sich häufiger zu teilen und sich zu vermehren. Wenn sie eine bestimmte Dichte erreicht haben, werden sie in einem größeren Reaktor weiter kultiviert. So erreicht man Schritt für Schritt größere Volumina, bis es sich lohnt, diese zu ernten und für den Verzehr aufzubereiten.

Mit Ihren Geräten soll ein massentaugliches Geschäft für die Lebensmittelindustrie möglich werden – was ist das Besondere an diesen Bioreaktoren?
Hamid Noori: Hochpräzisions-Bioreaktoren haben eine Geschichte von 50 bis 60 Jahren und werden unter anderem sehr stark in der pharmazeutischen Forschung eingesetzt. Inzwischen haben sie auch in der zellulären Landwirtschaft ihre Anwendung gefunden. Das sind sehr komplexe Geräte, deren Bedienung typischerweise etwas für Leute ist, die mindestens einen Doktortitel als Prozessingenieure oder in ähnlichen Bereichen und jahrelange Erfahrung haben. Unsere Bioreaktoren haben den Vorteil, dass sie von jedem bedient werden können. Wenn zelluläre Landwirtschaft in der Lebensmittelindustrie Fuß fassen soll, müssen die Geräte von Arbeitern mit kleinen Trainingseinheiten bedienbar sein. Das ist das Hauptunterscheidungsmerkmal unserer Geräte: Sie sind sehr einfach zu bedienen.

Reaktoren wie die von Ihnen stellen künstliches Fleisch auf Grundlage gesammelter Zellen von Rindern, Schweinen, Schafen und Geflügel her, wie Sie sagen. Inwieweit müssen dafür dann zumindest am Anfang immer noch Tiere sterben?
Hamid Noori: Für die Art, wie wir diese Zellkulturen bekommen, dafür stirbt kein einziges Tier. Es gibt zwei Möglichkeiten: Sie können lebenden Tieren eine Gewebeprobe entnehmen, aber das ist mit viel Schmerz und Stress für das Tier verbunden, das wollen wir nicht. Wir machen es so, dass wir kleine Proben von Tieren entnehmen, die bereits für den menschlichen Verzehr geschlachtet wurden. Damit haben wir sichergestellt, dass wir selbst keinem Tier Leid oder Schmerzen zufügen. Diese Proben werden dann in einem Verfahren weiterverarbeitet, das wir Immortalisierung nennen, wir machen unsere Zellen unsterblich. Das geht auch ohne Einsatz von gentechnischen Verfahren und wir sind meines Wissens das einzige Unternehmen der Welt, das dieses Verfahren anwendet. Tierschutz ist im Bereich Cultivated Food für uns ein elementarer Aspekt.

Wolfgang Kühnl (rechts) und Hans-Ewald Reinert sind Gesellschafter und Geschäftsführer von InFamily Foods.

© InFamily Foods

Tierschützer bemängeln, dass als Nährmedium für kultiviertes Fleisch in der Regel Kälberserum benutzt wird, das aus dem Blut ungeborener Tiere gewonnen wird, wofür die Muttertiere wie auch die Föten getötet werden. Wird das auch bei Ihnen eingesetzt und was sagen Sie Kritikern dieser Methode?
Hamid Noori: Wir benutzen kein Kälberserum als Nährmedium. Bei uns wird vom ersten Tag an serumfrei gearbeitet. Für uns ist es zum einen wegen des Tierschutzes eine fragwürdige Methode. Und auch wegen der Variabilität, die man bei tierischen Erzeugnissen hat. Wir arbeiten derzeit an der Entwicklung unterschiedlicher Zellkulturmedien, sodass wir auch bessere Preise erzielen können und die gleichen Effekte wie mit dem Einsatz von Serum haben.

Wolfgang Kühnl: Sie müssen auch daran denken, dass man im Endeffekt so einen Prozess hochskalieren will, um eines Tages Millionen von Tonnen industriell produzieren zu können. So viel Kälberserum gibt es gar nicht, auch wenn man es benutzen wollte. Das schließt sich schon daher aus.

Klassische Tierhaltung steht ja auch deswegen in der Kritik, weil im Verhältnis zur Fleischmenge, die am Schluss produziert wird, ein Vielfaches an Energie in die Erzeugung dieses Fleisches gesteckt wird. Wie ist das Verhältnis Energie-Einsatz zu Ertrag bei kultiviertem Fleisch?
Hamid Noori: Weder wir noch irgendwer anderes kann aktuell dazu eine quantitativ zuverlässige Aussage treffen. Die meisten Firmen sind noch nicht auf absoluter industrieller Skala. Was den Ressourcenverbrauch bei klassischer Tierhaltung angeht, hat das bereits eine Größenordnung erreicht, die auch in Statistiken erfasst wird. Aber für kultiviertes Fleisch gibt es noch keine echte Fabrik. Diese Berechnungen lassen sich nur dann durchführen, wenn Sie skalierte Anlagen haben, die industriell optimiert sind.

Eine Studie des Fraunhofer-Instituts hat ergeben, dass kultiviertes Fleisch im Vergleich zu pflanzlichen Protein-Alternativen immer „hochgradig unwirtschaftlich“ sei. Wäre es da nicht sinnvoller, statt neuer Technologien für die Fleischherstellung mehr auf pflanzliche Ernährung zu setzen?
Hamid Noori: Wenn wir von einer Erzeugung auf Laborskala sprechen, sind Faktoren wie der Stromverbrauch und die Energie nie sinnvoll. Aber das ist genau der Punkt unserer Firma: Wir haben von Tag eins unsere Energie auf Industrialisierung gesetzt. Es gibt derzeit einfach noch nicht die notwendigen Zahlen für so eine Kritik, um legitim zu sein. Dafür müssen die ersten industriellen Anlagen existieren, erst dann kann man den Strom per Tonne Fleisch ausrechnen und dann den Vergleich durchführen. Und wenn die Kritik gerechtfertigt sein sollte, kann man die industriellen Prozesse verbessern. An der konventionellen Tierhaltung kann man in der Hinsicht nicht viel verändern. Da geht es um Lebewesen, die gut zu behandeln sind. Industrielle Prozesse mit kultiviertem Fleisch kann man so viel optimieren, wie es physikalisch möglich ist. Das ist ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal.

Wolfgang Kühnl: Ein Großteil der Energieaufwendung in der Cultivated-Meat-Herstellung ist Strom. Man erzielt eine gute Ökobilanz, wenn dieser Strom CO₂-neutral hergestellt wird. Wenn man die Bioreaktoren mit Kohlestrom betreibt, wäre das Thema ad absurdum geführt. Aber wir haben durchaus die Chance, den CO₂-Fußabdruck im Vergleich zu konventionellem Fleisch deutlich zu verbessern – vorausgesetzt, dass Ökostrom bereitgestellt wird.

Tierersatz: In Bioreaktoren wie diesem sollen die Kunden von The Cultived B in absehbarer Zeit Laborfleisch erzeugen können.

© InFamily Foods

Inwieweit kann man sicher sein, dass es für die Konsumenten genauso sicher ist wie herkömmliches Fleisch?
Hamid Noori: Eine Reihe von Studien legen nahe, dass es sauberer ist. Tiere haben immer Bakterien in ihrem Körper, das ist die Natur. Sie können an unterschiedlichen Dingen erkranken und wie bei jedem Lebewesen gibt es bezüglich der Gesundheit viel mehr Variabilität. Bei einem industriell voll kontrollierten Prozess wie der Produktion von kultiviertem Fleisch ist das anders. Es heißt ja nicht ohne Grund auch „Clean Meat“. Das bedeutet, es ist definitiv frei von Kontamination. Dazu kommt, dass man die Nährwerte besser beeinflussen kann. Bei konventionellem Fleisch nimmt man das, was die Natur hergibt, während wir den Nährwert der Zellen erhöhen können und gesünderes Essen für unterschiedliche Gruppen erzeugen.

Wolfgang Kühnl: Aus lebensmitteltechnologischer Sicht kann man sagen, dass wir bestimmte Eigenschaften, seien es Zellen, Fettzellen oder Bindegewebszellen, punktgenau erzeugen. Es geht also hier um das Design von Lebensmitteln und nicht um das Verarbeiten eines Rohstoffs, wie ihn die Natur vorgibt. Das ist lebensmitteltechnisch ein Paradigmenwechsel. Wir können ganz gezielt Produkte schaffen …

… also zum Beispiel fettärmeres Fleisch, wenn das gewünscht ist?
Wolfgang Kühnl: Ja, genau. Bei uns kultiviert man zum Beispiel in einem Bioreaktor die Muskelzellen und in einem anderen die Fettzellen. Dann ist das am Ende eine Frage des Mischungsverhältnisses. Und was die Sicherheit angeht, ist es ja so, dass man da nicht einfach mit einem Produkt auf den Markt kommt, sondern es gibt sehr anspruchsvolle Prozesse bis zur Zulassung durch die Behörden. Und die FDA in den USA hat mittlerweile zwei Unternehmen bescheinigt, dass Hühnerfleisch aus dem Bioreaktor dasselbe Risikoprofil hat wie konventionelles Hühnchen.

Inwieweit werden die eingesetzten Zellen gentechnisch modifiziert – und was sagen Sie potenziellen Kunden, die Sorgen wegen möglicher gesundheitlicher Folgen von genmanipulierter Nahrung haben?
Wolfgang Kühnl: Wir haben es geschafft, unsere Zellen unsterblich zu machen, ohne gentechnische Verfahren einzusetzen. Wir können insbesondere den europäischen Konsumentinnen und Konsumenten, die diese Sorge mit sich tragen, eine Technologie liefern, die auf Gentechnik verzichtet.

In diesem Werk in Burlington bei Toronto bereitet sich The Cultivated B auf die Massenproduktion von Bioreaktoren vor.

© InFamily Foods

Sie haben der „Lebensmittelzeitung“ gesagt, man könne mit Geräten wie Ihren in wenigen Jahren ausreichende Mengen an kultiviertem Fleisch erzeugen, um den Massenmarkt zu bedienen, und das zu Preisen, die unter denen von konventionellem Fleisch liegen. Wie wollen Sie und Ihre Partner dieses Ziel erreichen?
Wolfgang Kühnl: Um mit kultiviertem Fleisch einen wirklichen Nachhaltigkeitseffekt zu erzeugen, muss es tauglich für den Massenmarkt sein. Dafür brauchen Sie zwei Voraussetzungen: einen Preis, der es für eine Masse kaufbar macht. Und man muss in der Lage sein, es in großer Menge herzustellen. Das ist genau das, was wir erreichen wollen. Da sind wir seit unserem Einstieg in das Geschäft vor zwei Jahren einen großen Schritt weitergekommen. Wir können mit unserem Verfahren jetzt schon im Labormaßstab kultiviertes Fleisch herstellen im Bereich zwischen drei und fünf Euro pro Kilo.

Wie viel ist das im Vergleich zu tierischem Fleisch?
Wolfgang Kühnl: Das ist davon nicht mehr weit entfernt. Beim Rind liegen Sie in der Region teilweise sogar deutlich drüber. Bei Biofleisch ebenfalls. Bei konventionellem Fleisch aus Massentierhaltung sind Sie noch etwas darunter, aber in westlichen Ländern wie Deutschland wird diese Art der Tierhaltung ja von der Politik zunehmend heruntergefahren, was unweigerlich zu höheren Kosten führt. Bei The Family Butchers, unserem für Wurst- und Schinkenerzeugnisse zuständigen Unternehmensteil, hat sich der Fleischpreis in den vergangenen 15 Monaten verdoppelt. Und bei The Cultivated B sinkt der Preis mit unserer Technologie zunehmend.

Wie lange wird es nach Ihrer Schätzung dauern, bis das erste kultivierte Fleisch aus Bioreaktoren in deutschen Supermarkt-Fleischregalen zu kaufen ist?
Wolfgang Kühnl: Das ist nicht ganz einfach. Ich würde sagen, wir sehen die ersten Markteintritte in Europa innerhalb der nächsten fünf Jahre. Aber dann noch auf einer kleineren Flamme. Bis wir größere Mengen kultiviertes Fleisch in den Supermärkten kaufen oder in Restaurants essen können, würde ich von zehn Jahren ausgehen. Das hängt allerdings auch extrem davon ab, wie das Thema politisch begleitet wird. In der Bevölkerung ist Umfragen zufolge der Wille sehr groß, das zu probieren, vor allem in der jungen Generation. In der Politik in Deutschland und Europa sehe ich aber im Moment noch keine Hinweise, dass da der Groschen gefallen ist.

Ist das Thema der Unterstützung durch Politik und Behörden einer der Gründe, wieso Sie als Produktionsstandort Kanada gewählt haben, um hier ab Sommer Ihre Bioreaktoren herzustellen, und nicht Deutschland oder ein anderes EU-Land?
Wolfgang Kühnl: InFamily Foods ist eigentlich ein klassischer Wurst- und Schinkenhersteller. Mit dem kultivierten Fleisch wollen wir ein Geschäftsmodell entwickeln, mit dem wir nicht in Abhängigkeit von den lokalen Behörden in Europa sind. Wir können kein Geschäftsmodell entwickeln, wenn nachher eine europäische Behörde entscheidet, wann wir die ersten Umsätze machen und wann nicht. Das wäre unkalkulierbar. Wir brauchen einen globaleren Ansatz, um anderen die Möglichkeit zu geben, in diesem Gebiet aktiv zu sein. Da war es nur konsequent, in Länder zu gehen, die diese Entwicklung stärker unterstützen. Außerdem ist die Gesetzgebung in Kanada und den USA deutlich liberaler, sowohl im Bereich Cultivated Meat als auch bei der Präzisions-Fermentation, was ein anderer wichtiger Bereich für uns ist. Und der dritte Punkt: Man bekommt in Kanada viel einfacher qualifizierte Fachkräfte.

Die Eröffnungsfeier des Werkes von The Cultivated B in Burlington.

© InFamily Foods

Inwiefern ist Nordamerika auch ein besserer Markt, um kultiviertes Fleisch als Massenprodukt zu etablieren?
Wolfgang Kühnl: Für die Bioreaktoren ist Nordamerika ein großer Markt. Aber wir haben durchaus auch den Anspruch, von Kanada aus Europa mitzuversorgen. Wir verkaufen gerade auch die ersten Reaktoren an europäische Kunden.

Hamid Noori: Kanada hat im Vergleich zu vielen anderen Staaten besonders günstige Freihandelsabkommen mit einer Reihe von Ländern in der ganzen Welt. So können unsere Kunden die Bioreaktoren unkomplizierter beziehen, als es von Deutschland aus der Fall wäre.

Sie haben nach eigenen Angaben schon unterschriebene Kaufverträge für Ihre Bioreaktoren. Wer sind die ersten Kunden und können Sie sagen, was die mit Ihren Reaktoren vorhaben?
Hamid Noori: Nein. Alle unsere Kunden haben mit uns Schweigepflichtserklärungen unterzeichnet. Das ist Industriestandard.

Wolfgang Kühnl: Wir können Ihnen aber sagen, aus welchen Gruppen unsere Kunden kommen. Das geht von Universitäten über Start-ups bis zu etablierter Fleischwaren-Industrie.

Nach Ihren Angaben liegt der Umsatz von The Cultivated B in diesem Jahr im einstelligen Millionenbereich, in zehn Jahren soll rund eine Milliarde Euro erlöst werden. Worauf basiert diese optimistische Prognose?
Hamid Noori: Inzwischen ist unsere Prognose für dieses Jahr sogar eine zweistellige Millionensumme. Wir sind im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmen in der Lage, Bioreaktoren sehr schnell zu liefern. Das dauert normalerweise bis zu einem Jahr, bei uns nur ein paar Wochen. Es ist ein Markt, der nicht vollständig bedient ist, die Nachfrage ist deutlich größer als das Angebot. Dazu kommt, dass wir neben den Bioreaktoren auch an Bereichen wie Präzisionsfermentation arbeiten und daher immer innovative Produkte haben, die viele Prozesse vereinfachen können.

Wolfgang Kühnl: Unser Unternehmen soll sich perspektivisch so weiterentwickeln, dass wir zusammen mit Partnern die ganze Bandbreite an Technologien bereitstellen, die man braucht, um eine Cultivated-Meat-Fabrik zu betreiben. Solche Fabriken kosten dann nicht nur zwei Millionen Euro, da geht es um den Aufbau einer ganzen Infrastruktur. Da ist eine Milliarde zwar ambitioniert, aber durchaus erreichbar.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false