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Joe Biden will Streumunition an die Ukraine liefern.

© Getty Images via AFP/Sean Rayford

Update

Biden spricht von „Übergangslösung“: US-Regierung beschließt Lieferung von Streumunition an die Ukraine

Die geächtete Munition zu liefern, sei „eine schwierige Entscheidung“ gewesen, sagte der nationale Sicherheitsberater Joe Bidens am Freitag. Zuvor berichteten Medien über einen möglichen Beschluss.

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Die US-Regierung will der Ukraine Streumunition zur Verteidigung gegen Russland liefern. Es sei eine schwierige Entscheidung gewesen, aber US-Präsident Joe Biden habe sich entschieden, diesen Schritt zu gehen, sagte der nationale Sicherheitsberater Bidens, Jake Sullivan, am Freitag im Weißen Haus.

Er verteidigte die Entscheidung: „Wir sind uns bewusst, dass Streumunition das Risiko birgt, dass Zivilisten durch nicht explodierte Munition zu Schaden kommen. Deshalb haben wir die Entscheidung so lange aufgeschoben, wie wir konnten.“

US-Präsident Joe Biden hat die Lieferung von Streumunition an die Ukraine verteidigt und als eine Übergangslösung bezeichnet. „Dies ist ein Krieg, der mit Munition zu tun hat. Und die Munition geht ihnen aus, und wir haben nur noch wenig davon“, sagte Biden in einem Interview mit dem CNN-Journalisten Fareed Zakaria, das am Freitag in Teilen veröffentlich wurde.

Deshalb habe er schließlich die Empfehlung des Verteidigungsministeriums angenommen, Streumunition „nicht dauerhaft, sondern für eine Übergangszeit“ zu liefern, bis die USA wieder in der Lage seien, mehr von der benötigten Artillerie zu produzieren. Biden sagte weiter, dass ihm die Entscheidung sehr schwer gefallen sei. Er habe darüber mit Verbündeten und Mitgliedern des US-Kongresses gesprochen. 

Die Ukraine würde die Streumunition im eigenen Land zur Verteidigung einsetzen, sagte Sullivan weiter. Auch Russland setze Streumunition in der Ukraine ein. Biden habe sich über den Schritt mit den Verbündeten abgesprochen. „Wir werden die Ukraine in dieser Konfliktphase zu keinem Zeitpunkt schutzlos zurücklassen. Punkt“, betonte Sullivan. Die Ukraine fordert bereits seit längerem die Lieferung von Streumunition.

Selenskyj sprach von „entscheidenden Schritten“

Nach der Bestätigung aus den USA über die geplante Lieferung umstrittener Streumunition an Kiew hat der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj US-Präsident Joe Biden für die neue Militärhilfe gedankt. „Ein rechtzeitiges, umfassendes und dringend benötigtes Verteidigungshilfspaket der Vereinigten Staaten“, teilte Selenskyj am Freitagabend bei Twitter mit. Er hielt sich in Istanbul zu Gesprächen mit seinem türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdogan auf.

Selenskyj lobte Washington „für entscheidende Schritte, um die Ukraine dem Sieg über den Feind und die Demokratie dem Sieg über die Diktatur näher zu bringen“. Die Ukraine hatte immer wieder Streumunition gefordert, um die Stellungen russischer Besatzer effektiver zu zerstören. „Der Ausbau der Verteidigungsfähigkeiten der Ukraine wird neue Instrumente für die Befreiung unseres Landes schaffen und den Frieden näher bringen“, meinte Selenskyj. 

Selenskyj bei seinem Staatsbesuch in Istanbul mit dem türkischen Präsidenten.

© AFP/HANDOUT

In der US-Regierung von Präsident Joe Biden wird seit einer Weile über die Lieferung der viel kritisierten Munition diskutiert. Deutschland ist wie mehr als 100 weitere Staaten einem Vertrag zur Ächtung von Streumunition beigetreten - dem sogenannten Oslo-Übereinkommen. Die USA haben das Abkommen nicht unterschrieben.

Streubomben könnten der Ukraine nach Ansicht von Militärexperten bei ihrer Gegenoffensive gegen russische Truppen helfen, die sich unter anderem in Schützengräben verschanzt haben. Allerdings gilt Streumunition international als geächtet.

Streubomben können noch lange nach Abwurf töten

Streubomben setzen dutzende oder sogar hunderte kleinere Sprengsätze frei, von denen viele nicht sofort explodieren. Sie können also noch lange nach ihrem Abwurf Menschen töten oder verletzen und sind deswegen eine besondere Gefahr für die Zivilbevölkerung.

Ein 2010 in Kraft getretenes internationales Abkommen - das sogenannte Oslo-Übereinkommen - verbietet Herstellung, Lagerung, Einsatz und Weitergabe von Streumunition. Allerdings sind weder die USA, noch die Ukraine dem Abkommen beigetreten, ebensowenig wie beispielsweise Russland und China. Im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine setzen beide Kriegsparteien Streumunition ein.

Es wäre eskalierend, kontraproduktiv und würde nur die Gefahren für Zivilisten vergrößern, die in Kampfgebieten gefangen sind. 

Daryl Kimball, Exekutivdirektor der US-Nichtregierungsorganisation Arms Control Association

Die USA sind in dem Krieg der wichtigste Unterstützer der Ukraine und haben Kiew bereits Waffen und Munition im Milliardenwert geliefert. An einer möglichen Lieferung von Streubomben gab es aber umgehend scharfe Kritik.

„Es wäre eskalierend, kontraproduktiv und würde nur die Gefahren für Zivilisten vergrößern, die in Kampfgebieten gefangen sind oder die eines Tages in ihre Städte und auf ihre Bauernhöfe zurückkehren werden“, erklärte der Exekutivdirektor der US-Nichtregierungsorganisation Arms Control Association (Vereinigung für Rüstungskontrolle), Daryl Kimball, am Donnerstag. Außerdem werde die Wirksamkeit von Streumunition übertrieben.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sprach sich ebenfalls gegen eine solche Lieferung aus. Streumunition stelle „eine große Bedrohung für zivile Leben dar, selbst lange nach dem Ende eines Konflikts“, erklärte Amnesty. Eine Lieferung und ein Einsatz durch egal welches Land sei unter allen Umständen unvereinbar mit internationalem Recht. (AFP)

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