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Palästinensische Kinder warten im Schifa-Krankenhaus im Gazastreifen auf ihre Behandlung.

© dpa/Mohammad Abu Elsebah

400 tote oder verletzte Kinder pro Tag in Gaza: Wie glaubwürdig sind Zahlen im Krieg?

Mehr als 7000 Kinder sollen seit Kriegsbeginn verletzt oder getötet worden sein. Das berichtet das UN-Kinderhilfswerk Unicef. Wie diese Zahl zustande kommt.

Dem Krieg zwischen Israel und den islamistischen Hamas-Angreifern fallen immer mehr Zivilist:innen zum Opfer – darunter nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) auch viele Kinder.

Seit Anfang Oktober sind nach Angaben des UN-Kinderhilfswerks Unicef sowohl bei Terrorangriffen der radikalen Hamas als auch bei israelischen Gegenschlägen allein im dichtbesiedelten Gazastreifen mehr als 2300 Kinder getötet, weitere 5364 seien verletzt worden.

Pro Tag hätten demnach mehr als 400 Kinder ihr Leben verloren oder seien verletzt worden. Zugleich sind Berichten zufolge auch mehr als 30 israelische Kinder getötet worden, Dutzende weitere sollen sich noch immer in Geiselhaft befinden. Das teilte die Hilfsorganisation am Dienstagabend (Ortszeit) in New York mit.

UN nutzen mehrere Quellen

Die Zahlen sind nur schwer überprüfbar. Die Gesundheitsbehörde im Gazastreifen wird von der Terrororganisation Hamas kontrolliert, diese hatte ähnliche Opferzahlen verbreitet.

5364
Kinder sind seit Kriegsbeginn im Gazastreifen nach Angaben der UN verletzt worden.

Bereits in der vergangenen Woche verbreiteten sich jedoch nach einem Raketeneinschlag in der Nähe eines Krankenhauses im Gazastreifen schnell falsche Zahlen. Die Hamas-Behörde sprach damals von mindestens 500 Toten, mittlerweile gehen mehrere Geheimdienste von einer deutlich niedrigeren Zahl aus.

Durch Video- und Audiodateien will Israels Militär beweisen, dass die Explosion durch eine fehlgeleitete Rakete des Islamischem Dschihads verursacht worden ist.

Unicef erklärte dazu, dass man in anhaltenden Not- und Konfliktsituationen stets verschiedene Quellen nutzen würde: „Dazu gehören UN-Personal und andere Quellen vor Ort, Menschenrechtsorganisationen, Nichtregierungsorganisationen, Behörden und Medien“, sagte eine Sprecherin.

Auch aus anderen UN-Kreisen erfuhr der Tagesspiegel, dass die Vereinten Nationen die offiziellen Zahlen der Hamas-Gesundheitsbehörde nicht ungeprüft übernehme, sondern durch medizinisches Personal sowie eigene Mitarbeiter:innen vor Ort kontrollieren würde.

„Aber klar, es gibt Versuche der Einmischung, auch in unsere Systeme“, so ein Sprecher. Das sei in Krisenregionen üblich, Hilfsorganisationen vor Ort hätten ausreichend Routine, gegenzusteuern.

Auch die Hilfsorganisation Save the Children bestätigt, dass man offizielle Zahlen der Behörden durch Medienberichte und „Beobachtungen unserer Mitarbeitenden vor Ort ergänzt“. Bei Nutzung externer Daten verweise man auf entsprechende Quellen.

Aufgrund der aktuellen Situation können die vom Gesundheitsministerium in Gaza bereitgestellten Informationen und Zahlen, die derzeit auch von der UN verwendet werden, nicht unabhängig überprüft werden“, sagte eine Sprecherin dem Tagesspiegel.

Die Tötung und Verstümmelung von Kindern, die Entführung von Kindern, die Angriffe auf Krankenhäuser [...] stellen schwere Verletzungen der Kinderrechte dar.

Adele Khodr, Unicef-Regionaldirektorin für den Nahen Osten und Nordafrika

Aufgrund der katastrophalen humanitären Lage fordert Unicef die Kriegsparteien deshalb auf, einen Waffenstillstand zu vereinbaren, alle Geiseln freizulassen und Hilfe in die Region zu lassen.

Am Mittwoch trafen erneut Lieferungen mit Arzneimitteln, Säuglingsmilch und Trinkwasser in dem abgeriegelten Gazastreifen ein, wie ein Sprecher des Palästinensischen Roten Halbmonds der Deutschen Presse-Agentur sagte. Ein fünfter Konvoi sei bereits auf dem Weg.

Nahezu jedes Kind im Gazastreifen ist dem UN-Kinderhilfswerk zufolge „zutiefst belastenden Ereignissen und Traumata ausgesetzt, die von weit verbreiteter Zerstörung, anhaltenden Angriffen, Vertreibung und einem gravierenden Mangel an lebensnotwendigen Gütern wie Nahrungsmitteln, Wasser und Medikamenten geprägt“ seien.

„Die Tötung und Verstümmelung von Kindern, die Entführung von Kindern, die Angriffe auf Krankenhäuser und Schulen sowie die Beschränkung des Zugangs für humanitäre Hilfsorganisationen stellen schwere Verletzungen der Kinderrechte dar“, sagte Adele Khodr, Unicef-Regionaldirektorin für den Nahen Osten und Nordafrika in einer Pressemitteilung.

Unterdessen gab es auch am Mittwoch weitere Raketenangriffe. Israels Armee hat nach eigenen Angaben wieder mutmaßliche Terroristen und die Infrastruktur der islamistischen Hamas im Gazastreifen angegriffen. Die Hamas feuerte in der Nacht und am Mittwochmorgen erneut Raketen auf Israel ab.

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