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Sue Gray brachte Boris Johnson wegen dessen Ethikverstößen zu Fall. Und stolpert nun selbst über einen Verstoß gegen Ethikregeln.

© dpa/Aaron Chown

Labour-Agentin in der Tory-Regierung?: Sue Gray brachte Boris Johnson zu Fall – nun wird sie selbst gejagt

Ethikverstoß der Ethikexpertin: Sue Gray beriet die Regierung von Boris Johnson – und verhandelte zu unpassender Zeit schon mit Labour-Chef Keir Starmer über den Wechsel ins Oppositionslager.

Für den britischen Oppositionsführer Keir Starmer kommt es knüppeldick. 2024 will er seine Labour-Partei nach 14 langen Oppositionsjahren zurück an die Macht führen. Angesichts des Zustands der affärengeplagten und zerstrittenen Konservativen schien das nicht schwer.

Boris Johnson war im Sommer 2022 über „Partygate“ gestürzt: Während die Bürger in den Pandemiejahren die Lockdownregeln beachten mussten, wurde im Regierungssitz mit viel Alkohol gefeiert. Nachfolgerin Liz Truss musste nach sieben Wochen gehen.

Um sich von dem Sittenverfall bei den Konservativen abzuheben, wollte sich Starmer Mrs. Sauberfrau als seine neue Stabschefin für den Wahlkampf holen. Sue Gray war von 2012 bis 2018 die Ethikbeauftragte der Regierung und leitete, obwohl sie inzwischen eine andere Aufgabe hatte, im Winter 2021/22 die Untersuchung der Partygate-Affäre. Ihr Bericht wurde im Mai 2022 veröffentlicht und führte wenig später zu Johnsons Sturz.

Wie kann eine Staatsbedienstete mit dem Oppositionsführer über den Posten seiner Stabschefin verhandeln, während sie die Regierung in sensiblen Fragen berät?

Der Tory-Abgeordnete Peter Bone

Doch nun wird Starmer auf seine neue Stabschefin sehr lange warten oder ganz auf sie verzichten müssen. Denn inzwischen wurde bekannt, dass Sue Gray bereits seit November mit Starmer über den Wechsel ins Büro des Oppositionsführers verhandelt.

Da war zwar Johnson nicht mehr Regierungschef. Aber es liefen noch Untersuchungen, inwieweit er das Parlament im Verlauf der Aufklärung seiner Skandale belogen hatte. Und Gray beriet die konservative Mehrheitsfraktion als Ethikexpertin.

Das nutzen die Tories nun zum Gegenangriff. „Interessenkonflikt“ ist dabei der harmloseste Vorwurf an Mrs. Sauberfrau Gray. Warum hat sie, die die Regeln für Jobwechsel hoher Staatsbediensteter kennen muss, die Aufsichtsbehörden nicht frühzeitig über das Labour-Angebot informiert? Und warum ihren Regierungsjob erst im März gekündigt, als ihre neue Aufgabe öffentlich bekannt wurde?

Tories wittern eine „Verschwörung“

„Wie kann eine Staatsbedienstete mit dem Oppositionsführer über den Posten seiner Stabschefin verhandeln, während sie die Regierung in sensiblen Fragen berät?“, beschwert sich der Tory-Abgeordnete Peter Bone. Anonyme Tories äußern in Boris Johnsons Lieblingsblatt „The Telegraph“ den Verdacht einer „Verschwörung“, die bis in die Zeit der von Gray geleiteten Untersuchung der Johnson-Affären zurückreiche. Starmer bestreitet das.

Grays Schicksal liegt nun in den Händen von Acoba, der Kommission, die den Wechsel von hohen Regierungsposten in andere Bereiche beaufsichtigt. Sie werde Gray eine „Abkühlphase mindestens bis Jahresende“ auferlegen, ehe sie wechseln darf, erwarten britische Medien. Sie kann sogar bis zu zwei Jahre verhängen.

Derweil liegt der amtierende Premier Rishi Sunak in einer neuen Umfrage, wen die Briten als Regierungschef vorziehen, neuerdings vor Labour-Chef Starmer. Und selbst unter Arbeitern gleichauf mit ihm. Zuvor war Starmer seit November 2021 erste Wahl für die Briten.

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