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Zahlreiche Indigene feierten die Entscheidung vor dem Gerichtsgebäude, wie im Fernsehen zu sehen war.

© Imago/Fotoarena/Leo Bahia

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Historischer Erfolg für Indigene: Oberstes Gericht in Brasilien kassiert umstrittenes Landgesetz

Das Oberste Gericht Brasiliens hat mit deutlicher Mehrheit die Rechte der Indigenen auf ihr traditionelles Land gestärkt – eine Niederlage für die Agrarlobby.

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Der Oberste Gerichtshof in Brasilien hat ein gegen die Interessen indigener Gemeinschaften gerichtetes Landgesetz kassiert. Das Gericht in der Hauptstadt Brasilia erklärte die Regelung, die das Ausweisen von Schutzgebieten für Indigene begrenzen sollte, am Donnerstag für verfassungswidrig.

Die Agrarindustrie scheiterte damit in einem jahrelangen Rechtsstreit, um das in der Verfassung verbürgte Recht der indigenen Völker auf Landzuteilungen einzuschränken. Lediglich die zwei von dem früheren rechtsextremen Präsidenten Jair Bolsonaro ernannten Richter stimmten dafür, neun dagegen. Experten sehen die Schutzgebiete als Bollwerk gegen die Abholzung des Amazonas-Regenwalds - und somit als wichtigen Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel.

In der Verfassung von 1988 wird den Indigenen ihr traditionelles Land zugesprochen. Dies hätte eigentlich bis 1993 geschehen sollen.  Doch immer wieder verzögerten Klagen von illegal auf den Gebieten aktive Farmern die Landvergabe. Ex-Präsident Bolsonaro –vom 2019 bis 2022 im Amt – hatte die Anerkennung der Indigenenrechte stets bekämpft.

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Durch diese Stichtagsregelung hätten die Indigenen sämtliche Rechte auf Gebiete verloren, die ihnen vor 1988 geraubt wurden. So waren während der Diktatur (1964-85) Zehntausende von Indigenen zwangsumgesiedelt und ihr Land von Farmern besetzt worden.

Brasiliens Indigene erheben Anspruch auf rund 1.400 Gebiete. In über 60 Prozent der Fälle ist der juristische Prozess immer noch nicht abgeschlossen. In Brasilien leben laut dem Zensus von 2022 rund 1,7 Millionen Indigene, etwa 0,8 Prozent der Bevölkerung. Rund die Hälfte davon lebt in der Amazonasregion.

Nachdem unter dem Rechtsaußen Bolsonaro keine Indigenengebiete zugeteilt wurden, hat der seit Januar regierende Linke Luiz Inacio Lula da Silva bereits acht neue Indigenengebiete anerkannt.

Die Verfassung garantiere den indigenen Völkern die Beibehaltung ihrer sozialen Organisation, ihrer Sitten und Gebräuche, ihrer Sprachen, ihres Glaubens und ihrer Traditionen sowie das Recht auf das Land, das sie traditionell bewohnen, argumentierte Richterin Carmen Lucia vor ihrer Stimmabgabe. Das Landeigentum könne nicht von den anderen garantierten Grundrechten getrennt werden.

Lucia verwies auf die „unbezahlbare Schuld“ der brasilianischen Gesellschaft gegenüber den indigenen Völkern und stellte fest, dass „es keinen Rückschritt bei den anerkannten Rechten geben darf“. Ihr Richterkollege Luiz Fux betonte: „Diese Ländereien müssen unter dem Schutz des Staates stehen.“

Ich bin erleichtert, dass wir unser Land zurückbekommen. Wir haben viel durchgemacht, ich kann nicht beschreiben, was ich fühle.

Jaciara Pripra vom Volk der Xokleng

Zahlreiche Indigene feierten die Entscheidung vor dem Gerichtsgebäude, wie im Fernsehen zu sehen war. „Ich bin erleichtert, dass wir unser Land zurückbekommen. Wir haben viel durchgemacht, ich kann nicht beschreiben, was ich fühle“, sagte Jaciara Priprá vom Volk der Xokleng.

In der kommenden Woche wollen die Richter darüber verhandeln, was das für die mindestens 226 Fälle bedeutet, in denen Privatpersonen oder Unternehmen indigenes Land nach nun geltendem Recht illegal erworben haben.

Trotz der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zugunsten indigener Landrechte könnte den Landbesitzern eine Entschädigung zustehen, sollten sie ihr Eigentum zurückgeben müssen. (dpa, KNA)

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