zum Hauptinhalt
Der Sumatra-Tiger in Indonesien steht nach Befürchtung der Umweltstiftung WWF unmittelbar vor dem Aussterben.

© Dean Lewins/DPA/DPAWEB

Heimat seltener Tierarten: Erfolg beim Schutz des Regenwaldes

Der Inselstaat hat die drittgrößte Regenwaldfläche der Welt, in der viele seltene Tiere leben. Jetzt ist es gelungen, die Rodung zu verlangsamen. Wie wurde das geschafft?

Im Vorfeld des G20-Gipfels auf Bali haben die drei Länder mit den größten Regenwaldflächen der Welt eine Allianz geschmiedet: Brasilien, die Demokratische Republik Kongo und Indonesien. Indonesien wurde dabei als eine Art „Best-Pratice-Modell“ genannt. Tatsächlich ist es dem Land gelungen, die Abholzung des Regenwaldes zumindest zu verlangsamen. Wie hat der Inselstaat das geschafft?

Indonesien ist ein Land mit völlig anderen Dimensionen als das, was wir aus Europa kennen: Rund 280 Millionen Menschen bevölkern die vielfältige Inselwelt. Zum Vergleich: In der gesamten Europäischen Union leben knapp 450 Millionen, die USA zählen etwas über 330 Millionen Bürger.

Auch die Landmasse ist eine völlig andere: Der südostasiatische Staat besteht aus rund 17.500 großen und kleinen Inseln. Wie viele es ganz genau sind, darüber ist man sich nicht wirklich hundertprozentig sicher.

25,5
Millionen Hektar Wald hat Indonesien zwischen 2011 und 2018 durch Abholzung verloren.

Dieser weltgrößte Archipel, den die Touristenbroschüren gerne als „Smaragdband, das sich um den Äquator schmiegt“ bezeichnen, ist dicht mit Tropenwäldern bewachsen, in denen eine Vielzahl von Tierarten lebt. Dies ist eine der Regionen der Erde, in der abgelegene Inseln nach wie vor spannende Geheimnisse der Tierwelt offenbaren.

In Indonesien stoßen Biologen immer wieder auf noch unbekannte Arten. Erst Ende Oktober meldeten Wissenschaftler wieder eine neue Vogelart: Den sogenannten Wakatobi-Nektarvogel – ein hübsches, schwarz-blau-gelbes Federvieh, das einem Kolibri ähnelt.

Das Land beheimatet zwischen zehn und 15 Prozent der weltweit bekannten Pflanzen, Säugetiere und Vögel“, schwärmen die Umweltaktivisten von Greenpeace. Zudem gibt es sowohl in der Tier- wie auch in der Pflanzenwelt viele endemische Spezies. Das sind Arten, die es wirklich nur in Indonesien und nirgendwo sonst auf der Welt gibt.

Ein Großteil des indonesischen Regenwaldes wird für Palmöl-Plantagen wie diese gerodet.

© Rony Muharrman/dpa

„Die Wälder Sumatras, Borneos und Papuas gehören zu den wichtigsten Regenwaldgebieten der Erde“, urteilt beispielsweise die Naturschutzorganisation WWF. Sie seien die Heimat von Orang-Utans, Tigern, Elefanten und Nashörner.

Um diese Vielfalt zu erhalten, gilt es den Regenwald zu bewahren. Doch bisher waren die Schlagzeilen, die aus dem Inselstaat kamen, häufig alles andere als positiv. Denn in den letzten Dekaden hat das Land riesige Flächen gerodet und abgebrannt, vor allem um Holz- und Palmölplantagen anzulegen.

Indonesien ist der weltgrößte Produzent für Palmöl – ein Rohstoff, der für zahlreiche Kosmetika und Lebensmittel, aber beispielsweise auch für Biokraftstoffe verwendet wird. Waren 1990 noch zwei Drittel Indonesiens mit Wald bedeckt, so nahm die Fläche laut WWF von 2011 bis 2018 um 25,6 Millionen Hektar ab.

Die Rate des Primärwaldverlusts in Indonesien ging 2021 im fünften Jahr in Folge zurück.

Forschende des World Resources Institute

Indonesien ist der weltgrößte Produzent für Palmöl – ein Rohstoff, der für zahlreiche Kosmetika und Lebensmittel, aber beispielsweise auch für Biokraftstoffe verwendet wird. Waren 1990 noch zwei Drittel Indonesiens mit Wald bedeckt, so nahm die Fläche laut WWF von 2011 bis 2018 um 25,6 Millionen Hektar ab.

Doch inzwischen gibt es Hoffnung: In den Jahren 2017 und 2018 ging die Entwaldungsrate in Indonesien erstmals zurück und seitdem gibt es immer mehr positive Zeichen. Auch wenn die Rodung nicht komplett aufgehalten wurde, so konnte sie doch deutlich verlangsamt werden.

Die offiziellen Entwaldungszahlen der indonesischen Regierung zeigen für 2018 eine Entwaldung von 440.000 Hektar, etwas weniger als die 480.000 Hektar aus dem Jahr 2017.

Und der Trend konnte sich fortsetzen: „Die Rate des Primärwaldverlusts in Indonesien ging 2021 im fünften Jahr in Folge zurück“, hieß es im Bericht der „Global Forest Review“, die das World Resources Institute herausbringt. Im Jahr 2021 verlor das Land 203.000 Hektar Primärwald.

Nicht unerwähnt bleiben darf dabei aber auch, dass es durchaus noch Sünder gibt: In den drei Provinzen Ost-Kalimantan, Molukken und West-Papua verschlechterte sich die Situation: 2018 nahm die Entwaldung um 43, 40 beziehungsweise 36 Prozent im Vergleich zu 2017 zu.

Trotzdem sei jedes weitere Jahr mit einem Rückgang der insgesamten Entwaldung „ein Grund zum Feiern“, urteilen die Forscher. Denn dies zeige, dass Indonesien zumindest in die richtige Richtung gehe. Aktuell hat man sich das Ziel gesteckt, die jährliche Entwaldung zwischen 2020 und 2030 weiter zu begrenzen und auf 325.000 Hektar pro Jahr zu drücken.

Finanzielle Anreize für den Waldschutz

Damit hat Indonesien zumindest eine Kehrtwende geschafft, auch wenn noch viel Arbeit nötig ist. Bewerkstelligt wurde dies dank mehrerer Initiativen und Reformen: So hat sich ein Moratorium aus dem Jahr 2019, das die Rodung von Primärwäldern und Mooren verbietet, als wirksam erwiesen. Die Entwaldung in den darin festgelegten Gebieten konnte tatsächlich reduziert werden.

Auch ein waldbasiertes Klimaschutzprojekt habe seinen Teil beigetragen, wie Sandy Nofyanza und Bimo Dwisatrio, zwei Forscher des Centre for International Forestry Research, im akademischen Magazin „The Conversation“ schreiben.

Das Projekt, das den Titel „Reducing Emission from Deforestation and Degradation“ oder kurz REDD+ trägt, gibt Menschen, die Wälder schützen, finanzielle Anreize. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass es wirtschaftlich attraktiver ist, Wälder zu schützen, als sie zu roden.

Kahlschlag. Rodung der Regenwälder verlangt neue Form von Naturschutz.

© dpa

Nofyanza und Dwisatrio gestanden jedoch auch ein, dass ihre Beobachtungen gezeigt hätten, dass REDD+ immer noch Schwierigkeiten habe, den beabsichtigten „transformativen Wandel“ anzustoßen. „Beispielsweise findet in Indonesien immer noch eine großflächige Expansion landwirtschaftlicher und städtischer Gebiete statt“, so die Forscher.

Seit 2016 versucht die Regierung in Jakarta aber auch, gerodete oder abgebrannte Torfgebiete wieder zu sanieren. Letzeres war eine Reaktion auf die besonders schlimmen Waldbrände im Jahr 2015. Damals verbrannten mehr als 2,6 Millionen Hektar Wald, ein Großteil davon befand sich in Torfgebieten.

Einer aktuellen wissenschaftlichen Analyse zufolge, die im Rahmen der „IOP Conference Series: Earth and Environmental Science“ veröffentlicht wurde, ist diese Wiederherstellung von Torfgebieten zumindest „teilweise erfolgreich“. Gut funktioniert habe sie in allen Gebieten, auf die die Regierung leicht Zugriff hatte. Doch dort wo Unternehmen die Landrechte besitzen würden, hätte die Renaturierungspolitik für die Torfgebiete nicht greifen können.

Positiv werteten die Autoren jedoch, dass es nun eine zweite Phase gebe, in der neben der Sanierung der Torfwälder auch Mangrovengebiete wiederhergestellt werden sollen – ein weiteres Ökosystem, das als wichtiger Kohlenstoffspeicher gilt und Indonesien beim Thema Klimaschutz und beim Erreichen eines Nullemissionszieles helfen sollte.

Die Torfgebiete beispielsweise sind eine der größten Kohlenstoffsenken der Welt. Laut Greenpeace speichern die indonesischen Moore etwa 35 Milliarden Tonnen Kohlenstoff. „Werden diese Torfgebiete entwässert, verbrannt und durch Plantagen ersetzt, werden Tausende Tonnen Kohlendioxid freigesetzt“, so die Umweltaktivisten.

Palmen statt Regenwald. In Indonesien bedecken Palmöl-Plantagen mittlerweile mehr als zwölf Millionen Hektar Fläche.

© p-a/dpa

Einige große internationale Unternehmen setzen sich seit einigen Jahren nun aber dafür ein, die Entwaldung zu reduzieren. Unter den Firmen, die laut Greenpeace auf dem richtigen Weg sind, sind Ferrero und Nestlé. Nestlé hat sich zu Transparenz in seiner Lieferkette für Palmöl verpflichtet.

Der Website des Unternehmens zufolge stammen 70 Prozent des verwendeten Palmöls seit März 2020 aus verifiziert entwaldungsfreiem Anbau. Versprechen nicht eingehalten haben laut Greenpeace dagegen Pepsi, Johnson & Johnson sowie Colgate-Palmolive.

Aber auch das Wetter hat in den vergangenen Jahren eine positive Rolle gespielt: Die vergangenen Jahre waren von drei La Niña-Zyklen geprägt. Diese bringen mehr Niederschläge und im Worst-Case-Szenario Überschwemmungen mit sich – somit blieben die gefürchteten großflächigen Waldbrände aus.

Seit Ende November 2021 wurden etwas über 520 Brände gemeldet – eine Summe, die Global Forest Watch als „normal“ einstuft. Die Hauptfeuersaison beginnt in Indonesien normalerweise Mitte August und dauert etwa 14 Wochen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false