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Ungarns Premier, Viktor Orban, am Donnerstag auf der CPAC in Dallas, Texas.

© Go Nakamura, Reuters

Update

CPAC-Treffen in Budapest: Rechts und rechts gesellt sich gern

Mit einer Kampfansage an den „progressiv-liberalen Virus“ begann am Donnerstag in Budapest das größte internationale Treffen von Konservativen und Reaktionären. Differenzen werden ausgeblendet. Es geht um Macht.

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Bereits der Auftakt der zweitägigen Konferenz verriet deren Stoßrichtung. Der „wahnsinnige Wokeness-Wahn“ müsse bekämpft, besiegt und vernichtet werden, sagte Viktor Orbán und propagierte drei Neins: „No Migration! No Gender! No War!“ Ungarns Premier, dafür stehen seine markigen Worte, hat einen Ruf zu verteidigen. Er will die Führungsfigur des europäischen, wenn nicht gar des internationalen Konservatismus sein. Wobei die Grenzen zwischen konservativ, reaktionär und rechtspopulistisch fließend sind.

Am Donnerstag begann in Budapest ein Treffen der „Conservative Political Action Conference“ (CPAC). Das ist ein Netzwerk von rechten Politikern aus der ganzen Welt. Mehrere amerikanische Senatoren und Abgeordnete sind gekommen. Hans-Georg Maaßen, der irrlichternde Ex-Verfassungsschutzpräsident, freute sich auf Twitter: „Wir Konservativen sind die Kämpfer für Freiheit, Familie, Werte und unsere Zivilisation. Keinen Fußbreit den Zerstörern von Freiheit. Zusammen werden wir es hinbekommen. Ganz sicher.“ Orban wiederum setzt auf den Aufbau rechter Medien, um dem „progressiv-liberalen Virus“ etwas entgegenzusetzen.

Das hier versammelte rechtsglobale Netz, das größte weltweit, umfasst viele Länder. Die Spanne reicht von Australien, Brasilien und Japan bis nach Israel, Mexiko und Südkorea. In Budapest findet die Veranstaltung, die bis Freitag dauert, zum zweiten Mal statt. Bei der ersten Zusammenkunft, im Mai 2022, traten unter anderem der rechtsextreme amerikanische Verschwörungstheoretiker Jack Posobiec und der ungarische Journalist Zsolt Bayer auf. Bayer soll, laut „Guardian“, über Juden einmal gesagt haben, sie seien „stinkende Exkremente“. Das Motto damals lautete: „Gott, Vaterland, Familie“. Diesmal heißt es „United We Stand“, frei übersetzt: Gemeinsam sind wir stark.

Budapest zieht die Internationale der Nationalisten an wie Honig die Wespen. Es ist die einzige europäische Stadt, die CPAC eine Plattform bietet. Ausgerichtet wird die Veranstaltung vom „Zentrum für Grundrechte“. Auf der Liste der prominenten Redner stehen neben Orbán der georgische Regierungschef Irakli Garibaschwili, der ehemalige slowenische Premier Janez Jansa, der ehemalige tschechische Premier Andrej Babis, der Chef der FPÖ, Herbert Kickl sowie aus den USA die Republikanerin Kari Lake, über die es heißt, sie sei eine mögliche Vizepräsidentschaftskandidatin von Donald Trump.

im Zentrum vieler antisemitischer Kampagnen steht George Soros

Im Gespräch mit Trumps ideologischem Ex-Einflüsterer, Steve Bannon, sagte Lake Ende April: „Sie wissen, dass Viktor Orbán das Richtige tut, wenn sein Erzfeind, George Soros, alles tut, um ihn zu stürzen.“ Soros ist Milliardär, Philanthrop und Holocaust-Überlebender. Er steht im Zentrum vieler antisemitischer Kampagnen. Die republikanische Abgeordnete aus Georgia, Marjorie Taylor Greene, beschuldigt Soros, mit Nazis zusammenzuarbeiten. Für die Waldbrände in Kalifornien 2018 machte sie die jüdische Bankiersfamilie Rothschild verantwortlich.

Die CPAC hat sich radikalisiert und duldet inzwischen fast alles. Ob Rassismus, Antisemitismus, Corona-Leugnung, Antifeminismus, Islamophobie, Transgenderphobie – Hauptsache rechts, illiberal, gegen Migranten, für Volk, Nation und Religion. Hinzu kommt die Behauptung, Konservative wie Orbán, Trump, Netanjahu und Bolsonaro würden den wahren Willen des Volkes repräsentieren und es vor Bedrohungen durch eine globale, liberale Elite beschützen.

Mit einer vorab aufgezeichneten Videobotschaft ist in Budapest auch Tucker Carlson dabei. Ende April hatte sich der TV-Sender „FoxNews“ von seinem Star-Moderator getrennt. Carlson hatte die Lüge von einer „gestohlenen Präsidentschaftswahl“ ebenso verbreitet wie diverse Verschwörungsmythen. Auf der CPAC wird er wie ein Held – oder Märtyrer gefeiert.

Eigentlich dürfte es eine Internationale der Nationalisten gar nicht geben

Rechte Parteien arbeiten über Landesgrenzen oft eng zusammen. In Europa galt der gemeinsame Auftritt von Marine Le Pen aus Frankreich, Geert Wilders aus den Niederlanden und Frauke Petry aus Deutschland – damals noch AfD – als Gründungsdatum einer länderübergreifenden rechtspopulistischen Bewegung. Das war im Januar 2017 in Koblenz. Bekanntlich kam es anders.

Denn eigentlich dürfte es eine Internationale der Nationalisten gar nicht geben. Zu groß scheinen auf den ersten Blick die Differenzen zu sein. Stichwort: Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine. Orbán versteht sich recht gut mit Wladimir Putin, in den USA fordern immer mehr republikanische Abgeordnete eine baldige Verhandlungslösung – Kari Lake etwa sagt: „Unser Reichtum und unser Geld werden zur Finanzierung eines Dritten Weltkrieges verwendet“. Doch konservative Abgeordnete aus Polen etwa fahren einen strammen Anti-Putin-Kurs.

Großzügige Duldung von Repräsentanten rechter Ressentiments

Stichwort Flüchtlinge: Ungarn schottet sich ab, während Italien eine stärkere Solidarität einklagt und vehement für eine gerechte Lastenverteilung in der EU plädiert. Stichwort Antisemitismus: Trump, Orbán und Netanjahu bilden eine Allianz. Differenzen aufgrund antisemitischer Äußerungen von Seiten konservativer Kräfte in den USA und Ungarn werden von Netanjahu ignoriert.

Eine derart großzügige Duldung von Repräsentanten rechter und rechtsextremer Ressentiments deutet darauf hin, dass es der CPAC-Bewegung vorrangig um Macht und nur nachrangig noch um Inhalte geht.

Bei der ersten Konferenz dieser Art, 1974 in Washington D.C., entwarf der damalige Gouverneur von Kalifornien, Ronald Reagan, seine Vision von Amerika als „A Shining City Upon A Hill“ – einer leuchtenden Stadt auf dem Berg. Das bezog sich auf die Bergpredigt Jesu im Matthäus-Evangelium: „Ihr seid das Licht der Welt. Eine Stadt, die auf einem Berg liegt, kann nicht verborgen bleiben.“

Wie anders klang der Ton bei der letzten CPAC-Konferenz in den USA, Anfang März 2023 in National Harbor, Maryland. Neben Trump sprachen dort Bannon und Greene. Trump versprach, auch dann erneut für die Präsidentschaft kandidieren zu wollen, wenn Gerichte ihn wegen aller möglichen Anklagen verurteilen sollten. „Ich bin euer Krieger, ich bin euer Richter. Und für alle, denen Unrecht geschah und die sich betrogen fühlen: Ich bin euer Rächer.“

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