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Mohammed bin Salman und Erdoğan bei einem Treffen im April 2022.

© via Reuters/Saudi Press Agency

Auf Werbetour bei den Golf-Staaten: Erdogan hofft auf Milliardeninvestitionen für die Türkei

Der türkische Präsident hofft bei seiner Rundreise durch die Golf-Staaten auf Milliarden-Zusagen, denn westliche Investoren meiden die Türkei.

Reiche arabische Staaten planen Milliardeninvestitionen in der Türkei. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bricht am Montag zu einer dreitägigen Rundreise durch Saudi-Arabien, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) auf und rechnet nach Berichten regierungsnaher Medien mit Investitionszusagen der Araber von bis zu 100 Milliarden Dollar.

Die Türkei braucht das Geld, denn neue westliche Investitionen, die der Türkei aus der Wirtschaftskrise helfen könnten, gibt es kaum noch. Für die arabischen Herrscher am Golf ist Erdogans Geldnot eine Gelegenheit, ihren Einfluss auf die Türkei auszuweiten.

Erdogan sagte, er setze große Hoffnungen in die Reise an den Golf. Der Präsident besucht am Montag Saudi-Arabien, fliegt am Dienstag nach Katar und am Mittwoch in die Vereinigten Arabischen Emirate. Zur Vorbereitung hatte er in den vergangenen Tagen seinen Vizepräsidenten, den Finanzminister und die Zentralbankchefin in die Region geschickt.

Der Einfluss der Golf-Staaten wächst

Die drei Golf-Staaten hatten der Türkei bereits im vergangenen Jahr mit Überweisungen an die Zentralbank und Investitionszusagen geholfen. Nun wollen sie ihr Engagement um ein Vielfaches steigern. Besonders im Rüstungs- und im Energiesektor werde die Zusammenarbeit erheblich ausgebaut, sagte Vizepräsident Cevdet Yilmaz nach Gesprächen in Katar.

Bisher kommen rund sieben Prozent der ausländischen Direktinvestitionen in der Türkei aus den Golf-Staaten, die damit hinter den Niederlanden, den USA und Großbritannien an vierter Stelle liegen.

Doch viele westliche Investoren meiden die Türkei inzwischen. Anleger haben sich aus türkischen Staatsanleihen zurückgezogen, weil sie Erdogans Regierung nicht mehr vertrauen: Vor zehn Jahren gehörten 25 Prozent der Anleihen ausländischen Investoren – heute sind es weniger als ein Prozent.

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Prozent der ausländischen Direktinvestitionen in der Türkei kommen aus den Golf-Staaten

Die Türkei braucht dringend neue Investitionen, um ihre Wirtschaft zu stabilisieren, die mit hoher Inflation, einem Währungsverfall und einem wachsenden Außenhandelsdefizit zu kämpfen hat. Teilweise sind die Probleme hausgemacht, etwa durch Erdogans Niedrigzins-Politik, die er erst vor wenigen Wochen aufgegeben hat.

Saudi-Arabien, Katar und die VAE sind ideale Partner für Erdogan, weil sie Milliardensummen zur Verfügung haben und ihre Volkswirtschaften aus der Abhängigkeit von Ölexporten befreien wollen. Investitionen in ein Land mit guter Infrastruktur und wirtschaftlichem Potenzial wie der Türkei bieten eine Gelegenheit dafür.

Politisch steht einer engeren Zusammenarbeit nichts mehr im Wege. Erdogan war noch vor wenigen Jahren mit Saudi-Arabien und den VAE verfeindet, hat aber inzwischen die Beziehungen zu den beiden Staaten repariert; Katar ist schon lange ein enger Partner der Türkei.

Hoffnung auf mehr türkische Exporte in die arabischen Länder gibt es vor allem im Rüstungsbereich. Das türkische Unternehmen Baykar von Erdogans Schwiegersohn Selcuk Bayraktar verkauft seit Jahren seine Kampfdrohnen an Katar. Im vergangenen Jahr kamen die VAE als Käufer hinzu.

Saudi-Arabien will türkische Drohnen nun nicht nur kaufen, sondern auch selbst herstellen. Die drei arabischen Länder interessieren sich in der Türkei auch für den Ausbau der Energie-Infrastruktur, den Kauf von großen Häfen und Investitionen im Gesundheitssektor und in der Agrarbranche.

Allerdings ist der Verkauf von Firmen an die Araber in der Türkei politisch umstritten. Der Bürgermeister der westtürkischen Millionenstadt Izmir, Tunc Soyer, protestierte wenige Tage vor Erdogans Reise an den Golf gegen angebliche Pläne der Regierung, den Hafen der Stadt an arabische Investoren zu verkaufen.

Senol Babuscu, ein ehemaliger Chef der staatlichen türkischen Bank Ziraat Bankasi, sagt voraus, dass Erdogans Regierung auch Teile der Fluggesellschaft Turkish Airlines, der staatlichen Öl- und Gasgesellschaft Botas und der Telefongesellschaft Türk Telekom an arabische Staaten verkaufen wird.

Westliche Anleger seien wegen ihres Misstrauens gegenüber der türkischen Führung für solche Investitionen nicht mehr zu gewinnen, sagte Babuscu der türkischen Oppositionszeitung „Cumhuriyet“. Die Regierung dementierte die geplanten Verkäufe zwar. Doch der Verdacht der Opposition, dass Erdogan den Ausverkauf türkischer Unternehmen an die Araber plant, ist damit nicht aus der Welt zu schaffen.

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