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Islands Premierministerin Katrín Jakobsdóttir

© imago images/Ritzau Scanpix

Frauen-Streik für 24 Stunden: Islands Premierministerin legt die Arbeit nieder

Diesen Dienstag streiken Haunderttausende Frauen Islands nach 1975 erstmals wieder einen Tag lang. Gefordert werden gleiche Löhne und die Gleichstellung der Geschlechter.

Beinahe fünfzig Jahre sind seit dem legendären Streik in Island im Jahr 1975 vergangen, als 90 Prozent der Frauen die Arbeit verweigerten - ein Protest, der nun, 48 Jahre später, eine Wiederauflage erlebt.

Etwa 100.000 Frauen haben am Dienstag ihre Arbeit niedergelegt, insgesamt etwa jede vierte Einwohner:in des nordeuropäischen Landes.

Islands Frauen haben in den vergangenen Jahren immer wieder gestreikt - doch an diesem Dienstag das erste Mal seit 1975 für ganze 24 Stunden.

Protest wird von Islands Premierministerin Katrín Jakobsdóttir angeführt

Angeführt wird der Protest von höchster Regierungsstelle. Islands Premierministerin Katrín Jakobsdóttir sagte der Zeitung „Morgunblaðið“ in der vergangenen Woche, dass sie wie viele andere Frauen und nicht-binäre Menschen an diesem Dienstag, Islands Frauentag, nicht arbeiten werde.

10
Prozent beträgt Islands Gender Pay Gap 2022.

Sie werde keine Kabinettssitzung einberufen und erwarte, dass auch andere Frauen in der Regierung ihre Arbeit niederlegen und forderte ihre Kabinettskolleginnen auf, dem Beispiel zu folgen, Solidarität mit isländischen Frauen zu zeigen und den Unmut über die mangelnde Gleichberechtigung zum Ausdruck zu bringen.

Es wird erwartet, dass der Streik weite Teile des knapp 400.000 Einwohner:innen kleinen Landes lahmlegt. Beschäftigte in Schulen, der Fischindustrie sowie im Gesundheitswesen haben angekündigt, ihre Lohnarbeit 24 Stunden lang zu verweigern.

Auch die Sorgearbeit im Haushalt soll verweigert werden

Neben der Weigerung, einer bezahlten Arbeit nachzugehen, werden die Teilnehmerinnen auch gebeten, keine unbezahlte Sorgearbeit im Haushalt zu verrichten. Vor genau 48 Jahren folgten dieser Aufforderung 90 Prozent aller Isländerinnen - und weigerten sich, zu kochen, putzen oder die Kinderbetreuung zu übernehmen.

Es sollte der Anfang für Islands Aufstieg zum Musterland der Gleichstellung werden. Fünf Jahre später wählten die Isländer:innen als erster Staat überhaupt ein weibliches Staatsoberhaupt: die geschiedene, alleinerziehende Theaterdirektorin Vigdís Finnbogadóttir - auch sie hatte fünf Jahre zuvor gestreikt.

Wir haben es im Jahr 2023 immer noch mit einem geschlechtsspezifischen Lohngefälle zu tun.

Katrín Jakobsdóttir, Regierungschefin Islands

Kurz darauf zog eine feministische Partei ins Parlament ein. Seit 2009 führt Reykjavík das Gleichstellungsranking des World Economic Forum kontinuierlich an.

Forderung nach gleichen Löhnen und Gleichstellung der Geschlechter

Neben der Gleichstellung der Geschlechter im Allgemeinen wollen die Organisatoren des heutigen Streiks und der damit verbundenen Demonstrationen zwei gesellschaftliche Probleme in den Mittelpunkt rücken: Sie wollen gleiche Löhne für alle und sie wollen geschlechtsspezifische Gewalt bekämpfen.

Das Ziel der vollständigen Gleichstellung der Geschlechter habe das Land noch nicht erreicht, sagte die Regierungschefin im Gespräch mit „Morgunblaðið“. „Wir haben es immer noch mit einem geschlechtsspezifischen Lohngefälle zu tun, das für das Jahr 2023 unvorstellbar ist“.

Der EU-Statistikbehörde zufolge lag Islands unbereinigte Lohnlücke 2022 bei knapp zehn Prozent - deutlich niedriger als in Deutschland. Hierzulande verdienen Frauen im Schnitt etwa 18 Prozent weniger als Männer.

Seit fünf Jahren gibt es in Island deshalb das Gesetz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“. Unternehmen mit mindestens 25 Beschäftigten müssen seitdem nachweisen, dass sie ihre Angestellten gleich bezahlen.

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