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Bei der Debatte wird sich vermutlich alles um Donald Trump drehen, obwohl er selbst gar nicht dabei ist. Er schwänzt die Diskussion und gibt stattdessen bei Twitter ein Interview.

© dpa/Charlie Neibergall/Bearbeitung:Tagesspiegel

Erste TV-Debatte der US-Republikaner: Wer kann Trump die Stirn bieten?

Am Mittwoch treffen sich die Bewerber für die Präsidentschaftskandidatur der US-Republikaner zur ersten TV-Debatte - ohne Trump. Drei Experten sagen, ob ihm jemand gefährlich werden könnte.

Donald Trump ist der übergroße Favorit auf die republikanische Präsidentschaftskandidatur. Er selbst ist sich so sicher, dass er die erste TV-Debatte der Bewerber schwänzt und stattdessen bei Twitter ein Interview gibt. Drei Experten schätzen für den Tagesspiegel ein, wer Trump gefährlich werden könnte. Alle Beiträge der Reihe „3 auf 1“ finden Sie hier.


Die Debatten verkommen zum Wettbewerb im Anbiedern

Werden Ron DeSantis, Nikki Haley, Tim Scott und Vivek Ramaswamy, die vor Trump immer gekuscht haben, bei der ersten Debatte der Republikaner in Milwaukee plötzlich Rückgrat zeigen? Darauf würde ich nicht wetten.

Auch wenn Trump sich weigert, gegen seine potenziellen Rivalen anzutreten, ist es unwahrscheinlich, dass die Debatte zum Freiheitskrieg um die Seele der Republikanischen Partei wird. Mike Pence, den Trumps Anhänger am 6. Januar 2021 hängen wollte, äußert sich mit milden Worten über seinen ehemaligen Chef.

Der einzige Kandidat, der in der Lage ist, Trump nicht nur die Stirn zu bieten, sondern ihn zu demontieren, ist der ehemalige Gouverneur von New Jersey, Chris Christie, der ihn einen „Feigling“ nennt. Doch Christie liegt in den Umfragen bei fünf Prozent. Und Trump hat sich klugerweise entschieden, nicht mit ihm zu debattieren.

Chris Christie, früherer Gouverneur von New Jersey, gilt als schärfster Trump-Kritiker, aber ebenso als chancenlos.

© Reuters/Cheney Orr

Da die republikanischen Wähler in Scharen auf Trumps Seite strömen, könnte er die Nominierung einfach durch Beifall gewinnen. Die Debatten verkommen zum Wettbewerb im Anbiedern, um festzustellen, wer im Kampf um die Nominierung als Trumps „running mate“ für das Amt des Vizepräsidenten am weitesten geht.


Die Chance auf eine inhaltliche Diskussion ist verschwindend gering

Donald Trump verfolgt einen perfiden Plan. Seine Mitbewerber sollen auch nicht den Hauch einer Chance erhalten, Boden gutzumachen. Darum schwänzt er die TV-Debatte, darum gibt er Tucker Carlson ein Konkurrenz-Interview, darum stellt er sich gleich am Donnerstag den Behörden in Georgia.

Wie sich da ein anderer Republikaner die mediale Aufmerksamkeit sichern soll, die dem Gewinner eines TV-Duells eigentlich zusteht, ist eine offene Frage.

Die frühere US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley, ist bislang die einzige Frau im Bewerberfeld.

© Reuters/Cheney Orr

Dabei gäbe es eine klare Gegenstrategie: Alle gegen einen. Wenn sich alle acht Herausforderer darauf einigen könnten, Trump gleich zu Beginn der Debatte argumentativ aufs Abstellgleis zu stellen, könnten sie anschließend über eigene Stärken, Schwächen und Positionen streiten.

Wer hat ein gutes Konzept, um die Inflation in den Griff zu kriegen und die Wirtschaft anzukurbeln? Welches Ziel verfolgen die USA in der Ukraine? Was tun in der Einwanderungs- und der Bildungsfrage?

Man wird ja wohl noch träumen dürfen: von einer lebhaften inhaltlichen Debatte über Personen und Konzepte, die sich von denen der Demokraten unterscheiden. Von einem Ende der absoluten Trump-Fokussierung, der keiner zu entkommen vermag. Vielleicht gar von der ersten Frau, dem ersten schwarzen Republikaner im Weißen Haus.

Das Problem ist nur: Die Chancen dafür sind derzeit verschwindend gering. Die Angst, von der wütenden Trump-Basis abgestraft zu werden, ist zu groß. Offenbar kann Trump in seiner Partei nur einer bezwingen: er selbst.


Donald Trump ist weiterhin sehr beliebt

Ron DeSantis, Tim Scott und Vivek Ramaswamy sind am besten positioniert, um es mit Donald Trump aufzunehmen. Aber sie haben sich bisher geweigert, dies zu tun. Alle drei haben Trump nach jeder Anklageerhebung verteidigt. Vor allem DeSantis hat versucht, rechts von Trump Wahlkampf zu machen, anstatt die Wähler hinter sich zu vereinen, die glauben, dass Trump gegen Biden verlieren würde.

Ron DeSantis, Gouverneur von Florida, könnte Trumps stärkster Herausforderer werden.

© AFP/Getty Images/Megan Varner

Ich habe wöchentliche Fokusgruppen mit republikanischen Wählern beobachtet, und es ist klar, dass Trump weiterhin sehr beliebt ist. Die Anklagen haben nur dazu beigetragen, dass seine Anhänger ihn gegen die in ihren Augen unberechtigten Anschuldigungen verteidigen.

Die einzigen Kandidaten, die Trump angreifen und das Argument der Wählbarkeit anführen, werden von den Wählern als etablierte „RINOs“ (Republican In Name Only, sinngemäß etwa „nur dem Namen nach Republikaner“) wahrgenommen.

Nehmen Sie Chris Christie. Auch wenn sein geradliniges Auftreten auf der Debattenbühne hilfreich sein dürfte, besteht kein Interesse an seiner Kandidatur. Ich begrüße seine Bemühungen, aber niemand ist daran interessiert, was er zu sagen hat.

Die Wähler, die Trump hinter sich lassen wollen, sind in erster Linie über seine Wählbarkeit besorgt. Sie mögen ihn immer noch, aber sie befürchten, dass er gegen Biden verlieren wird. Sie wollen „Trump ohne das Gepäck”, keinen „Establishment”-Kandidaten, der sie an die Republikaner vor Trump erinnert.

Man kann nicht mit nichts gewinnen. Besser positionierte Kandidaten müssen deutlich machen, dass Trump auf dem Weg ins Jahr 2024 echte Probleme hat. Nur so haben sie überhaupt eine Chance.

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