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Im Westjordanland ist es in den vergangenen Tagen zu Ausschreitungen durch israelische Siedler gekommen.

© dpa/Ilia Yefimovich

Attacken auf Palästinenser: Israelische Sicherheitsbehörden verurteilen Siedlergewalt

Führende Sicherheitsbeamte haben Überfalle israelischer Siedler auf Palästinenser scharf kritisiert. Zum Unmut rechtsextremer Regierungsmitglieder.

Wenn in Israel von „nationalistischem Terrorismus“ geredet wird, geht es in aller Regel um Attacken von Palästinensern. In einer außergewöhnlichen Verlautbarung verurteilten jedoch die Führungen der israelischen Armee, des Inlandsgeheimdienstes und der Polizei die Überfälle israelischer Siedler auf palästinensische Ortschaften im Westjordanland mit eben diesen Worten.

„Diese Angriffe widersprechen allen moralischen und jüdischen Werten und sind nationalistischer Terrorismus im wahrsten Sinne des Wortes, und wir sind verpflichtet, sie zu bekämpfen“, verkündeten sie Samstagabend.

Nachdem zwei Palästinenser am vergangenen Dienstag vier Zivilisten in der israelischen Siedlung Eli erschossen hatten, waren Hunderte Siedler in palästinensische Dörfer eingedrungen und hatten Autos und Gebäude angezündet.

Netanjahu gibt sich zurückhaltend

Ein Palästinenser wurde während der Unruhen erschossen, vermutlich von einem israelischen Polizisten; die Polizei nahm zudem einige israelische Angreifer fest. An den darauffolgenden Tagen gab es weitere Überfälle dieser Art, die bislang letzten am Samstag.

Israels Verteidigungsminister Yoav Gallant verurteilte die Gewalt „nachdrücklich“. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bezog sich zumindest indirekt darauf, indem er daran erinnerte, alle Bürger Israels seien dem Gesetz verpflichtet.

Andere Minister seiner rechts-religiösen Regierung nehmen jedoch eine mindestens ambivalente Haltung ein. Finanzminister Bezalel Smotrich, Vorsitzender der ultrarechten Partei Religiöser Zionismus, forderte die Sicherheitskräfte am Samstag auf, „mit viel größerer Entschlossenheit gegen Terrorismus und Unruhen“ seitens der Palästinenser vorzugehen.

Rechtsextreme verurteilen Sicherheitskräfte

Siedler rief er lediglich dazu auf, „das Gesetz nicht in die eigenen Hände“ zu nehmen.

Und Itamar Ben-Gvir, Minister für nationale Sicherheit und Vorsitzender der rechtsextremen Partei „Jüdische Stärke“, warf Armee und Polizei gar eine „selektive Machtausübung“ vor, die Siedler benachteilige – während israelische Menschenrechtsorganisationen seit Jahren über die milde Behandlung klagen, die gewalttätige Siedler ihnen zufolge von Sicherheitskräften und Berichten erwarten dürften.

Noch weiter ging Ben-Gvirs Parteikollegin Orit Strock, Ministerin für Siedlungen und nationale Missionen. In einem Radiointerview am Montag erregte sie sich über die Sicherheitsdienste, die Siedler des „Terrorismus“ bezichtigt hatten, und verglich sie mit der russischen paramilitärischen Wagner-Gruppe. Nach öffentlicher Empörung nahm sie den Vergleich zurück, nicht aber ihre Vorwürfe.

Netanjahu kritisierte die Äußerung der Ministerin, kündigte aber zugleich eine Untersuchung des mutmaßlich harschen Vorgehens der Sicherheitskräfte gegen die Siedler an, wohl, um sich seine radikalen Koalitionspartner gewogen zu halten.

In diesen Tagen gerät der Gerichtsprozess gegen Netanjahu wegen Verdachts auf Bestechlichkeit, Betrug und Untreue erneut in den Fokus. Viele israelische Analysten vermuten, dass er sich auf deshalb an der Macht halten will, um einem Urteil zu entgehen – dafür braucht er Ben-Gvir und Smotrich.

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