Letzter Versuch der Diplomatie: Ecowas-Vermittlerdelegation im Niger eingetroffen – Militäreinsatz bleibt Option
Sobald der Befehl erteilt werde, sei die Einsatztruppe der Westafrikanischen Staatengemeinschaft bereit, einzumarschieren. Niger würde in dem Fall Unterstützung von Mali und Burkina Faso erhalten.
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Eine Delegation der westafrikanischen Staatengemeinschaft Ecowas hat sich im Niger mit dem neuen Machthaber Abdourahamane Tiani getroffen. Das teilte die nigrische Militärjunta am Samstag mit. Anschließend habe die Delegation dem festgesetzten Präsidenten Mohamed Bazoum einen Besuch abgestattet, hieß es. Bislang hatte Tiani Gespräche mit der Ecowas verweigert.
Die Ecowas-Staaten verstärken erneut den Druck auf die Putschisten im Niger. Denn sollte der diplomatische Weg scheitern, sei eine Bereitschaftstruppe für eine Militärintervention bereit. Sie würde einmarschieren, „sobald der Befehl erteilt“ sei, sagte der Kommissar für politische Angelegenheiten, Frieden und Sicherheit, Abdel-Fatau Musah, am Freitagabend in Ghanas Hauptstadt Accra.
Zuvor hatten die Verteidigungsstabschefs von neun der 15 Ecowas-Mitgliedsländer bei einer zweitägigen Sitzung über die Pläne für einen möglichen Militäreinsatz im Niger beraten. Dies sei aber ohnehin nicht „die bevorzugte Option“ der Staatengemeinschaft, sagte Musah.
Letzter Versuch einer diplomatischen Lösung
Nach Angaben der Kommunikationsabteilung der neuen nigrischen Machthaber wird die Delegation von Abdulsalami Abubakar geleitet, dem früheren Präsidenten des Nachbarlands Nigeria. Unterdessen versammelten sich in der nigrischen Hauptstadt Niamey tausende Freiwillige, die im Falle eines militärischen Angriffs als zivile Helfer bereit stehen sollen.
„Wir sind jederzeit einsatzbereit.“
Abdel-Fatau Musah, Kommissar für politische Angelegenheiten, Frieden und Sicherheit
Als Antwort auf die Bekanntgabe der westafrikanischen Staatengemeinschaft Ecowas, für eine Militärintervention im Niger bereit zu sein, haben Mali und Burkina Faso gemeinsam mit dem Niger eine Verteidigungsstrategie entwickelt. Die Militärstäbe der drei Länder hätten sich in der nigrischen Hauptstadt Niamey getroffen und „konkrete Maßnahmen“ beschlossen, falls sich Ecowas für „die Ausbreitung eines Krieges“ entscheide, teilte das nigrische Staatsfernsehen in der Nacht zum Samstag mit. Mali und Burkina Faso werden wie der Niger seit Putschen in ihren Ländern vom Militär regiert.
Niger: Wollen nicht mit Wagner-Söldnern zusammenarbeiten
Die Aktivierung der Ecowas-Bereitschaftstruppe habe begonnen. „Wir sind jederzeit einsatzbereit“, sagte Musah. Auch ein Datum für eine mögliche Militäraktion stehe bereits fest; dieses könne aber nicht öffentlich genannt werden, so der Ecowas-Kommissar. Alle Mitgliedstaaten außer den von Militärs regierten Staaten sowie Kap Verde hätten sich demnach zu einer Beteiligung bereiterklärt. Bei dem zweitägigen Treffen der Ecowas-Militärchefs in Ghanas Hauptstadt Accra hätten sich die Mitgliedstaaten zudem verpflichtet, „Ausrüstungen und Ressourcen“ bereitzustellen, die für den Einsatz erforderlich seien.
Die „New York Times“ hatte berichtet, dass das Haus des Präsidenten, in dem er seit seinem Sturz gefangen gehalten wird, von der Strom- und Wasserversorgung abgeschnitten war. Zudem habe die Junta gedroht, ihn zu töten, falls die Ecowas versuche, ihn durch eine Militärintervention wieder an die Macht zu bringen. Zeine erklärte laut „New York Times“ auch, dass die nigrische Militärjunta nicht die Absicht habe, mit Russland oder den vom Kreml unterstützten Söldnern der Wagner-Gruppe zusammenzuarbeiten.
Schwieriger Einsatz: Nigers Militärjunta ist gut trainiert
Ein militärischer Einsatz dürfte für die Ecowas ein schwieriges Unterfangen werden. Der Flugraum über dem Niger ist seit dem Putsch geschlossen, so auch der Flughafen in der Hauptstadt Niamey. Nigers Militärjunta gilt als gut trainiert und ausgerüstet. Als Partner des Westens hatten die USA, Kanada, Italien, Belgien, Deutschland und teils auch Frankreich Tausende nigrische Soldaten ausgebildet und ausgerüstet.
Dazu haben die Nachbarn Mali und Burkina Faso dem Niger ihre Unterstützung zugesagt, falls es zum Konflikt kommt. Eine Interventionstruppe der Ecowas könnte in einer Konfrontation durchaus unterlegen sein, warnen Experten, und stattdessen einen regionalen Konflikt in Westafrika entfachen.
Militäreinsatz wäre bei der Bevölkerung in Nigeria unbeliebt
In Nigeria müsste zudem das Parlament erst einem Einsatz zustimmen. Vor allem in den an den Niger grenzenden Bundesstaaten gibt es großen Widerstand. Eine Intervention wäre auch in der Bevölkerung extrem unbeliebt. Auch in Ghana sperrt sich bislang das Parlament gegen eine Entsendung von Truppen. Die Ecowas fordert nach dem Putsch vom 26. Juli im Niger eine Wiedereinsetzung der Verfassung und des entmachteten Präsidenten Mohamed Bazoum, der unter Hausarrest steht.
Die Junta im Niger, die am 26. Juli nach einem Putsch die Macht übernommen hatte, hat sich einerseits gesprächsbereit erklärt, andererseits bislang alle diplomatischen Bemühungen der Ecowas abgeblockt. Der Staatenbund fordert eine Wiedereinsetzung der Verfassung und des entmachteten Präsidenten Mohamed Bazoum, der unter Hausarrest steht.
Der Niger, ein Sahel-Staat mit rund 26 Millionen Einwohnern und einer der ärmsten Bevölkerungen der Welt, war bis zu dem Putsch einer der letzten demokratischen Partner der USA und europäischer Staaten in der Sahelzone am südlichen Rand der Sahara. Frankreich und die USA haben wichtige Militärstützpunkte in dem Land, das zudem an einer zentralen Migrationsroute nach Europa liegt.
Nach Angaben des Auswärtigen Amts unterstützt Deutschland die afrikanischen Bemühungen zur Lösung der Krise im Niger. Man unterstütze den von den Ecowas-Staatschefs beschlossenen zweigleisigen Ansatz, einerseits die Vermittlungsbemühungen fortzusetzen und parallel die Ecowas-Bereitschaftstruppe zu aktivieren. (dpa, AFP)
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