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Brände im Urwald von Pará, des zweitgrößten Bundesstaats Brasiliens.

© imago images / Westend61

Gipfel der Länder des Amazonas: Letzte Chance für den größten Tropenwald der Welt

Wenig fehlt, und der Amazonaswald wird kollabieren. Seine acht Anrainerstaaten beraten zurzeit über Mittel dagegen. Und verfolgen dabei sehr unterschiedliche Ziele.

Fünfzehn Prozent des Amazonasgebiets sind bereits ohne das ursprüngliche Grün. Was nach wenig klingt, hat den größten Tropenwald der Erde allerdings nahe an den Kollaps gebracht:

Jüngsten Studien zufolge kann er, wenn er zu mehr als 20 Prozent entwaldet ist, nicht mehr überleben; ein wichtiges großes Ökosystem des Planeten wäre am Ende.

Das Gipfeltreffen, das am Dienstag in der brasilianischen Stadt Bélem eröffnet wurde, soll genau dies verhindern. In der Hauptstadt des ebenfalls bereits stark entwaldeten zweitgrößten Bundesstaats Pará wollen die Anrainerstaaten – neben Brasilien sind das Bolivien, Kolumbien, Ecuador, Guyana, Peru, Surinam und Venezuela – darüber beraten, wie sie diese letzte Chance nutzen können.

Es ist das erste Mal in 45 Jahren, dass die Präsidenten aller Länder des Amazonas zur Beratung gemeinsamer Probleme zusammenkommen.

Luiz Inácio Lula da Silva, Staatspräsident Brasiliens

Der Gastgeber, Brasiliens wiedergewählter Präsident Luiz Inácio Lula da Silva, zeigte sich stolz bereits darüber, dass der Gipfel stattfindet: Es sei „das erste Mal in 45 Jahren, dass die Präsidenten aller Länder des Amazonas zur Beratung gemeinsamer Probleme zusammenkommen“.

Ein ebenfalls geladener europäischer Präsident schlug die Einladung übrigens aus: Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron hätte Französisch-Guayana vertreten sollen.

Brasilien will Abholzung bis 2030 stoppen

Fraglich bleibt allerdings, ob die Versammlung die brennenden Probleme lösen können – schon weil die Interessen sehr unterschiedlich sind.

Im klaren Gegensatz zu seinem rechtsradikalen Vorgänger Jair Bolsonaro, unter dem die Abholzung und für Mensch, Tier und Wald verheerende Ausbeutung des Urwalds massiv zunahm, hat Lula ein ehrgeiziges Ziel, das auch ein Wahlversprechen war: Brasilien, auf dessen Staatsgebiet sich rund 60 Prozent des Amazonaswalds befinden, will die illegale Abholzung bis 2030 vollständig verhindern.

Er stellt sich allerdings Forderungen seines Amtskollegen Gustavo Petro aus Kolumbien entgegen, der keine neuen Öl- und Gasbohrungen im Amazonasgebiet will.

Und auch Lulas Null-Ziel wollen nicht alle sieben anderen Partnerländer mittragen, zumal es nach Meinung von Klimafachleuten nicht ausreichen würde, die Sägen zu stoppen. Die verlorenen Waldflächen müssten auch wiederaufgeforstet werden.

Indigene Gesellschaften schwach vertreten

In Ecuador wird die Zukunft des Amazonas in wenigen Tagen sogar Gegenstand einer Volksabstimmung: Ecuadors Bürgerinnen und Bürger über das Ende der Ölförderung im ecuadorianischen Nationalpark Yasuní, einem Stück Amazonas, abstimmen.

Heikel an der Konferenz ist auch die Zusammensetzung. Während Deutschland und Norwegen als Hauptunterstützer des Amazonas-Fonds mit am Tisch sitzen, sind die Bewohner des Amazonasgebiets nur dürftig vertreten.

Die Vertreter der indigenen Gesellschaften Brasiliens Apib (Articulação dos Povos Indígenas do Brasil) beklagen, dass nur einer von ihnen mit am Verhandlungstisch der Präsidenten sitzen und alle Völker Amazoniens vertreten soll. (Tsp)

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